W+M-Serie: MdB OST – Die ostdeutschen Bundestagsabgeordneten/Teil 10

Von den 736 Mitgliedern des 20. Deutschen Bundestages sind insgesamt 145 Vertreter aus Ostdeutschland inkl. Berlin, die direkt oder über die Landesliste ihrer Partei in den Deutschen Bundestag gewählt wurden und nun dort die Interessen Ostdeutschlands vertreten. Aktiv im Wahlkreis, in den Fraktionen und in den unterschiedlichsten Ausschüssen stehen sie für ihre Wahlversprechen und den Spagat zwischen lokalen, regionalen und überregionalen Interessen.

W+M befragte alle Bundestagsabgeordneten aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es ging dabei um die Stärken und Probleme der einzelnen Wahlkreise und für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte sie sich dort einsetzen wollen. Nicht jeder hat die Gelegenheit genutzt, aber die  Antworten sind ausreichend, um insgesamt und im Einzelnen einen guten Überblick über die Situation in den ostdeutschen Regionen und ihre Perspektiven zu vermitteln.

Im Teil 10 der Serie kommen zu Wort:

Ingo Bodtke (FDP),Steffen Kotré (AFD), Holger Mann (SPD), Kathrin Michel (SPD), Frank Müller-Rosentritt (FDP), Rasha Nasr (SPD)

Ingo Bodtke, FDP

Ingo Bodtke. Foto: Ingo Bodtke

Ingenieur Fleischwirtschaft, *06.06.1965 in Eisleben
Wahlkreis: Mansfeld-Südharz – westlicher Saalekreis / Sachsen-Anhalt
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, Petitionsausschuss
ingo.bodtke@bundestag.de

Welche Wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in Ihrem Wahlkreis?

Als einer von zwei FDP-Bundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt vertrete ich den Wahlkreis 74 (Mansfeld-Südharz – westlicher Saalekreis) im Deutschen Bundestag. Der Wahlkreis ist das Zuhause von 140.000 Menschen. Unsere Region bietet für alle Naturliebhaber wunderschöne Städte und malerische Landschaften. Ebenfalls gibt es viele touristische Highlights wie die Straße der Romanik oder die Luther-Gedenkstätten. Aktuell bereiten wir sogar zwei größere Jubiläen vor: Das „Bauernkriegsjubiläum 2025“ rund um Thomas Müntzer sowie das Jubiläum „825 Jahre Bergbau“ in Mansfeld und der Sangerhäuser Region. Zu beiden Anlässen planen wir eine Reihe an Veranstaltungen. Es lohnt sich vorbeizukommen.

Durch den Ausstieg aus der Braunkohle bis 2030 erleben wir in der Region gerade einen zweiten Strukturwandel. Das birgt viele Chancen, ist aber natürlich auch mit größeren Veränderungen in der Gesellschaft und Wirtschaft verbunden. Bereits 1990 erfuhr der Landkreis durch die Stilllegung des Kupferschieferbergbaus den ersten Strukturwandel. Damals zogen viele junge Familien weg aus der Region und suchten ihr Glück in anderen Bundesländern. Insgesamt 47.000 Menschen verloren mit der Schließung des Mansfeld- Kombinats ihren Arbeitsplatz. Bevölkerungsrückrückgang und Fachkräftemangel waren die Folge.

Ich blicke aber mit Zuversicht in die Zukunft, da unsere Region viele wirtschaftliche Stärken hat: Unsere Landwirtschaft, der Obst- und Weinanbau sowie unsere Forstwirtschaft sind gut aufgestellt. Darüber hinaus befindet sich der Landkreis zentral im Forschungsdreieck Magdeburg, Halle/ Leipzig und Erfurt und ist in verschiedene länderübergreifende Cluster und Netzwerke eingebunden wie das „KAT-Kompetenznetzwerk für Angewandte und Transferorientierte Forschung“, das Cluster „BioEconomy“ oder das „Regionale Digitalisierungszentrum Sachsen-Anhalt Süd“. Dies begünstigt neue Unternehmensansiedlungen und Neugründungen.

Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?

Ich will dabei unterstützen, die touristischen Highlights der Region besser zu vermarkten, um die Tourismuswirtschaft anzukurbeln. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit in den nächsten vier Jahren wird die Stärkung der Wirtschaft und des Mittelstands im Flächenland Sachsen-Anhalt. Dazu gehören für mich unbedingt attraktive Rahmenbedingung wie der Ausbau der digitalen Infrastruktur mit 5G Campus-Netzen, mehr Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur aber auch Hilfen bei der Ansiedlung und Vermarktung. Das Ziel muss es sein, neue nachhaltige und sichere Arbeitsplätze zu schaffen sowie Fachkräfte in unsere Region zu holen. Nur auf diesem Weg kann der Strukturwandel gelingen.

