Berliner Nachfolgezentrale startet im August
In den nächsten zwei Jahren werden Schätzungen zufolge rund 8.600 Unternehmen in Berlin eine Nachfolgeregelung benötigen. Die gemeinsame Nachfolgezentrale von BürgschaftsBank Berlin, IHK Berlin und Handwerkskammer Berlin will Abhilfe schaffen.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz haben Berlins Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Franziska Giffey, IHK-Präsident Sebastian Stietzel, die Präsidentin der Handwerkskammer, Carola Zarth, sowie der Geschäftsführer der BürgschaftsBank Berlin, Steffen Hartung, das Projekt Nachfolgezentrale vorgestellt. Sie soll eine zentrale Anlauf-, Beratungs- und Vermittlungsstelle für Unternehmensnachfolgen in der Hauptstadt werden.
Der Hintergrund: 40 Prozent der betroffenen Unternehmen findet keine passende Nachfolgerin oder Nachfolger. Eines der Haupthindernisse ist das Matching: Umfragen zufolge finden 43 Prozent der Nachfolgeinteressierten kein passendes Angebot.
Dieses Matching will künftig die Nachfolgezentrale kostenfrei leisten. Mit Unterstützung einer hierfür konzipierten Matching-Datenbank wollen die Mitarbeitenden der Nachfolgezentrale die Unternehmen auf Nachfolgesuche und Nachfolgeinteressierte zusammenbringen. Insgesamt sind drei Planstellen für die Nachfolgezentrale vorgesehen, die in den Räumlichkeiten der BürgschaftsBank Berlin ab 1. August ihre Arbeit aufnehmen soll.
Franziska Giffey erklärte ihre Unterstützung des Projekts: „Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe fördert die Etablierung einer Anlaufstelle für die Unternehmensnachfolge mit 600.000 Euro, damit Betriebe in und für Berlin erhalten bleiben.“ Sie verwies darauf, dass bei rund 180.000 Unternehmen in der Stadt die Zahl der Unternehmen, in denen die Geschäftsführer älter als 55 Jahre sind, bei etwa 95.000 läge. Für diese Unternehmen stelle sich in den nächsten zehn Jahren ganz konkret die Nachfolgefrage. Die bisherigen Vermittlungsangebote in diesem Bereich sind aus Sicht der Senatorin zu anonym. Es fehle die persönliche Beratung. So kämen bei der bekanntesten Nachfolgeplattform Nexxt-change auf 228 Berliner Nachfolgesuchende nur 31 Interessenten.
Auch Sebastian Stietzel, Präsident der IHK Berlin, sieht eine dringende Notwendigkeit für ein koordiniertes Angebot: „Berlin kann es sich nicht leisten, in den nächsten Jahren tausende Unternehmen zu verlieren. Die Nachfolgezentrale wird wie ein Brückenbauer fungieren, der moderne Unternehmer mit zeitgemäßen Geschäftsmodellen mit traditionellen Nachfolgeunternehmen verbindet und so die Lücke im schwierigen Matching-Prozess schließt.“
Besonders drängend ist das Problem im Berliner Handwerk. Carola Zarth, Präsidentin der Handwerkskammer Berlin, betonte deshalb: „In Zeiten des Fachkräftemangels ist es umso wichtiger, die Weichen für eine erfolgreiche Übergabe zu stellen. Diese Aufgabe kann ein zielgerichtetes Matching erfolgreich lösen und dabei auch Zielgruppen abseits des Mainstreams erschließen.“
Steffen Hartung, Geschäftsführer der BürgschaftsBank Berlin, berichtete von Erfahrungen eines ähnlichen Projekts in Mecklenburg-Vorpommern, das sich mittlerweile erfolgreich entwickelt hat. Die Nachfolgezentrale möchte vermehrt auch Gründungswillige für das Thema Nachfolge sensibilisieren, etwa an Universitäten oder Meisterschulen.
Bernhard Deutz, Inhaber von „Die Klangwerkstatt Bernhard Deutz“, schilderte das Problem aus Unternehmersicht. Deutz baut seit über 35 Jahren Instrumente für die Musik- und Klangtherapie. Mittlerweile steuert der Firmengründer auf sein 70. Lebensjahr zu und sucht deshalb einen motivierten Nachfolger oder eine Nachfolgerin für seinen Betrieb mit drei Mitarbeitenden im Prenzlauer Berg. Das Angebot des Unternehmens reicht von der Neuentwicklung und dem Bau hochwertiger Klangkörper über Seminare zum Selbstbau der Instrumente bis hin zu Klangkursen. Seine Instrumente haben ein Alleinstellungsmerkmal, sind deshalb in der Klangtherapie sehr gefragt. „Ich suche seit einem Jahr sehr intensiv nach einer Nachfolgelösung. Ich könnte mir auch ein Nachfolgetandem vorstellen, das sich die Aufgaben im Unternehmen aufteilt. Es muss nicht unbedingt ein Instrumentenbauer sein, da die handwerkliche Seite durch die Mitarbeiter gut abgedeckt ist“, so Deutz.
Auch auf den einschlägigen Portalen hat der Berliner bereits inseriert. „Es ist dort ein sehr anonymer Prozess. Zahlreiche Nutzer haben sich mein Inserat angeschaut, aber es gab keinen Kontakt. Man erfährt nicht, warum diese Nutzer sich interessiert und dann doch wieder Abstand genommen haben.“ Gerade im kreativen Kulturbereich fehle es aus der Sicht von Bernhard Deutz an passenden Angeboten für Nachfolgesuchende. Es brauche vor allem bessere Informationen für potenziell Gründungswillige.