Sonntag, September 1, 2024

W+M-Parteien-Umfrage: Thüringen hat die Wahl. Andreas Schubert (Die Linke)

Am 1. September wählen die Bürger und Bürgerinnen den neuen Sächsischen Landtag. Eine richtungsweisende Entscheidung auch für die sächsische Wirtschaft. Deshalb hat Wirtschaft+Markt die Positionen der Parteien zu wichtigen wirtschaftspolitischen Themen in Sachsen abgefragt. Die Antworten der wirtschaftspolitischen Sprecher haben wir thematisch zugeordnet und gesondert veröffentlicht.

Hier die Antworten von Andreas Schubert (Die Linke),

Sprecher für Wirtschaftspolitik der Fraktion Die Linke

Andreas Schubert (Die Linke), geb. 1970 in Gera, Diplom-Ingenieur für Geophysik, war von  2000 bis 2019 Mitarbeiter im Wahlkreisbüro und ist Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Stadtrat Gera. Er ist seit 2019 Mitglied im Thüringer Landtag und dort im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft sowie im Verfassungsausschuss.

Fotomotiv: AdobeStock

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Wie steht es aus Ihrer Sicht um die Energiewende in Thüringen und wie ist Ihre Position beim Thema „Wind über Wald“?

Die Linke Thüringen steht für dezentrale, regionale und regenerative Energielösungen. Um eine optimale Versorgungssicherheit und einen starken Wirtschaftsstandort (Erhalt des Industrie-Standortes Thüringen und der Arbeitsplätze) zu gewährleisten, müssen vermehrt Anstrengungen unternommen werden, den Prozess der Energiewende in Thüringen zu beschleunigen. Je schneller wir die Energiewende bewältigen und unsere Wirtschaft dekarbonisiert wird, umso größer sind die Zukunftschancen der Thüringer Wirtschaft. Auch unser Nachbarbundesland Bayern hat sich bereits auf den Weg gemacht und den Windkraftausbau auch im Wald ermöglicht. Im Juni 2024 haben wir zudem das Windenergie-Beteiligungsgesetz verabschiedet, bei dem Städte und Gemeinden im Umkreis von 2,5 Kilometern eines Windrades 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde Strom bekommen. Kommunen ist es damit möglich, mehrere zehntausend Euro pro Windrad und Jahr einzunehmen.

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Wie stehen Sie zu Subventionen des Landes für Großansiedlungen wie CATL?

r Thüringen hat die Ansiedlung von CATL eine hohe industriepolitische Bedeutung als Kristallisationspunkt für neue Wertschöpfungsketten von Zukunftstechnologien. Damit ist unser Bundeland aktiv Teil der deutschen und europäischen Transformation in der Autoindustrie. Mit den Subventionen des Landes für die Ansiedlung von Batteriezellenproduzenten kann die Antriebs- und damit die Mobilitätswende gelingen. Zudem setzen wir uns als Die Linke Thüringen für Arbeitsplätze und Standorte ein, die sich nachhaltig entwickeln und den Wirtschaftsstandort Thüringen sowie die Mitarbeitenden vor Ort stärken. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass bei hohen Investitionssummen auch der Mittelstand profitiert und Wertschöpfungsketten entstehen, an denen kleinen Unternehmen und Zulieferer mitverdienen können. Ohne staatliche Investitionsanreize würde Thüringen einen erheblichen Standortnachteil im Wettbewerb mit benachbarten Regionen um neue Industrieansiedlungen erleiden.

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Thüringen steht beim Digital-Ranking des Branchenverbandes BITKOM an letzter Stelle. Was muss für die Digitalisierung getan werden?

Bei den Bewertungsmaßstäben für das Digital-Ranking der Bitkom-Studie fällt auf, dass häufig Stadtstaaten mit geringerer Fläche oder Bundesländer mit hoher Bevölkerungsdichte, einer positiven demografischen Entwicklung und einem hohen BIP pro Kopf gute Ergebnisse erzielen. Das alles trifft auf Thüringen im Vergleich zu anderen Bundesländern weniger zu. Die Linke Thüringen befürwortet dagegen eher Bewertungsmaßstäbe anzusetzen, die sich fair miteinander vergleichen lassen und den Anstrengungsprozess bei Digitalisierungsmaßnahme beleuchten. Für die nächste Legislatur im Thüringer Landtag streben wir als Die Linke einen eigenen Digitalisierungsausschuss an, der sich unter anderem mit Fragen zur Verbesserung und Fortschreitung der digitalen Gesellschaft in Thüringen auseinandersetzen soll. Beispielsweise zu schnellerem Ausbau von Breitband in ländlichen Regionen, Unterstützung von Unternehmen und Verwaltung beim Thema Cybersicherheit, Weiterentwicklung des Thüringer Digitalbonus sowie dem Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen.

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Was sind Ihre Vorschläge für Bürokratieabbau im Land zum Nutzen der Wirtschaft?

Mit einem Fördergesetz für kleine und mittlere Unternehmen wollen wir bürokratische Hürden abbauen, vorhandene Maßnahmen bündeln und zielgenau auf deren Bedürfnisse ausrichten – etwa Vernetzung, Vertriebsstrukturen, Marketing, Marktzugänge, Digitalisierung und Finanzierung. Um bürokratische Hürden langfristig abzubauen, braucht es mehr Digitalisierung beispielsweise in internen Arbeitsabläufe, beim Einreichen von Unterlagen sowie beim Datenschutz und der Cybersicherheit in Unternehmen. Aus unserer Perspektive kommt es nicht auf die Anzahl der Regulierungen an, sondern auf die Eingriffsintensität. Daher ist nicht nur das Land, sondern vor allem der Bund und die EU in der Pflicht, Bürokratie zu reduzieren. Auf Landesebene hat Die Linke Thüringen auch mit der Novellierung des Vergabegesetzes den Prozess eingeleitet, bürokratische Lasten deutlich zu reduzieren.

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Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung des Landes und was sind Ihre Vorschläge zur Verbesserung der Standortbedingungen?

Thüringen hat aufgrund geringer Geburtenraten und einer problematischen Demografie eine herausfordernde ökonomische Situation zu bewältigen. In Zukunft werden viele ältere Menschen in Rente gehen. Die verstärkte Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland erfordert eine schnellere und unbürokratischere Anerkennung von Berufsabschlüssen und ausreichende Möglichkeiten der Nachqualifizierung. Zudem muss das Bundesland Thüringen weg von dem Image der Niedriglohnstrategie hin zu qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen, die ein gutes Leben ermöglichen, auch im Rentenalter. Standortbedingungen wollen wir mit der sozial-ökologischen Transformation hin zu einer Dekarbonisierung der Wirtschaft verbessern, um die Klimawende einzuleiten und den Wirtschaftsstandort Thüringen nachhaltig zu stärken. Dafür haben wir unter anderem das Eigenkapital der Thüringer Aufbaubank um 50 Millionen Euro erhöht, um Nachhaltigkeitsinvestitionen für private Unternehmen und Kommunen auf den Weg zu bringen und die Energiewende schneller voranzutreiben. Bei einer schnellen Dekarbonisierung der Thüringer Wirtschaft gelingt es, das Wirtschaftswachstum substanziell zu beschleunigen – bis 2035 mit einer zusätzlichen Wertschöpfung von 23,5 Milliarden Euro, wie eine Studie im Auftrag des Thüringer Wirtschaftsministeriums 2023 belegte.

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