Sonntag, November 24, 2024

W+M-Parteien-Umfrage: Sachsen hat die Wahl. Prof. Dr. Jörg Scheibe (BSW)

Am 1. September wählen die Bürger und Bürgerinnen den neuen Sächsischen Landtag. Eine richtungsweisende Entscheidung auch für die sächsische Wirtschaft. Deshalb hat Wirtschaft+Markt die Positionen der Parteien zu wichtigen wirtschaftspolitischen Themen in Sachsen abgefragt. Die Antworten der wirtschaftspolitischen Sprecher haben wir thematisch zugeordnet und gesondert veröffentlicht.

Hier die Antworten von Prof. Dr. Jörg Scheibe (BSW)

Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit

Prof. Dr. Jörg Scheibe ist seit Februar 2024 Landesvorsitzender des Landesverbands Sachsen  der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit. Der Ingenieur leitet in Chemnitz ein Ingenieur- und Planungsbüro für Klima-, Sanitär, Heizungs- und Lüftungsanlagen Außerdem leitet er an der Studienakademie Glauchau den Studiengang Versorgungs- und Umwelttechnik.

Banner Landtagswahl in Sachsen 2024. Foto AdobeStock

W+M-Wahlprüfstein 1

Wie kommt der Umbau der sächsischen Lausitz voran und wie beurteilen Sie den bisherigen Einsatz der Fördermittel?

Die Partei Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit legt besonderen Wert auf soziale Gerechtigkeit und ökonomische Vernunft. Der Umbau der sächsischen Lausitz ist ein komplexes und umfangreiches Projekt, das entscheidend für die Zukunft der Region und ihrer Bewohner ist. Er ist ein wichtiger Schritt, um die Region auf eine nachhaltige und zukunftsfähige wirtschaftliche Grundlage zu stellen. Es wurden bereits bedeutende Fortschritte erzielt, insbesondere im Bereich der Infrastrukturentwicklung und der Förderung erneuerbarer Energien. Dennoch gibt es noch viel zu tun, um sicherzustellen, dass der Strukturwandel sozial gerecht und ökonomisch sinnvoll umgesetzt wird.

Der Einsatz der Fördermittel in der sächsischen Lausitz zeigt eine gemischte Bilanz. Einerseits sind erhebliche Summen in Projekte geflossen, die das Potenzial haben, langfristig positive Effekte zu erzielen, wie etwa der Ausbau von Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie die Unterstützung von Innovationszentren. Andererseits gibt es Bedenken hinsichtlich der Effizienz und Zielgerichtetheit einiger Fördermaßnahmen. Aus Sicht der Partei Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit müssen Fördermittel mit Bedacht eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich bei den Menschen vor Ort ankommen und nachhaltige Arbeitsplätze schaffen. Es darf nicht sein, dass Mittel in Prestigeprojekte fließen, die wenig direkten Nutzen für die breite Bevölkerung haben. Stattdessen sollte der Fokus auf die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen gelegt werden, die das Rückgrat der regionalen Wirtschaft bilden, sowie auf die Sicherstellung guter Arbeitsbedingungen und fairer Löhne.

Um den Umbau der sächsischen Lausitz erfolgreich fortzusetzen, ist es entscheidend, dass die Bedürfnisse und Anliegen der örtlichen Bevölkerung in den Mittelpunkt gestellt werden. Dies bedeutet:
Transparenz und Bürgerbeteiligung: Die Bevölkerung muss in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen ihren Bedürfnissen entsprechen.
Gezielte Förderung: Fördermittel sollten gezielt in Projekte fließen, die nachhaltige wirtschaftliche Vorteile bieten und die soziale Gerechtigkeit stärken.
Langfristige Perspektive: Der Strukturwandel muss langfristig geplant werden, um stabile und zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen.
Bildung und Qualifikation: Investitionen in Bildung und berufliche Qualifikation sind essenziell, um die Menschen vor Ort für die neuen Anforderungen des Arbeitsmarktes zu rüsten.

