Wir haben noch keine neue Regierung, aber einen Koalitionsvertrag. Frank Nehring vom Redaktionsnetzwerk W+M kommentiert.
Der Koalitionsvertrag liegt jetzt vor und wird erwartungsgemäß heiß diskutiert. Einige haben ihn intensiv gelesen, einige haben Keywords gezählt und viele haben den Vertrag kommentiert. Einige können damit leben, andere vermissen viel. Die meisten haben nur die Zusammenfassungen und Kommentare gelesen, erkennbar an den unterschiedlichsten Umfangszahlen durch die Berichterstattung. Aufgepasst: Es sind 144 Seiten und 4.588 durchnummerierte Zeilen. Nachdem schon die Berichte der Arbeitsgruppen zur öffentlichen Diskussion durchgestochen wurden, war der Koalitionsvertrag nun doch eine echte Neuigkeit, wenn auch ohne den scheinbar ersehnten grundlegenden Neustart. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob der tatsächlich gewünscht wurde oder einfach nur ein Reflex auf die zerstrittene Ampel war. Wer mag schon Zumutungen?
Wir werden vermutlich noch warten müssen, ehe die begründeten Diskussionen beginnen können, denn der Koalitionsvertrag ist eine Absichtserklärung, entscheidend ist das praktische Handeln der neuen Regierung. Deshalb sollten wir vorerst den Ball etwas flach halten und nicht schon jetzt damit beginnen, die Koalitionspartner gegeneinander auszuspielen, um sie danach dafür zu verurteilen. Alle, auch die künftige Bundesregierung, wissen, dass der Vertrauenskredit in die Politik durch die Ampel aufgebraucht wurde und dass wichtige und kluge innen- und außenpolitische Entscheidungen zu treffen sind. Darum geht es.