Von den 736 Mitgliedern des 20. Deutschen Bundestages sind insgesamt 145 Vertreter aus Ostdeutschland inkl. Berlin, die direkt oder über die Landesliste ihrer Partei in den Deutschen Bundestag gewählt wurden und nun dort die Interessen Ostdeutschlands vertreten. Aktiv im Wahlkreis, in den Fraktionen und in den unterschiedlichsten Ausschüssen stehen sie für ihre Wahlversprechen und den Spagat zwischen lokalen, regionalen und überregionalen Interessen.
W+M befragte alle Bundestagsabgeordneten aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es ging dabei um die Stärken und Probleme der einzelnen Wahlkreise und für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte sie sich dort einsetzen wollen. Nicht jeder hat die Gelegenheit genutzt, aber die Antworten sind ausreichend, um insgesamt und im Einzelnen einen guten Überblick über die Situation in den ostdeutschen Regionen und ihre Perspektiven zu vermitteln.
Im Teil 9 der Serie kommen zu Wort:
Mario Czaja (CDU), Carsten Körber (CDU), Caren Lay (Die Linke), Lisa Paus (Bündnis90/Die Grünen), René Springer (AFD), Kai-Uwe Ziegler (AFD)
Mario Czaja, CDU
Generalsekretär der CDU
Betriebswirt, *21.09.1975 in Berlin
Wahlkreis: Berlin-Marzahn-Hellersdorf
post@marioczaja.de
Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in Ihrem Wahlkreis?
Marzahn-Hellersdorf wird oft unterschätzt. Dies gilt nicht nur für den Bezirk und seine Bewohner, sondern vor allem auch für Marzahn-Hellersdorf als Wirtschaftsstandort. Dabei gibt es hier rund 21.000 Unternehmen, die als Arbeitgeber, Ausbildungsbetriebe und Steuerzahler fungieren.
In den letzten Jahren haben sich die Knorr-Bremse AG oder das Unfallkrankenhaus Berlin weiter vergrößert und sind damit gewachsene Leuchttürme unseres Bezirks. Zudem gibt es auch eine Reihe an „heimlichen Weltmarktführern“, wie das Unternehmen Berlin Industrial Group, welches führend im Laserschweißen ist oder die Lischka GmbH, eine der führenden Hersteller und Entwickler von medizinischem Mobiliar.
Der Bezirk verfügt über viele private und öffentliche Gewerbegebiete, wie den GSG Gewerbepark in der Wolfener Straße als größtem Gewerbepark der GSG Gesellschaft in Berlin oder dem B1 Gewerbepark an der Stadtgrenze zu Hoppegarten. Doch der Druck aus der Innenstadt ist auch hier angekommen und sowohl Unternehmen als auch Gewerbemieter aus der Innenstadt rücken immer näher an den Stadtrand, was oftmals zu Konflikten führt. Viele können sich die Gewerbemieten in der City nicht mehr leisten. Daher besteht die Gefahr, dass etliche Handwerksbetriebe und Werkstätten abwandern oder gar wegbrechen.
Neben der produzierenden Industrie ist die Gesundheitswirtschaft ein zweites wichtiges Standbein der bezirklichen Wirtschaft. Jeder 7. Marzahn-Hellersdorfer ist in der Gesundheitswirtschaft tätig und der größte Arbeitgeber im Bezirk ist das bereits erwähnte Unfallkrankenhaus Berlin.
Auf ein wirkliches Vorzeigeprojekt möchte ich noch hinweisen – den CleanTech Business Park Berlin, die mit 90 Hektar größte Ansiedlungsfläche für nachhaltige und umweltfreundliche Industrie und Gewerbe in Berlin. Für die Finanzierung einer Ansiedlung dort ist ein Flächenerwerb häufig von Bedeutung. Doch mit der veränderten Liegenschaftspolitik des Landes Berlin ist die absolut positive Entwicklung der letzten Jahre ins Stocken geraten. Pachten statt kaufen befördert die Entwicklung nicht – sie bremst das Wachstum dort.
Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in Ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?
Wir haben schon vieles geschafft in den vergangenen Jahren. Aber wir stoßen auch an Grenzen – hier im Bezirk und im Land Berlin. Vieles wird eben doch im Bund entschieden. Damit meine ich zum Beispiel bessere Arbeitsbedingungen und eine faire Bezahlung unseres Pflegepersonals. Auch die dringend benötigten Patenschafts- und Stipendienprogramme für unsere Kinder lassen sich fast nur durch Zuschüsse aus Bundesprogrammen finanzieren.