Die Partei Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit wird den Prozess des Strukturwandels weiterhin kritisch begleiten und sich für eine gerechte und vernünftige Verteilung der Fördermittel einsetzen.

W+M-Wahlprüfstein 2

Wie stehen Sie zu Subventionen für Großansiedlungen wie TSMC?

Die Bekanntheit Sachsens als internationaler Industriestandort wird von Leuchttürmen geprägt – insbesondere der Automobil- und Chipindustrie. Diese Unternehmen sollen durch unbürokratische Verfahren und schnelle, verlässliche Entscheidungen der Politik unterstützt werden. Millionenschwere Subventionen müssen ob ihrer Erfordernis und Ihrer langfristigen Wirkung z.B. auch auf die Zulieferindustrie und zu erwartender Steuereinnahmen genau geprüft werden.

W+M-Wahlprüfstein 3

Was sind Ihre Konzepte zur Behebung des Fachkräftemangels?

Es müssen vorausschauende Personalstrategien entwickelt werden, um den zukünftigen Bedarf an Fachkräften zu decken und die Weiterbildung der Arbeitskräfte zu sichern. Mit Programmen zur Förderung der Qualifizierung unter Einbeziehung der Berufsschulen und Hochschulen und der Integration von Arbeitskräften aus dem Ausland werden wir dafür entscheidende Unterstützung bieten.

W+M-Wahlprüfstein 4

Was sind Ihre Vorschläge für Bürokratieabbau im Land zum Nutzen der Wirtschaft? 

Durch die überbordende und bevormundende Bürokratie werden die Unternehmen behindert. Es werden Kostenbelastungen verursacht, kleine Unternehmen von den Förderchancen ausgeschlossen und Innovationen verzögert. Orientiert an der Idee von wirtschaftlicher Vernunft werden wir Prozess verschlanken und transparent machen, Berichts- und Nachweispflichten reduzieren und die Digitalisierung in der Verwaltung beschleunigen.

Mit jedem angeblichen Bürokratie-Entlastungsgesetz der bisherigen Regierungen wurde die Bürokratie nicht weniger, sondern nahm zu. Deshalb muss der sächsische Normenkontrollrat wieder mehr Kompetenzen erhalten, um tatsächlich während der Gesetzgebung  Bürokratieabbau sicherzustellen.

W+M-Wahlprüfstein 5

Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und was sind Ihre Konzepte zur Verbesserung der Standortbedingungen?

Noch verfügt unser Land über eine solide Industrie und einen erfolgreichen, innovativen Mittelstand. Aber die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Unsere öffentliche Infrastruktur ist in einer für ein führendes Industrieland blamablen Verfassung. Seit durch die Russlandsanktionen und vermeintliche Klimapolitik auch noch Energie schlagartig teurer wurde, droht unserem Land der Verlust wichtiger Industrien und hunderttausender gut bezahlter Arbeitsplätze. Wir werden Wert darauf legen, dass das Land seine Verantwortung für Nachhaltigkeit und Klimaschutz in vernünftiger und sozial gerechter Weise wahrnimmt.

Unsere Konzepte:

  • Unbürokratische Verfahren und schnelle, verlässliche Entscheidungen in der Politik und finanzielle und administrative Unterstützung für kleine und mittlere Betriebe in Produktion, Handwerk, Handel, Dienstleistung, Landwirtschaft, Tourismus und weiteren Bereichen.
  • Einen Kohleausstieg vor 2038 wird es mit uns nicht geben.
  • Die Gewinne der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sollen den Bürgern zu Gute kommen. Deswegen wollen wir z.B. Bürgerwind- und Bürgersolarparks fördern.
  • Schnelles Internet in ganz Sachsen – auch in den ländlichen Gebieten.
  • Befreiung von Regulierungshürden bei Startups sowie ein tatsächlicher Bürokratieabbau u.a. durch Stärkung des Sächsischen Normenkontrollrates.
  • Etablierung eines sächsischen Förderscouts, der einen transparenten und gleichberechtigten Zugang zu Förderchancen für alle Unternehmen sicherstellt
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