Steffen Kotré, AFD

Steffen Kotré. Foto: Kotre

Diplom-Ingenieur, *29.04.1971 in Berlin
Wahlkreis: Dahme-Spreewald – Teltow-Fläming III – Oberspreewald-Lausitz I /Brandenburg
Ausschuss für Klimaschutz und Energie
steffen.kotre@bundestag.de

Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in Ihrem Wahlkreis?

Ich vertrete in Brandenburg die Region Dahme-Spreewald, Teltow-Fläming und Oberspreewald-Lausitz. Mein Wahlkreis zeichnet sich durch ein Nord-Süd-Gefälle aus. Während die Region im Norden mit dem Berliner Speckgürtel und dem Flughafen wirtschaftlich stark ist, ist der südliche Teil ländlich geprägt. Der Süden mit dem Spreewald ist ein Erholungsgebiet und touristisch erschlossen. Für den Wahlkreis insgesamt gilt, dass die Infrastruktur eine große Herausforderung darstellt. Digitalisierung, Breitband und Mobilfunk sind unterentwickelt. Der Regionalverkehr muss seine Taktzeiten erhöhen. Arztpraxen schließen, Einkaufsmöglichkeiten werden zentralisiert und schwinden aus der Fläche. Doch der Erhalt der Attraktivität in der Fläche ist Grundlage für den Stopp des Wegzuges. Im Norden führt der Gewerbezuwachs zudem zur Überlastung von Straße und Schiene.

Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in Ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?

Ich setze mich dafür ein, dass mein ganzer Wahlkreis digital endlich im 21. Jahrhundert ankommt. Das bedeutet flächendeckendes schnelles Internet und die Beseitigung von Funklöchern. Zudem werde ich mich für einen Ausbau des öffentlichen Nah- und Regionalverkehrs einsetzen, um auch auf dem Land eine hohe Mobilität sicherzustellen. Die A 13 und andere Zufahrtsstraßen zum Flughafen müssen auf Grund des Zuzugs von Gewerbe ausgebaut werden. Eine große Herausforderung ist die Sicherstellung der Grundversorgung. Ärzte müssen gehalten werden.

Holger Mann, SPD

Holger Mann. Foto: Hammermännchen

Geschäftsführer/Politikwissenschaftler, *19.02.1979 in Dresden
Wahlkreis: Leipzig I / Sachsen
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
holger.mann@bundestag.de

Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in Ihrem Wahlkreis?

Der Norden Leipzigs ist durch die Vielzahl von KMU und die Ansiedlung großer Unternehmen in den letzten Jahren das wirtschaftliche Herz der Region. Ich unterstütze die Erweiterung und Neuerschließung von Gewerbegebieten, damit die Stadt Leipzig an vergangene Ansiedlungserfolge wie das Dräxlmaier-Batteriewerk anknüpfen kann. Diese sorgen neben den neuen und innovativen Produktionslinien der Automobilhersteller und ihrer Zulieferbetriebe, zum Beispiel im Bereich E-Mobilität, für gut bezahlte Facharbeitsplätze in Leipzig. Ich bin mir sicher, dass die Unternehmen in Leipzig damit den Herausforderungen, die mit der Transformation innerhalb der Branche einhergehen, gewachsen sind.

In Leipzig wächst obendrein die IT-Szene. Ich habe diese Entwicklung bereits in meiner Zeit als Landtagsabgeordneter unterstützt. Mit der Gründung einer Digitalen Fakultät an der örtlichen Hochschule für angewandte Wissenschaften und einem Ausbau der Lehrkapazitäten hat die sächsische SPD in Regierungsverantwortung dafür gesorgt, dass die meisten Informatikstudierenden in Sachsen an einer Leipziger Hochschule studieren.

Mein Ziel ist es, für diese jungen und hoch qualifizierten Fachkräfte Arbeitsplätze in der Region zur Verfügung zu stellen. Deswegen setze ich mich für die Erweiterung des Smart Infrastructure HUBs und weiterer Inkubatoren ein, damit Leipzig ein noch attraktiverer Standort für Firmen-Neugründungen im Bereich IT, Energie, E-Health und Smart-City wird.

Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in Ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?

Als besonders vielversprechendes Projekt wird der BioCity-Campus in Leipzig um ein Innovationszentrum auf dem historischen Fundament der Messehalle 12 erweitert. Dieses Life Science Hub wird ab 2025 Flächen für junge und innovative Unternehmen aus dem IT-Bereich anbieten. Diese werden von den Kompetenzen der bestehenden wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen in der BioCity besonders profitieren.