Die Tangentiale Verbindung Ost (TVO) ist ein wichtiger Lückenschluss von ca. 6,5 Kilometern. Sie wird nach ihrer Fertigstellung dazu beitragen, die überlasteten Anwohnerstraßen vom Schleichverkehr zu befreien, die Schulwege sicherer zu machen und den Gewerbeverkehr zwischen den Industriegebieten im Marzahner Norden und Adlershof besser zu verknüpfen. Jetzt gilt es, mit dem entsprechenden politischen Willen ohne weitere Verzögerungen die letzte Lücke auf den noch fehlenden 6,5 Kilometern zu schließen. Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es hier vorangeht und die bereitstehenden Mittel für das Projekt nicht wegen chronischer Tatenlosigkeit des Berliner Senats verfallen.
Wussten Sie, dass unser Bezirk die einzige Seilbahn in der Bundeshauptstadt beherbergt? Sie wurde für die Internationale Gartenausstellung (IGA) errichtet. Unsere Seilbahn hat sich bereits jetzt von einem innovativen und umweltfreundlichen Verkehrsmittel zu einem Wahrzeichen für unseren Bezirk entwickelt. Ich möchte, dass sie uns erhalten bleibt und jeder Bürger sie künftig mit dem normalen BVG-Fahrschein nutzen kann. Mit vereinten Kräften kann es uns gelingen, die Strecke der Seilbahn noch zu verlängern – bis zum S-Bahnhof Marzahn. Dann hätten wir einen perfekten Brückenschlag von der S-Bahn bis zur U-Bahn-Strecke.
Als Kind dieses Bezirks habe ich mir eine besondere Aufgabe gestellt: Ich will die Mittel für ein neues Freibad nach Marzahn-Hellersdorf holen. Berlin hat 60 Freibäder, aber keines davon ist in Marzahn-Hellersdorf. Mein Ziel ist es daher, diese für das Lebensgefühl so wichtige Aufgabe in den kommenden vier Jahren zu lösen.
Carsten Körber, CDU
Unternehmensberater, *11.06.1979 in Zwickau
Wahlkreis: Zwickau/Sachsen
Rechnungsprüfungsausschuss
carsten.koerber@bundestag.de
Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in ihrem Wahlkreis?
Der Wahlkreis Zwickau im Freistaat Sachsen verfügt über eine breite industrielle und gewerbliche Basis, getragen durch einen starken, innovativen Mittelstand und nicht zuletzt das Volkswagenwerk in Zwickau-Mosel, das allein 8.000 Beschäftigten Arbeit und damit eine langfristige Perspektive in der Region gibt.
Der Automobilbau symbolisiert Geschichte, Gegenwart und Zukunft in meiner Heimatregion auf einmalige Art und Weise. Mit dem Start der Produktion von E-Fahrzeugen spielt Zwickau eine Schlüsselrolle: Erstmals wurde eine große Autofabrik mit Investitionen von 1,2 Milliarden Euro komplett auf Elektromobilität umgerüstet. Der Standort entwickelt sich damit zum größten und leistungsfähigsten E-Auto-Werk Europas und übernimmt eine Vorreiterrolle bei der Transformation des weltweiten Produktionsnetzwerks von Volkswagen. Unsere Region soll auch in Zukunft Motor der sächsischen Wirtschaft sein! Dazu müssen wir mutige Ideen und pfiffige Köpfe fördern und Bürokratie abbauen! Durch den Strukturwandel der Automobilindustrie entstehen viele neue Arbeitsplätze – dieses Potenzial in unserer Heimat müssen wir heben!
Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?
Neben weiteren Ansiedlungen rund um das Thema Elektromobilität arbeite ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag aktuell an dem Ziel, die Bahnnetze in Sachsen und den umliegenden Bundesländern weiter zusammenzubringen und durch Elektrifizierung und den zweigleisigen Ausbau aufzuwerten. Denn kürzere Fahrtzeiten und weniger Umstiege im Pendelverkehr sowie eine Einbindung in den Gütertransport sind zentrale Faktoren zur Stärkung der Schiene und unserer Wirtschaftsstandorte.
