Germany Trade and Invest (GTAI) erarbeitet regelmäßig Wirtschaftsausblicke für wichtige Märkte. In Kooperation mit GTAI veröffentlicht W+M auf der Grundlage dieser Wirtschaftsausblicke Auszüge daraus. Hier der Beitrag zu Thailand von Thomas Hundt aus Bangkok.
Thailands Wirtschaft kann aufgrund vieler Faktoren nicht mehr mit den Wachstumsraten asiatischer Schwellenländer Schritt halten. Nur der Tourismus treibt die Konjunktur noch an.
- Wirtschaftsentwicklung: Die Erholung ist mühsam
- Investitionen: Privatinvestitionen wachsen nur verhalten
- Konsum: Das Geld sitzt weniger locker
- Außenhandel: Nachlassende Weltkonjunktur kühlt Außenhandel ab
Wirtschaftsentwicklung: Die Erholung ist mühsam
Thailand hat sich vom Schock der Coronapandemie erholt. Die Tourism Authority of Thailand hofft, dass Reisende 2023 circa 45 Milliarden US-Dollar (US$) vor Ort ausgeben werden. Der Fremdenverkehr ist derzeit die wichtigste Konjunkturstütze. Die Zentralbank prognostiziert, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 real um 3,6 Prozent und 2024 um 3,8 Prozent zulegen wird. Die Wachstumsraten liegen aber deutlich unter denen der meisten asiatischen Länder. Der Internationale Währungsfonds erwartet, dass die Entwicklungs- und Schwellenländer in Asien 2023 ein durchschnittliches BIP-Wachstum von 5,3 Prozent erreichen.
Die Pandemie hat Thailands Stärken und Schwächen deutlich offengelegt. Monopolistische Strukturen müssen aufgebrochen und die Bürokratie abgebaut werden. Klimakrise und Alterung der Bevölkerung kommen als neue Herausforderungen dazu.
Die Bürger wählten am 14. Mai 2023 ein neues Parlament. Wirtschaftspolitik spielte im Wahlkampf keine Rolle. Die Parteien warben damit, die Sozialhilfen und den Mindestlohn zu erhöhen, was das Wachstum kurzfristig ankurbeln wird. Über die Finanzierung wurde aber nicht diskutiert. Das Kabinett dürfte im August 2023 seine Arbeit aufnehmen.
Thailand: Wirtschaftliche Eckdaten
Indikator |
2022 |
2023* |
Vergleichsdaten Deutschland 2023* |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) |
495 |
562 |
4.075 |
BIP pro Kopf (US$) |
7.090 |
8.028 |
48.636 |
Bevölkerung (Mio.) |
69,9 |
70,0 |
83,4 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US-Dollar (US$) = … Baht) |
35,0 |
32,8 |
– |
Investitionen: Privatinvestitionen wachsen nur verhalten
Die öffentlichen Investitionen gingen 2022 um 4,9 Prozent zurück, denn der Staat gibt bereits viel Geld für Sozialprogramme aus. Nach den Wahlen könnten Infrastrukturprojekte neu aufgelegt werden. Die Zentralbank erwartet, dass die öffentliche Hand 2024 real 7,8 Prozent mehr investieren wird als im Vorjahr. Bürokratie und Fehlplanungen können staatliche Vorhaben und Public-private-Partnership-Projekte aber verzögern.
Die aktuellen weltwirtschaftlichen Risiken drücken bei Großunternehmen auf die Investitionsbereitschaft. Private Investitionen dürften daher 2023 nur um 2,1 Prozent und 2024 um 4,8 Prozent wachsen.
Die Kapazitäten im verarbeitenden Gewerbe waren im 1. Quartal 2023 im Schnitt zu 64 Prozent ausgelastet. Höhere Auslastungen aufgrund guter Geschäfte melden die Branchen Kfz, Kunststoffe, Reifen, Pharma und Baustoffe.