Dieses Potenzial weiter zu heben und die Anwendung und Transfer von Forschungsergebnissen im digitalen Raum zu beschleunigen, ist unter anderem das Ziel von Sachsen Digital und der KI-Strategie des Freistaates Sachsen.

Leipzig ist Teil des mitteldeutschen Reviers und damit Teil der notwendigen Energiewende und des vom Strukturwandel betroffenen Gebietes. Nicht nur im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes gibt es zentrale Projekte, deren nachhaltige Umsetzung ich vorantreiben und begleiten will.

Kathrin Michel, SPD

Kathrin Michel, MdB, SPD. Copyright: photothek.net

Industriekauffrau, *17.04.1963 in Forst
Wahlkreis: Bautzen I / Sachsen
Haushaltsausschuss, Unterausschuss zu Fragen der Europäischen Union
kathrin.michel@bundestag.de

Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in ihrem Wahlkreis?

Sowohl mein Wahlkreis Bautzen als auch mein Betreuungswahlkreis Görlitz sind in weiten Teilen von der Kohleverstromung geprägt. Die Wertschöpfung durch klein- und mittelständische Betriebe leistet einen enormen Anteil. Das Handwerk hat einen sehr guten Ruf und Zentren der Kreativwirtschaft siedeln sich an.

Wir stehen vor großen Herausforderungen. Der Erhalt unserer Lausitz als Energieregion ist für uns existenziell. Für diese Transformation müssen wir alle Ressourcen bündeln und es ist dringend geboten, dass Strukturmittel zielgerichtet eingesetzt werden.

Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?

Als Bundestagsabgeordnete setze ich mich für die Belange aller Bürger*innen ein. In zahlreichen Gesprächen lerne ich viele Menschen kennen, deren Befürchtungen ich sehr ernst nehme. Es bedarf tragfähiger Konzepte, um einerseits neue Industriearbeitsplätze zu schaffen und andererseits dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Ohne eine tragfähige Infrastruktur wird die Transformation nicht gelingen. Das betrifft den massiven Ausbau des ÖPNV. Gerade unter dem Eindruck der aktuellen Preisspirale für Treibstoff trifft es die Bürger*innen in ländlichen Gebieten besonders, denn sie sind auf den privaten PKW angewiesen. Für die Ansiedlung von Unternehmen, den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit bereits etablierter Unternehmen und künftige logistische Vorhaben ist es unerlässlich, die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Bautzen-Görlitz durchzusetzen.

 

Frank Müller-Rosentritt, FDP

Frank Müller-Rosentritt. Foto: Bundestag

Diplom-Betriebswirt, *13.06.1982 in Chemnitz
Wahlkreis: Chemnitz / Sachsen
Auswärtiger Ausschuss
frank.mueller-rosentritt@bundestag.de

Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in ihrem Wahlkreis?

Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Sport – mein Wahlkreis Chemnitz hat eine ganze Menge zu bieten. Kultur, Wissenschaft und Sport gehören dazu, wenn es um Wirtschaft geht. Das Eine beeinflusst das Andere und alles zusammen trägt dazu bei, dass Chemnitz eine starke Wirtschaftsregion ist. Angefangen vom Automobilbau, wie dem VW-Motorenwerk und den vielen Zulieferern für die Automobilbranche, über die Forschung zu alternativen Antrieben, klimafreundlicher Produktion, nachhaltige Wärme- und Energieversorgung, Bau von Power-to-X-Anlagen bis hin zu den Technologiefeldern Mikroelektronik, Informationstechnik, Material- und Werkstoffforschung. Chemnitz ist breit aufgestellt und durch die zahlreichen Start-ups mit vielen Ideen am Puls der Zeit. Eines der größten Themenfelder ist aktuell die Wasserstofftechnologie. Chemnitz ist eines der vier bundesweiten Wasserstoffzentren und bekommt dafür 60 Millionen Euro an Fördermitteln vom Bund. Das Geld soll beispielsweise dafür genutzt werden, Möglichkeiten auszuloten, wie fossile Energieträger im gesamten Energiesystem ökonomisch, ökologisch und sozial verträglich ersetzt werden können. Insgesamt gesehen haben wir in Chemnitz einen starken Mittelstand, Ingenieurs-Knowhow und mit der TU Chemnitz einen starken Partner im Bereich der Wissenschaft.