Die Mittelzusage über rund 600 Millionen Euro für die Elektrifizierung der Strecke zwischen Weimar und Gößnitz ist der Grundpfeiler für einen attraktiven Bahnverkehr zwischen beiden Freistaaten. Davon profitiert auch die Region Zwickau, denn die „Mitte-Deutschland-Verbindung“ führt über Glauchau weiter nach Chemnitz und Dresden.
Und auch die wichtige Elektrifizierung der Sachsen-Franken-Magistrale kommt voran. Der Lückenschluss zwischen Nürnberg und Marktredwitz ist beschlossene Sache. Die Vollendung der Sachsen-Franken-Magistrale stärkt auf der wichtigen Ost-West-Achse den Zusammenschluss der europäischen Eisenbahnstreckennetze. Davon profitiert unsere Heimat Sachsen, aber auch Deutschland und Europa.
Caren Lay, Die Linke
Diplom-Soziologin, *11.12.1972 in Neuwied
Wahlkreis: Bautzen I/ Sachsen
Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen
caren.lay@bundestag.de
Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in ihrem Wahlkreis?
Mein Wahlkreis Bautzen ist geprägt von wenigen großen Unternehmen und vielen Klein- und mittelständischen Betrieben. Dies ist Stärke und Problem zugleich. Stärke, weil die kleineren Betriebe oft nicht exportabhängig sind und eng in der Region verwurzelt. Das macht sie weniger anfällig bei globalen Krisen, wie wir sie aktuell erleben. Der Mangel an großen Unternehmen sorgt aber dafür, dass weniger Ankerbetriebe, an die sich Zulieferindustrie anhängen kann, vor Ort zu finden sind. Dennoch gibt es sie natürlich – z.B. mit Accumotive in Kamenz oder dem Waggonbau von Alstom in Bautzen. Beides übrigens auch Schlüsselindustrien für die Verkehrswende. Problematisch ist: keines der großen angesiedelten Unternehmen hat tatsächlich seinen Hauptsitz in der Region – hiesige Wertschöpfung kommt der Region also nicht durch gleichzeitige Gewerbesteuereinnahmen zugute.
Zwei große Herausforderungen sehe ich auf die Region zukommen: im Norden des Wahlkreises wird dies der Strukturwandel nach dem Kohleausstieg sein. Der eintretende Wegfall des größten Arbeitgebers mit dem höchsten Lohnniveau in der Region verlangt nach Anstrengungen, neue, zukunftsfeste Industriearbeitsplätze zu schaffen – zum Beispiel in der Stromgewinnung aus regenerativen Energiequellen.
Das größere Problem ist der Fachkräftemangel, branchenübergreifend. Seit Jahren gibt es weniger Bewerber als freie Ausbildungsstellen im Wahlkreis. Laut Prognosen der Arbeitsagentur wird es in der Lausitz bis 2050 einen Fachkräftebedarf von ca. 50000 zu besetzenden Stellen geben, der nicht aus der Region heraus erfüllt werden kann. Deshalb sind die Unternehmen gefragt, nach Jahrzehnten der Niedriglohnstrategie endlich angemessene, faire Löhne zu zahlen, die sich nicht mehr vom Lohn in anderen Regionen Deutschlands unterscheiden. Und die Politik ist gefragt, Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen die Region für den Zuzug von Menschen attraktiv wird.
Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?
Das größte Thema in meinem Wahlkreis wird der Strukturwandel in Folge des Kohleausstiegs sein. Damit er gelingt, müssen Fehler der Vergangenheit, vor allem im Bereich der Infrastruktur, korrigiert werden. Die Lausitz muss insbesondere im Bereich Schiene wortwörtlich wieder angekoppelt werden. Ich fordere seit Jahren einen S-Bahn-Anschluss für die Stadt Hoyerswerda an die Metropolregion Dresden, die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Bautzen-Görlitz, aber auch die Wiedererrichtung zentraler, regionaler Streckenverbindungen wie zum Beispiel Hoyerswerda-Bautzen. Genauso wichtig wäre aber auch, Fördermittel wie das Geld aus dem Just Transition Fond der EU, die direkt von Unternehmen bezogen werden können, endlich vollständig den betroffenen Revieren zur Verfügung zu stellen und sie nicht – wie bisher durch die Bundesregierung geplant – mit anderen Fördermitteln des Bundes zu verrechnen. Die bisherigen Strukturhilfen gehen an den Kernregionen vorbei und setzen zu sehr auf konsumtive Ausgaben. Was wir stattdessen brauchen, sind Investitionen in ökologische und nachhaltige Industriearbeitsplätze.
