Berlin, 16. Mai 2024. Aus Anlass des Ostdeutschen Wirtschaftsforums (OWF), der führenden Wirtschaftskonferenz in Ostdeutschland, werden jährlich die wirtschaftliche Lage und Herausforderungen ostdeutscher Unternehmen im OWF-Transformationsbarometer ermittelt.
Die Kernergebnisse der diesjährigen Studie lassen auf eine ambivalente Lage in der ostdeutschen Wirtschaft schließen:
Jedes zweite Unternehmen mit guter Geschäftsentwicklung, dennoch drücken herausfordernde Rahmenbedingungen die Stimmung
Über die Hälfte (51,5 %) der Entscheider*innen in ostdeutschen Unternehmen verzeichneten ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2023. Trotz dieses Erfolgs benennen die Befragten erhebliche Herausforderungen in den ostdeutschen Bundesländern, allen voran Mitarbeitende zu finden und zu halten (rangiert an erster Stelle bei 56,4 %) sowie die Besorgnis über politische Radikalisierung (34,6 %) und einen hohen Wettbewerb (31,8 %). Das trübt die Stimmung: Nur rund 29 Prozent der Befragten schätzen die wirtschaftliche Lage insgesamt als gut ein; rund 50 Prozent als negativ oder sogar sehr negativ.
Wirtschaftspotenzial Ostdeutschlands ist ungebrochen hoch
Trotz Krisen wird das Wirtschaftspotenzial der ostdeutschen Bundesländer konstant hoch eingeschätzt: Rund 59 Prozent der Entscheider*innen bescheinigen ein großes bis sehr großes Potenzial (2023: rund 56 %; 2022: rund 60 %). Wachstumsfelder sind insbesondere die Erneuerbaren Energien (36 %) und Mikroelektronik (33,5 %). Für erstere prognostizieren die Entscheider*innen in Mecklenburg-Vorpommern das stärkste Wachstum, für zweitere die Befragten in Sachsen.
Weiterhin hohe Unzufriedenheit mit der Politik
Eine deutliche Mehrheit (69,7 %) der Befragten fühlt sich von der Politik nach wie vor unzureichend unterstützt (2023: 68,4 %; 2022: 61,2 %). Größter Schmerzpunkt ist weiterhin der Dauerbrenner Bürokratieabbau: 72 Prozent der Entscheider*innen in Ostdeutschland wünschen sich, dass die Politik endlich vereinfachende Lösungen schafft. Mit nur etwa der Hälfte des Zustimmungswerts stehen auf Platz zwei und drei der Wunschliste bessere Anreize für Familienansiedlungen sowie die Stärkung von Wissenschaft und Forschung. Rund ein Viertel der Unternehmen wünscht sich außerdem, dass die Integration ausländischer Fachkräfte erleichtert wird.
Nachhaltigkeit hat steigende Wirtschaftsrelevanz
Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung für Unternehmensinvestitionen: Bei rund 47 Prozent der Unternehmen spielt sie (im Hinblick auf Ökologie, Soziales und Unternehmensführung) bei Investitionsentscheidungen inzwischen eine eher große bis sehr große Rolle. Das ist eine deutliche Zunahme gegenüber dem letzten Jahr. Bei großen Unternehmen liegt der Wert leicht höher als bei kleinen und mittleren Unternehmen. Das Thema zeigt gleichzeitig eine deutliche Spaltung: Etwa ebenso viele Unternehmen geben an, dass Nachhaltigkeit für sie bislang nur eine kleine oder keine Rolle bei Investitionsentscheidungen spielt.
Dr. Philipp Mehne, Geschäftsführer Deutschland – Land der Ideen: „Die Umfrageergebnisse machen einen deutlichen Widerspruch sichtbar zwischen der Einschätzung des Erfolgs im eigenen Unternehmen und der Wahrnehmung der Gesamtsituation am Standort Ostdeutschland. Man könnte vereinfacht sagen: Die Stimmung am Standort scheint schlechter zu sein als die Lage. Das kann viele Ursachen haben, auf jeden Fall aber liegt darin eine Herausforderung für die Politik, den Wandel am Standort und die dabei erreichten Erfolge besser zu erklären.“
Tilo Hacke, Vorstandsmitglied der Deutschen Kreditbank AG (DKB): „Die überwiegend schlechte Stimmung in der Wirtschaft ist ein besorgniserregendes Ergebnis. Der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft ist ein Megaprojekt, für das es Zuversicht und eine gemeinsame, einende Zukunftsvision braucht. Solange jedoch pressierende Herausforderungen wie Fachkräftemangel und Bürokratie ganz oben auf der Tagesordnung stehen müssen, fehlen zwangsläufig Kapazitäten für langfristige Themen. Es muss deshalb oberste Priorität sein, die drängenden Herausforderungen politisch anzugehen und Wirtschaftsbedingungen zu verbessern.“
Zum Transformationsbarometer
Das OWF-Transformationsbarometer dient dazu, die Transformationsprozesse in Ostdeutschland kontinuierlich und fundiert zu messen. Ziel ist es, die Bedürfnisse und Herausforderungen der Wirtschaft in Ostdeutschland besser zu verstehen und sichtbar zu machen. Die Ergebnisse fließen in die Diskussionen im Rahmen des vom 2. bis 4. Juni in Bad Saarow stattfindenden Ostdeutschen Wirtschaftsforums 2024 ein, bei dem sich die führende Wirtschaftselite und Politik drei Tage treffen, zuhören und austauschen.
Für das Transformationsbarometer 2024 wurden 1.500 privatwirtschaftliche Entscheider*innen in Unternehmen in Ostdeutschland mit mindestens 10 Mitarbeitenden zwischen dem 16. Februar und 4. April 2024 befragt. Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat die Studie im Auftrag der Standortinitiative Deutschland – Land der Ideen in Partnerschaft mit der Deutschen Kreditbank AG (DKB) durchgeführt.
Alle Ergebnisse können hier abgerufen werden: Transformationsbarometer 2024