Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in der aktuell veröffentlichten Analyse feststellt, ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im November wieder unter den Höchstwert aus dem Oktober gefallen. Erste Frühindikatoren deuten auf einen erneuten Anstieg ab Februar hin.
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im November bei 1 345. Das sind 12% weniger als im Vormonat, aber 38% mehr als im November 2023. Der aktuelle Wert liegt zudem 52% über dem durchschnittlichen Novemberwert der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. Damit ist der vom IWH prognostizierte Rückgang im Vergleich zum Oktober eingetreten.
Die Insolvenzzahlen bewegen sich aber weiter auf deutlich erhöhtem Niveau. Der leichte Rückgang der Zahlen im November kam zudem nicht in allen Branchen und Bundesländern an. So waren im Wirtschaftszweig „Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen“ und in den Ländern Bayern, Hamburg und Niedersachsen vergleichsweise viele Insolvenzen zu verzeichnen.
Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im November in den größten 10% der insolventen Unternehmen etwas mehr als 11 000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten nahe am Vormonatswert und in etwa auf dem Niveau von November 2023, aber 59% über dem Durchschnitt eines typischen Novembers der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019.
Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um zwei bis drei Monate vorauslaufen. Auf Basis dieser Indikatoren erwartet Steffen Müller, Leiter der Insolvenzforschung am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), für Dezember und Januar ähnlich viele Insolvenzen wie im November. Damit werden die Insolvenzzahlen auch weiterhin deutlich über dem Niveau von vor der Doppelkrise aus Pandemie und Kostenschocks liegen. Im November sind die Frühindikatoren deutlich angestiegen, sodass ab Februar wieder deutliche Anstiege bei den Insolvenzzahlen möglich sind. „Sollte sich das hohe Niveau der Insolvenz-Frühindikatoren aus dem November auch im Dezember bestätigen, muss ab Februar mit einem deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen gerechnet werden“, sagt Steffen Müller.
IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik
Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3).
Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator für das Insolvenzgeschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.
Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab.
Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet.
Regelinsolvenzen sind also nicht mit Unternehmensinsolvenzen gleichzusetzen. Die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich aufgrund der Vielzahl gesamtwirtschaftlich unbedeutender Insolvenzfälle deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.
Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.
Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.