Wirtschaftlich liegt es mir besonders am Herzen, dass die Schlüsselindustrie Schienenwaggonbau in der Region verbleibt. Wir haben die Expertise, Erfahrung und Strukturen in der Region, die uns hier zum Vorzeigestandort für diese Industrie machen. Deshalb muss der Waggonbau in der Lausitz bleiben.
Lisa Paus, Bündnis90/Die Grünen
Bundesministerin für Familie, Frauen, Senioren und Jugend
Diplom-Volkswirtin, *19.09.1968 in Altenrheine
Wahlkreis: Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf
Finanzausschuss
lisa.paus@bundestag.de
Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in Ihrem Wahlkreis?
Mein Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf ist ein wirtschaftlich starker Bezirk in Berlin. Mit Bayer, Siemens und Deutsche Wohnen haben zwei Dax- und ein MDax Unternehmen Sparten- bzw. Firmensitze im Bezirk. Mit der Messe und der Rundfunkanstalt RBB beheimatet Charlottenburg-Wilmersdorf zwei weitere große Arbeitgeber mit internationaler Strahlkraft und breiter Außenwirkung.
Als Wissenschaftsstandort beherbergt Charlottenburg-Wilmersdorf u.a. die Universität der Künste, das CHIC-Innovationszentrum, mehrere Fraunhofer-Institute, die IAV und die Technische Universität zu Berlin. Darüber hinaus ist mein Wahlkreis als Teil Berlins ein beliebtes Reiseziel – deshalb verfügt er über zahlreiche Hotels, Konferenzcentren, Co-Working-Spaces, Restaurants, Cafés und kulturelle Angebote. Diese haben in der Corona-Pandemie schwer gelitten und brauchen häufig noch Unterstützung, um wieder auf soliden Füßen zu stehen.
Gleichzeitig ist Charlottenburg-Wilmersdorf der Bezirk mit der größten sozialen Differenz in Berlin – zu ihm gehören sowohl einkommensschwache Gebiete in der Nähe des ehemaligen Flughafen Tegel wie die Villenviertel im Grunewald. Gegen diese Lücke anzugehen ist eine meiner politischen Motivationen. Deshalb habe ich führend das Modell der Kindergrundsicherung mitentwickelt, dass die Kinderarmut endlich zu einer Sache der Vergangenheit machen wird. Deshalb arbeite ich jetzt auch an einem Klimageld, von dem vor allem die Menschen, die wenig Energie verbrauchen, profitieren werden. Deshalb beschäftige ich mich seit Jahren mit der Bekämpfung von Immobilienspekulation, die bezahlbaren Wohnraum vernichtet.
Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in Ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?
Wie die meisten Metropolen weltweit steht auch Berlin vor der Herausforderung klimaschonenden Verkehr, bezahlbaren Wohnraum und Umweltschutz unter einen Hut zu bekommen. Mit dem Dreieck Funkturm liegt in meinem Wahlkreis das verkehrsstärkste Autobahndreieck Deutschlands. Wir setzen uns ein für eine Konzeption, die die Interessen der Anwohnenden und der Umwelt, notwendige Sanierung der Autobahnbrücken und Umlenkung der Verkehrsströme auf nachhaltigere Mobilitätsarten unter einen Hut bringt.
Gerade in der Pandemie ließ sich feststellen, dass auch der stark wachsende Onlinehandel zu verstopften Straßen führt. Das Problem ist die kleinteilige Lieferung von unterschiedlichen Logistikunternehmen in den Kiezen. Ich unterstütze deswegen Projekte wie „Die letzte Meile“: Es wird bereits in Kiezen wie der Mierendorffinsel im Norden Charlottenburgs praktiziert. Dabei werden Lieferungen sämtlicher Unternehmen in einem zentralen Logistik-Hub auf Lastenräder umgeladen, sodass die Auslieferungen im Kiez platz- und stausparender, klimaneutraler und kostengünstiger durchgeführt werden können.
