Freitag, November 22, 2024

W+M-Parteien-Umfrage: Thüringen hat die Wahl. Martin Henkel (CDU)

Am 1. September wählen die Bürger und Bürgerinnen den neuen Sächsischen Landtag. Eine richtungsweisende Entscheidung auch für die sächsische Wirtschaft. Deshalb hat Wirtschaft+Markt die Positionen der Parteien zu wichtigen wirtschaftspolitischen Themen in Sachsen abgefragt. Die Antworten der wirtschaftspolitischen Sprecher haben wir thematisch zugeordnet und gesondert veröffentlicht.

Hier die Antworten von Martin Henkel (CDU),

Wirtschaftspolitischer Sprecher und Sprecher für Handwerk und Mittelstand der CDU-Fraktion

Martin Henkel (CDU), geb. 1975 in Vacha, Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik, war von 2004 bis 2006 Produktmanager bei THALES e-Transactions und von 2006 bis 2019 Bürgermeister der Stadt Geisa. Er sitzt seit 2019 im Thüringer Landtag und dort im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft.

Fotomotiv: AdobeStock

W+M-Wahlprüfstein 1

Wie steht es aus Ihrer Sicht um die Energiewende in Thüringen und wie ist Ihre Position beim Thema „Wind über Wald“?

Die stabile Versorgung mit bezahlbarer Energie ist ein wichtiger Standortfaktor. Mit Blick auf die Erhöhung des Energieangebotes setzen wir vor allem auf Technologieoffenheit. Auch die Erneuerbaren können dazu beitragen. In Thüringen sind wir dabei in den letzten Jahren zu langsam vorangekommen, insbesondere beim Ausbau der Solarenergie auf bereits versiegelten Dach-, Verkehrs- und Brachflächen, dem Repowering bestehender Windenergieanlagen sowie der Erschließung der Möglichkeiten bei Geothermie, Wasserkraft und Bioenergie. Die Landesregierung hat sich zu sehr auf das Thema Windkrafterzeugung im Wald fokussiert und alle anderen Felder liegen lassen. Die CDU lehnt Windkraft im Wald ab, denn der Wald ist als zentrale CO2-Senke der wichtigste Klimaschützer und selbst der Weltklimabericht weist darauf hin: wo Wald ist, sollte Wald bleiben. Als CDU stehen wir für einen sinnvollen Ausbau der Nutzung von erneuerbaren Energien und der Erzeugungskapazitäten im Gleichklang mit Netzen und Speichern. Auch beim letztgenannten Punkt ist zu wenig passiert. Entscheidend ist aus Sicht der CDU Thüringen, dass Energie grundlastfähig und die Netzstabilität gesichert sein muss. Vor allem aber muss Energie bezahlbar sein.

W+M-Wahlprüfstein 2

Wie stehen Sie zu Subventionen des Landes für Großansiedlungen wie CATL?

Insbesondere in innovativen Sektoren können Großansiedelungen helfen, die Wertschöpfung in der Region zu steigern. Gleichzeitig schaffen sie eine Arbeitskräftekonkurrenz mit der lokalen Wirtschaft, die bereits ohne die zusätzlichen Bedarfe an Arbeitskräftemangel zu leiden hat. Insofern ist bei jeder Ansiedlungsentscheidung abzuwägen, welche positiven Impulse vom Unternehmen zu erwarten sind. Reine Produktionsanlagen ohne Forschungsansatz sind kritisch zu hinterfragen. Im Falle von CATL kann der positive Impuls darin gesehen werden, dass sich Thüringen im Zusammenspiel mit anderen heimischen Unternehmen als Standort für Batterietechnik etablieren kann. Subventionen für Großansiedlungen müssen aber immer vom Einzelfall abhängig gemacht werden und sollten kein generelles Mittel der Wirtschaftsförderung sein.

W+M-Wahlprüfstein 3

Thüringen steht beim Digital-Ranking des Branchenverbandes BITKOM an letzter Stelle. Was muss für die Digitalisierung getan werden?

Auf Seiten des Landes müssen die Kompetenzen beim Thema Digitalisierung neu verteilt werden. Es muss eine koordinierende Stelle mit Durchgriffsrechten geben, die die Digitalisierung mit Nachdruck vorantreibt. Mit mehr Koordination des Landes können auch die kommunalen Verwaltungen schneller flächendeckend digitale Angebote implementieren, die in einzelnen Kommunen bereits existieren. Beim Breitbandausbau muss konsequent auf hohe Geschwindigkeiten und Glasfaser gesetzt werden, um bereit zu sein für die nächsten technologischen Weiterentwicklungen. Nur 6,6 Prozent der Firmen haben schnelles Internet – damit ist Thüringen deutschlandweit Schlusslicht. Auch hier braucht es mehr Koordination – statt verschiedenen staatlichen Akteuren nur eine Stelle, die die Aufgabe gezielt angeht.

W+M-Wahlprüfstein 4

Was sind Ihre Vorschläge für Bürokratieabbau im Land zum Nutzen der Wirtschaft?