Eine Schwäche sehe ich im Marketing von Chemnitz. Die Vorzüge unserer Stadt werden eher im Verborgenen preisgegeben, anstatt selbstbewusst und stolz bundesweit und vor allem auch international darauf hinzuweisen. Für Investoren und Menschen, die sich mit dem Gedanken tragen, in unsere Region zu ziehen, ist es wichtig, auch die weichen Standortfaktoren zu kennen. Beispielsweise ist man in 45 Minuten im Skigebiet und kann Ski fahren und in der gleichen Zeit ist man im Leipziger Neuseenland und kann dort segeln. Wir können innerhalb einer Stunde am Flughafen sein, entweder in Dresden oder in Leipzig. Das Werben für Chemnitz sollte Aufwind bekommen, denn immerhin sind wir im Jahr 2025 Kulturhauptstadt – einen Riesenpfund, mit dem wir wuchern sollten.

Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?

Durch meine Arbeit als Bundestagsabgeordneter sehe ich mich in Berlin und in der Welt als ersten Lobbyisten für unsere Stadt. Ich möchte dafür sorgen, dass ich nicht nur Chemnitz in die Welt bringe, sondern auch die Welt nach Chemnitz hole. Damit soll es schon bald losgehen, denn innerhalb eines großen Organisationsteams arbeiten wir mit Hochdruck daran, im Juni dieses Jahres den 1. Deutsch-Israelischen Mittelstandstag in Chemnitz auszurichten, der langfristig zum Ziel hat, einen Innovationhub in unserer Stadt zu installieren. Start-ups sollen hier mit Investoren zusammengebracht werden und umgekehrt. Wir sind am stärksten, wenn wir zusammenarbeiten. Wie bei dem Projekt, für Chemnitz endlich wieder eine Fernbahnanbindung zu haben. Das haben wir gerade erst geschafft. Ab Mitte Juni erreicht man Berlin von Chemnitz aus endlich wieder ohne Umsteigen zu müssen. Erreichen müssen wir nun noch, dass die Bahnstrecke Chemnitz-Leipzig zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert wird. Dadurch wäre Chemnitz auch endlich wieder an den Schienenfernverkehr über Leipzig angeschlossen.

Und da der Fokus nicht auf Entweder (Elektromobilität) Oder (Wasserstofftechnologie) gerichtet werden sollte, sondern meiner Meinung nach erweitert werden muss, werde ich mich zudem u.a. für Forschungsprojekte zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe wie e-Kerosin einsetzen. Dafür müssen genügend finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Denn der große Vorteil dieser synthetischen Kraftstoffe ist, dass der Antriebs- und Abgasstrangs der Fahrzeuge nicht umgerüstet werden muss und von der vorhandenen Fahrzeugflotte genutzt werden kann. Eines unserer größten Projekte ist das Vorbereiten der Stadt auf Europas Kulturhauptstadtjahr 2025. Im Koalitionsvertrag ist die Unterstützung von Chemnitz als Kulturhauptstadt 2025 explizit aufgeführt. 25 Millionen Euro will allein der Bund für Projekte und Planungen dafür ausgeben. Kulturhauptstadt zu sein, ist für uns nicht nur ein kulturell wichtiger Faktor, sondern das wird auch aus wirtschaftlicher Sicht bedeutend sein. Hier stelle ich mich sehr gern als Netzwerker und Kontakte-Knüpfer zur Verfügung.

               

Rasha Nasr, SPD

Rasha Nasr . Foto: Julian Hoffmann

Politikwissenschaftlerin , *12.05.1992 in Dresden
Wahlkreis: Dresden I / Sachsen
Ausschuss für Arbeit und Soziales
rasha.nasr@bundestag.de

Welche wirtschaftlichen Stärken und Probleme gibt es in ihrem Wahlkreis?

In meinem Wahlkreis, Dresden, profitieren zahlreiche Unternehmen aus diversen Bereichen, wie etwa der Mikroelektronik, Elektrotechnik oder Informationstechnologie, von der Nähe zur Technischen Universität Dresden und zu weiteren Forschungsinstituten. Insbesondere in der Halbleiterfertigung ist Dresden eines der Zentren Europas, das damit zur angestrebten größeren Souveränität Europas beiträgt. Der oft zitierte Beiname Silicon Saxony spiegelt diese Stärke wider. Dresden kann aber auch viele Traditionsunternehmen vorweisen, auf die die Stadtgesellschaft sehr stolz ist. Von der Pharmazie über den Maschinen- und Anlagenbau bis hin zum Dienstleistungssektor finden sich diverse Unternehmen, die eine teils 100-jährige oder gar noch weiter zurückreichende Geschichte vorweisen können.