Langfristig werde ich mich für die Umsetzung einer Mobilitätsstrategie in der City West einsetzen. Dabei werden u.a. der motorisierte Individualverkehr weitestgehend reduziert, der ÖPNV gestärkt und Rad- und Fußwege ausgebaut. Der Straßenraum und besonders die Parkzonen werden der gesamten Bevölkerung zurückgegeben – neben Rad- und Fußwegen werden auch Flächen für Gastronomiebetrieb und Bepflanzungen entstehen. Durch eine digitale Vernetzung sämtlicher Verkehrsmittel sollen Anwohnende und Gäste der Stadt sich dennoch flexibel durch die City West bewegen.
René Springer, AFD
Politikwissenschaftler, *15.07.1979 in Berlin
Wahlkreis: Brandenburg
Ausschuss für Arbeit und Soziales
rene.springer@bundestag.de
Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in Ihrem Wahlkreis?
Zu den wirtschaftlichen Stärken in Eberswalde gehören für mich die Ausbildungsmöglichkeiten einerseits an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) und andererseits am Oberstufenzentrum II Barnim. Zu den Standortvorteilen zählen auch die zwei großen Kliniken (Werner Forßmann Klinikum Eberswalde und Martin-Gropius-Krankenhaus Eberswalde) und die damit verbundenen Ausbildungsgänge im Bereich der Pflege. Eberswalde hat eine langjährige Industrietradition, die allerdings infolge der Wiedervereinigung und durch den Globalisierungsdruck der letzten Jahrzehnte viele Federn lassen musste. Zuletzt hat es ein Werk von Thyssenkrupp Rothe Erde getroffen. Aufgrund der schleichenden Entindustrialisierung verfügt Eberswalde heute allerdings über viele Gewerbeflächen zu niedrigen Preisen, was für neue Unternehmensansiedlungen vorteilhaft ist. Zu den Schwächen gehören verstärkte Abwanderungstendenzen junger Menschen in die größeren Städte (Braindrain) und die damit verbundene beschleunigte Überalterung der Stadtgesellschaft. Die beruflichen Perspektiven für junge Menschen sind leider sehr beschränkt, da die bereits erwähnten Entindustrialisierungsprozesse bis heute nicht gestoppt werden konnten. Zu den Nachteilen gehören außerdem die stark gestiegenen Miet- und Immobilienpreise.
Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in Ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?
Wir müssen die Stärken der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde nutzen und ein Wirtschaftscluster entwickeln, das sich mit dem Kompetenzprofil (Forst, Holz, Ökologie, Landwirtschaft) der Hochschule deckt. An der Hochschule selbst sollte man verstärkt mit Inkubatoren arbeiten, um Start-ups und Unternehmensgründungen bestmöglich zu unterstützen. Eberswalde sollte für Gründer zugleich auch Räume und Flächen vergünstigt oder kostenfrei zur Verfügung stellen. Die Stadt besitzt riesige Forstflächen und landwirtschaftliche Nutzflächen.
Zu den notwendigen infrastrukturellen Maßnahmen gehören die Erhöhung der Taktrate der Bahn von und nach Berlin sowie mittel- bis langfristig der Anschluss von Rüdnitz, Melchow, Biesenthal und Eberswalde an die Berliner S-Bahn.
Kai-Uwe Ziegler, AFD
Kaufmann, Geschäftsführer, *27.10.1963 in Eisleben
Wahlkreis: Anhalt / Sachsen-Anhalt
Gesundheitsausschuss
kay-uwe.ziegler@bundestag.de
Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in ihrem Wahlkreis?