Ausgewählte Großprojekte in Thailand
Projektbezeichnung |
Investitionssumme (Millionen US$)* |
Projektstand |
Projektträger |
---|---|---|---|
Motorway 8 (von Nakhon Pathom nach Cha Am); 109 Kilometer Schnellstraße |
2.300 |
Planung | Department of Highways |
Innovationszentrum Cloud 11 |
1.100 |
Bauzeit 2022 bis 2024 | Magnolia Quality Development Corporation Limited |
Ausbau des Flughafens Don Muang in Bangkok, zusätzliche Kapazität für 10 Millionen Passagiere |
1.050 |
Ausschreibung | Airports of Thailand Public Company Limited |
Changan Automobile (China), Produktion von 100.000 Elektrofahrzeugen |
285 |
Ankündigung | Changan Automobile |
Fertigung Krebsmedikament GPO Oncology |
75 |
Ankündigung | Innobic |
Industriepark in Rayong; Fläche 2,4 Quadratkilometer |
63 |
Genehmigungsphase | Industrial Estate Authority of Thailand |
Wasserkraftwerk mit 2,5 Megawatt Kapazität |
9 |
Ausschreibung | Electricity Generating Authority of Thailand |
Die Behörde Thailand Board of Investment (BOI) fördert Investitionsprojekte und kann ausländische Investoren von den Beschränkungen des „Foreign Business Act“ ausnehmen. Neue Förderschwerpunkte sind Elektrofahrzeuge und Kreislaufwirtschaft. Der BOI genehmigte 2022 über 1.500 geförderte Projekte im Gesamtwert von 17,7 Milliarden US$ – ein Zuwachs von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Investitionsanträge von thailändischen Firmen kamen auf 8,5 Milliarden US$. Unter den ausländischen Investoren lag Japan mit 1,4 Milliarden US$ knapp vor Taiwan (1,3 Milliarden US$) und China (1,2 Milliarden US$). Das BOI genehmigte 24 deutsche Vorhaben, die sich auf 108 Millionen US$ summierten.
Konsum: Das Geld sitzt weniger locker
Der private Konsum macht mehr als die Hälfte der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage aus und die Bevölkerung war 2022 in Kauflaune. Insbesondere das Gastgewerbe profitierte von der Konsum- und Reiselaune. Die Branche wuchs 2022 um 39 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Einnahmen aus Auslands- und Binnentourismus sollen 2023 auf rund 70 Milliarden US$ nochmal zulegen.
Konsumenten kaufen aber häufig auf Kredit. Die Verschuldung der privaten Haushalte hat sich von 2012 bis 2022 auf 430 Milliarden US$ verdoppelt. Dies entspricht 87 Prozent des BIP. Hinzu kommen Kredite, die Verbraucher außerhalb des regulären Finanzwesens aufgenommen haben.
Steigende Zinsen und nur moderate Lohnerhöhungen sind weitere Faktoren, die die reale Kaufkraft dämpfen. Preissprünge stellen derzeit keine große Gefahr dar: Die Zentralbank rechnet 2023 mit einer Inflationsrate von unter 3 Prozent.
Außenhandel: Nachlassende Weltkonjunktur kühlt Außenhandel ab
Die Exportquoten der Branchen Nahrungsmittel, Kfz und Elektro liegen über 50 Prozent. Umgekehrt stammen viele Zwischenprodukte, Ausrüstungen und Rohstoffe aus dem Ausland. Wegen der nachlassenden Weltkonjunktur dürfte der thailändische Außenhandel 2023 aber schrumpfen.
Außenhandel Thailand (in Milliarden US$; Veränderung in Prozent)
2020 |
2021 |
2022 |
2023* |
Veränderung 2023/2022* |
|
---|---|---|---|---|---|
Importe |
187 |
238 |
274 |
269 |
-2,1 |
Exporte |
227 |
271 |
285 |
281 |
-1,6 |
Die exportorientierten Betriebe meldeten 2022 noch gute Geschäfte, auch weil der Thai Baht gegenüber dem US-Dollar stark an Wert verloren hatte. Der Baht erholt sich aber seit Anfang 2023 und die Wirtschaftsplaner des „National Economic and Social Development Council“ rechnen 2023 mit einem durchschnittlichen Kurs von 33 Baht je US$.
Der deutsche Außenhandel mit Thailand erreichte 2022 einen Rekordwert von 14 Milliarden Euro. Deutschland exportierte Waren im Wert von 5,4 Milliarden Euro, ein Plus von 10 Prozent gegenüber 2021. Deutsche Firmen liefern hauptsächlich chemische Erzeugnisse und Maschinen ins Königreich.
Die Konkurrenz aus Asien wird aber größer. China lieferte 2022 circa 23 Prozent und Japan 11 Prozent der Gesamtimporte. Der Handel mit der Region Asien-Pazifik profitiert auch vom Freihandelsabkommen Regional Comprehensive Economic Partnership.
Thailand überlegt auch, dem Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership beizutreten, hat aber noch keinen Antrag gestellt. Mit der EU hat das Königreich die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen wiederaufgenommen.
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