Die größte Herausforderung besteht sicherlich im Fachkräftemangel. Hier hat Dresden den Nachteil, dass die Stadt durch Pegida und den Missbrauch des Jahrestags der Bombardierung Dresdens durch rechtsradikale Kräfte aus ganz Deutschland der Ruf vorauseilt, intolerant zu sein. Hier sehe ich meine Aufgabe darin, zu zeigen, dass diese Menschenfeinde Dresden nicht repräsentieren und die Stadt weltoffen und lebenswert ist. Daher ist es auch von großem wirtschaftlichem Interesse, all diejenigen in Dresden zu stärken, die sich für ein solidarisches Miteinander und für unsere Demokratie und ihre Werte einsetzen. Mit einem Demokratiefördergesetz, das Initiativen und Vereine in diesem Bereich mit einer guten Grundfinanzierung ausstattet, hat sich die Ampel-Koalition genau dies vorgenommen.

Für welche wirtschaftlichen und infrastrukturellen Projekte in ihrem Wahlkreis werden Sie sich einsetzen?

Neben der bereits angesprochenen Stärkung der Zivilgesellschaft ist mir vor allem eine längst überfällige Angleichung an westdeutsche Lebensverhältnisse wichtig. Dass Renten und Löhne nach wie vor ungleich verteilt sind und eine Teilung fortführen, die wir eigentlich überwunden sehen wollen, wurde zu lange als „Standortvorteil“ verkauft. Dabei hat das zur Folge, dass die Kaufkraft bei uns durchschnittlich geringer ist. Soziale Ungerechtigkeit ist tatsächlich ein Standortnachteil. Eine Angleichung der Lebensverhältnisse wäre also auch ein Konjunkturprogramm für die hiesige Wirtschaft. Darüber hinaus würden gerechtere Lebensverhältnisse auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Dresden kann von Gerechtigkeit nur profitieren.

Da in diesem Jahr eine OB-Wahl in Dresden ansteht, ist es sinnvoll, sich nach der Wahl mit der gewählten Stadtspitze zusammen zu setzen, um infrastrukturelle Projekte zu identifizieren, die wir auf kommunaler, wie auf Bundesebene koordiniert voranbringen. Niemandem bringt es etwas, wenn Individuen in der Politik aus Eitelkeit „ihre“ Projekte verfolgen. Wichtig ist eine Verzahnung zwischen allen Ebenen der Stadtgesellschaft, die auf einer Vision für Dresden fußt. Als Teamspielerin ziehe ich diese nachhaltige Entwicklung vor und hoffe, im Rathaus dann ebenfalls auf Teamspieler zu treffen. Ich mache allerdings kein Geheimnis daraus, dass mein Fokus stets darauf liegen wird, gute und fair bezahlte Arbeit anzuziehen und die Lebensqualität in der Stadt zu verbessern.

Bisher erschienen:

Teil 1:  Knut Abraham, Philipp Amthor, René Bochmann, Ingo Bodtke, Dr. Gregor Gysi, Christian Hirte,

Teil 2: Friedhelm Boginski, Katrin Budde, André Hahn, Thomas Heilmann, Ralph Lenkert, Claudia Müller

Teil 3: Johannes Arlt, Sonja Eichwede, Fabian Funke, Dr. Ottilie Klein, Martin Kröber, Tina Rudolph

Teil 4: Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke), Annika Klose (SPD), Ariane Fäscher (SPD), Philipp Hartewig (FDP), Antje Tillmann (CDU)

Teil 5: Clara Bünger (Die Linke), Hannes Gnauck (AFD), Daniela Kluckert (FDP), Enrico Komming (AFD), Jan-Wenzel Schmidt (AFD), Gerald Ullrich (FDP)

Teil 6: Dr. Marcus Faber (FDP), Christian Görke (Die Linke), Reginald Hanke (FDP), Ulrike Harzer (FDP), Dr. Jan-Marco Luczak (CDU), Dietrich Monstadt (CDU)

Teil 7: Susanne Henning-Wellsow (Die Linke), Carlos Kasper (SPD), Jana Schimke (CDU), Ruppert Stüwe (SPD), Dr. Herbert Wollmann (SPD), Stefan Zierke (SPD)

Teil 8: Torsten Herbst (FDP), Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), Jens Koeppen (CDU), Michael Müller (SPD), Dr. Paula Piechotta (Bündnis90/Die Grünen), Dr. Petra Sitte (Die Linke)

Teil 9: Mario Czaja (CDU), Carsten Körber (CDU), Caren Lay (Die Linke), Lisa Paus (Bündnis90/Die Grünen), René Springer (AFD), Kai-Uwe Ziegler (AFD)