Nach wie vor gibt es seit 10 Jahren, in Bezug auf die Angleichung der Wirtschaftskraft in Sachsen-Anhalt an die in den alten Ländern eine Stagnation. Davon kann sich auch unsere Region nicht entkoppeln. Sowohl bei den monatlichen Nettoeinkommen der Erwerbstätigen als auch bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf der Bevölkerung müssen wir in einen Aufholprozess kommen. Bei den Stundenlöhnen liegen wir ca. 20% unter Bundesdurchschnitt und bis 45 % unter denen in Hamburg. Uns fehlen hier die Unternehmen mit starker Wertschöpfung, die gute Gehälter zahlen. Für die wirtschaftliche Entwicklung müssen wir unsere Gewerbeflächen besser vermarkten und wenn nötig auch neue schaffen. Denn unser Flächenpotential sind die vielen Landsleute, die nach Arbeit suchen sind unsere Stärke. Das geht aber nur wenn wir unsere Einwohner einbinden. Was wir aber brauchen sind nachhaltige Ansiedlungen, die Innovation und Entwicklungsarbeit mit regionaler Fertigung verknüpfen. Die Vorstellungen der Kreisverwaltung zur Nutzung der Fördermittel aus dem Strukturstärkungsgesetz gehen in ihrem Schwerpunkt aber in die falsche Richtung und werden nicht die gut bezahlten nachhaltigen Arbeitsplätze schaffen, die versprochen wurden. Hier müssen wir kreativer werden. Die Maßnahmen in der Corona-Krise haben unsere kleinteilige Wirtschaft weniger ausgebremst als in den alten Ländern. Einige Unternehmen, vor allem im stationären Handel und der Gastronomie und viele Mitarbeiter, hat es aber sehr hart getroffen. Diese Unternehmen müssen wir stabilisieren und ihnen eingetretene Schäden ersetzen damit sie ihre Beschäftigten auch morgen noch bezahlen können. Nun kommt noch eine wahre Herkules-Aufgabe hinzu, der Umgang mit dem in seinen Folgen noch nicht absehbaren Ukraine-Konfliktes im Kontext zu der sich in der Umsetzung befindlichen Energiewende. Steigende Preise für Strom, Heizung und Kraftstoff waren schon als Klimainflation erkennbar. Jetzt werden die Menschen und die Wirtschaft aber von einer massiven Preiswelle getroffen, die auf eine völlig verfehlte Bundespolitik zurückzuführen ist.
Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?
In erster Linie müssen wir unseren Menschen eine hohe Lebensqualität ermöglichen. Das beginnt mit schnellem Internet zu Hause, der Schule im Ort, dem Arzt, der Apotheke und den Nahversorgern in der Nähe und hört bei einem gefestigten Vereinsleben und guten Arbeitsplätzen noch lange nicht auf. Die Hälfte aller Beschäftigten pendelt jeden Tag zur Arbeit in benachbarte Ortschaften oder angrenzende Landkreise. Dies kostet nicht nur Sprit, sondern auch wertvolle Lebenszeit. Deshalb ist die Lebensqualität in unserer ländlich strukturierten Region, von gut ausgebauten Verkehrswegen sowie einem kurz getakteten und weit verzweigten öffentlichen Nahverkehrssystem abhängig. Das bezieht Straßen, Schienen und Radwege sowie den Bus- und Bahnbetrieb gleichermaßen ein. Wir wollen das gesunde Leben in unseren kleinen Städten und Dörfern mit der modernen Welt der technischen Innovationen verknüpfen, um den Lebensstandard in unserer Region nachhaltig zu erhöhen. Hierfür ist eine fortschrittliche Digitalisierung im ländlichen Raum eine Voraussetzung, die wir schaffen wollen. Das Tech-Start-Up im 3-Seiten-Hof ist keine Utopie, in der Schweiz ist dies längst gelungen.
Bisher erschienen:
Teil 1: Knut Abraham, Philipp Amthor, René Bochmann, Ingo Bodtke, Dr. Gregor Gysi, Christian Hirte,
Teil 2: Friedhelm Boginski, Katrin Budde, André Hahn, Thomas Heilmann, Ralph Lenkert, Claudia Müller
Teil 3: Johannes Arlt, Sonja Eichwede, Fabian Funke, Dr. Ottilie Klein, Martin Kröber, Tina Rudolph
Teil 4: Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke), Annika Klose (SPD), Ariane Fäscher (SPD), Philipp Hartewig (FDP), Antje Tillmann (CDU)
Teil 5: Clara Bünger (Die Linke), Hannes Gnauck (AFD), Daniela Kluckert (FDP), Enrico Komming (AFD), Jan-Wenzel Schmidt (AFD), Gerald Ullrich (FDP)
Teil 6: Dr. Marcus Faber (FDP), Christian Görke (Die Linke), Reginald Hanke (FDP), Ulrike Harzer (FDP), Dr. Jan-Marco Luczak (CDU), Dietrich Monstadt (CDU)
Teil 7: Susanne Henning-Wellsow (Die Linke), Carlos Kasper (SPD), Jana Schimke (CDU), Ruppert Stüwe (SPD), Dr. Herbert Wollmann (SPD), Stefan Zierke (SPD)
Teil 8: Torsten Herbst (FDP), Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), Jens Koeppen (CDU), Michael Müller (SPD), Dr. Paula Piechotta (Bündnis90/Die Grünen), Dr. Petra Sitte (Die Linke)