Behörden zu Dienstleistern machen: Wir stehen für einen Kulturwandel in der Arbeit der Behörden. Diese müssen sich als Ermöglicher, nicht als Verhinderer verstehen. Dies sollen auch Bürger und Unternehmer spüren, wenn sie Kontakt zu Behörden haben. Dazu wollen wir die Eigenverantwortung der Mitarbeiter stärken und Mut zu Entscheidungen fördern. Verfahren müssen vereinfacht und Abläufe verkürzt werden.

Bürokratie abbauen, Vertrauen entgegenbringen: Wir werden Bürokratie konsequent abbauen sowie Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigen. Dazu soll bei jeder Erhöhung bürokratischen Aufwands gleichzeitig an mindestens zwei anderen Stellen vereinfacht werden („Eins rein, zwei raus“). Auch wollen wir den Menschen im Land wieder mehr vertrauen. Deshalb setzen wir auf Stichproben- und Zufallskontrollen statt auf Vollkontrolle.

8-Wochen Genehmigungsfiktion einführen: Wir wollen, dass Anträge schneller bearbeitet werden. Wo dies möglich ist, wollen wir regeln, dass Anträge automatisch als genehmigt gelten, wenn sie innerhalb von acht Wochen nicht bearbeitet wurden.
Mehr Bauen ermöglichen: Wir wollen die Bauordnung von kleinteiligen Regelungen entschlacken und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange auf das nötige Maß zurückführen. Zusätzlich wollen wir ein Belastungsmoratorium bis mindestens Ende 2027. Bis dahin darf es keine neuen Vorschriften geben, die das Bauen unnötig verteuern oder verzögern.
Förderprogramme entschlacken: Wir werden alle Förderprogramme auf den Prüfstand stellen und auf ihre Wirksamkeit und Notwendigkeit hin überprüfen. Programme, deren bürokratischer und personeller Aufwand außer Verhältnis stehen, werden wir beenden. Dort wo dies sinnvoll und möglich ist, werden wir Pauschalförderungen ausreichen. Verwendungsnachweisprüfungen werden wir vereinfachen und standardisieren.

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Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung des Landes und was sind Ihre Vorschläge zur Verbesserung der Standortbedingungen?

Die Thüringer Wirtschaft zeichnet sich durch starke Unternehmen mit hoher Anpassungsfähigkeit, Innovationskraft und engagierten Mitarbeitern aus. Sie leiden insbesondere unter der Schwäche der Wettbewerbsfähigkeit in ganz Deutschland. Dennoch ist Thüringen beim Wirtschaftswachstum auch im innerdeutschen Ländervergleich abgerutscht: Thüringen war einst Vizemeister beim Wirtschaftswachstum, jetzt hinken wir hinterher. Wir fallen nicht nur im Ost-Vergleich zurück, wir holen auch gegenüber dem Bund nicht mehr auf. Über 340.000 Fachkräfte fehlen bis zum Jahr 2030. Auch beim Thema Standortqualität ist Thüringen deutschlandweit letzter. Oft ist hier alles noch bürokratischer als anderswo und auch die Energiepreise gehören zu den höchsten in ganz Deutschland. Der Fokus muss auf der Wettbewerbsfähigkeit bei wesentlichen Standortfaktoren liegen:

  1. Fachkräftemangel: Hier müssen drei Bereiche zusammengedacht werden. Die Stärkung der heimischen Potentiale durch eine Stärkung der beruflichen Bildung, die Gewinnung ausländischer Fachkräfte und den Einsatz von Digitalisierung, Automatisierung und KI zur Steigerung der Effizienz.
  2. Senkung der Energiepreise: Ein Teil der Lösung ist, die politische Verteuerung, z.B. durch die Stromsteuer, zu begrenzen. Zudem braucht es eine Reform der Netzentgelte, damit Thüringen nicht für den Durchleitungsservice noch zur Kasse gebeten wird. Und wir setzen auf Technologeioffenheit zur Erhöhung des Energieangebotes.
  3. Steuern: Hier sind die Eingriffsmöglichkeiten auf Landesebene beschränkt, wir haben jedoch bereits aus der Opposition heraus die Grunderwerbsteuer gesenkt und können sie gegebenenfalls noch weiter senken. Gleichzeitig wollen wir den Kommunen Spielraum verschaffen, die Gewerbesteurer zu senken.
  4. Bürokratie: Hier braucht es einen neuen Geist, der Behörden als Dienstleister versteht. Zudem wollen wir Mechanismen zum Bürokratieabbau festschreiben über das 1-In-2-Out-Prinzip, die 8-Wochen-Genehmigungsfiktion, Stichtagsregelungen für Meldepflichten, sowie das Once-Only-Prinzip, das Mehrfachmeldungen an verschiedene Behörden abschafft.

Überregulierung vermeiden: Vorschriften, die Bundes- und Europarecht umsetzen, werden wir daraufhin überprüfen, ob es sich um eine 1:1-Umsetzung handelt. Überregulierung lehnen wir ab und werden wir konsequent zurückfahren.

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