Unternehmensnachfolge – auch und insbesondere eine „ostdeutsche Notwendigkeit“! Ein Beitrag von Prof. Thomas Brockmeier, Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau und Mitinitiator der NFOst – Initiative Nachfolge Ostdeutschland.
In Deutschland herrscht Unternehmermangel, in Ostdeutschland insbesondere. Zwar wirkt die Grundproblematik in beiden Landesteilen auf den ersten Blick durchaus ähnlich: ein über Jahre negativer Gewerbesaldo lässt die Anzahl der Unternehmen schrumpfen, das Unternehmerbild in Medien und Öffentlichkeit gibt nicht gerade zum lautstarken Jubel Anlass, in den meisten Schulen ist das Stichwort „Unternehmertum“ noch immer ein Fremdwort, die wirtschaftliche Selbständigkeit fristet ein Schattendasein, wenn es um die Berufswahl geht etc. pp.
In Ostdeutschland allerdings ist das Problem gravierender – und zwar nicht allein deshalb, weil hier der Unternehmensbesatz im Durchschnitt ohnehin geringer und etwas „schwächer“ ist als in Westdeutschland (Eigenkapitalbasis etc.). Sondern es gibt ein echtes Sonderproblem: Durch einen, wenn man so will, „historischen Zufall“ ist mit Blick auf den ostdeutschen Unternehmensbestand und dessen Sicherung so etwas wie ein „Klumpenrisiko“ zu beklagen: Ein beachtlich großer Teil der heute am Markt aktiven Unternehmen ist während eines einzigen Dezenniums gegründet worden: zwischen 1990 und 1999 – im ersten Jahrzehnt nach der sog. „Wende“. Die Generation der damaligen Gründer tritt nun ab – grob gerechnet ebenfalls innerhalb eines Jahrzehnts. Das bedeutet schlicht: Ein überproportionaler Teil des ohnehin nicht gerade überragend starken Unternehmensbestandes in Ostdeutschland steht innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums zur Übergabe an. In Westdeutschland hingegen verteilt sich dies gewissermaßen „gleichmäßig“ über die Zeit, also über viele Jahrgänge, nicht über mehr oder weniger eine einzige Alterskohorte.
Im Kern bedeutet dies: Jede nicht gelingende Übernahme bzw. Nachfolge stellt in Ostdeutschland ein ungleich höheres Risiko für die Schwächung des Unternehmensbestandes dar als in den sog. „alten“ Bundesländern!
Genau aus diesem Grunde sind wir gut beraten, die Kräfte zu bündeln. Wir sollten – gleichsam im Rahmen einer „konzertierten Aktion“ – nichts unversucht zu lassen, um den Unternehmensbestand in Ostdeutschland zu sichern. (Unnötig zu erwähnen, dass dies zugleich ein Beitrag zur Stabilisierung der bundesdeutschen Wirtschaft insgesamt bedeuten würde…).