Mit dem Länderreport Sachsen setzt Wirtschaft+Markt die im ersten Halbjahr 2023 mit Brandenburg, Thüringen begonnene Recherche-Serie fort. Auch diesen Report werden wir in mehreren Teilen veröffentlichen, denn es gibt mehr zu berichten, als man so gemeinhin denkt.
Teil 1 – 14.10.2023: Die TSMC-Fabrik beflügelt Sachsens Wirtschaft
Teil 2 – 21.10.2023: Sachsens Automobilbranche im Wandel
Teil 3 – 28.10.2023: Schwächen bei erneuerbaren Energien
Teil 4 – 04.11.2023:Life Sciences mit großem Potenzial
Teil 5 – 18.11.2023: Die Wiege des Maschinenbaus
Teil 6 – 25.11.2023: Wichtige Drehscheibe für die Logistik/Umbau der Kohleregionen schreitet voran
Teil 1: Die TSMC-Fabrik beflügelt Sachsens Wirtschaft
In Brandenburg produziert Tesla, Sachsen-Anhalt bekommt Intel – nun ist auch Sachsen ein wichtiger Erfolg auf dem Weg zum Industriestandort von Morgen gelungen: Der taiwanesische Halbleiterhersteller TSMC baut in Dresden eine Waferfabrik. Sachsen hofft auf eine Initialzündung für weitere Ansiedlungen.
„Die Ansiedlung von TSMC ist die größte Einzelinvestition eines Unternehmens in der Geschichte des Freistaates Sachsen“, freut sich Thomas Horn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH, über das prestigeträchtige Vorhaben. Gemeinsam mit der Robert Bosch GmbH, der Infineon Technologies AG und der NXP Semiconductors N.V. wollen die Taiwanesen in Dresden eine 300-mm-Wafer-Fertigungsstätte aufbauen. Wirtschaftsförderer Thomas Horn ist sich sicher: „Die Entscheidung von TSMC wird uns starken Rückenwind geben, um weitere Neuansiedlungen und Erweiterungsinvestitionen für Sachsen zu gewinnen, die das bereits bestehende sehr leistungsfähige Zulieferernetzwerk noch weiter stärken können. Dies nützt der gesamten Branche.“
Die geplante Fabrik ist auf eine monatliche Produktionskapazität von 40.000 300-mm-Wafern ausgelegt und soll etwa 2.000 direkte Arbeitsplätze in der Landeshauptstadt schaffen. Der Baubeginn wird für die zweite Hälfte des Jahres 2024 angestrebt, die Produktion soll dann bis Ende 2027 ins Rollen kommen. TSMC ist der größte Chipauftragsfertiger der Welt. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig hofft auf Effekte für die gesamte sächsische Wirtschaft: „Auch die breite Zulieferindustrie und der sächsische Mittelstand werden von dieser Investition profitieren. TSMC ist eine gute Ergänzung zum E-Auto-Standort Sachsen. Denn ein E-Auto benötigt heute bis zu 1.500 Chips. Hier kommt zusammen, was zusammengehört.“
Silicon Saxony als Aushängeschild
In Dresden und Umgebung dreht sich bereits jetzt vieles um die Mikroelektronik. Der „Silicon Saxony“ getaufte Standort ist Europas größtes Cluster der Halbleiterbranche und das fünftgrößte weltweit. Jeder dritte in Europa produzierte Chip kommt mit dem Signum „Made in Saxony“ auf den Markt. Rund 2.500 Unternehmen mit nahezu 76.000 Mitarbeitern sind in Sachsen in allen Bereichen der IKT-Branche aktiv. Die Mitarbeiterzahlen stiegen von 2021 auf 2022 um 4,2 Prozent. Bis 2030 rechnet der Branchenverband Silicon Saxony mit einer weiteren Steigerung der Beschäftigtenzahlen um etwa ein Drittel. Einen ähnlichen Aufschwung nimmt die sächsischen Softwareindustrie, die derzeit über 35.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt. Kein anderer Industriezweig wächst am Industriestandort Sachsen dynamischer.
TSMC wird in der Region auf andere Größen der Branche treffen. Zuvor haben sich hier bereits die Chip-Werke von Globalfoundries, Infineon, Bosch und X-Fab angesiedelt. Globalfoundries Dresden zählt zu den modernsten Waferfabriken weltweit. Infineon baut ebenfalls ein neues Werk in Dresden. Es ist mit einem Investitionsvolumen von fünf Milliarden Euro die größte Einzelinvestition in der Geschichte des Unternehmens. Der Start der erweiterten Fertigung ist für 2026 geplant. Rund 1.000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Dresden gilt als einer der größten Infineon-Standorte für Fertigung, Technologie- und Produktentwicklung mit rund 3.200 Beschäftigten. X-Fab fertigt in Dresden 8-Zoll-Wafer in CMOS- und MEMS-Technologien.
Auch der Jenoptik-Konzern baut eine Hightech-Fabrik im Airportpark Dresden. Dort sollen ab Anfang 2025 Mikrooptiken und Sensoren für die Halbleiterausrüstung gefertigt werden. Dresden ist als Hauptstandort für die Mikrooptik-Aktivitäten des Konzerns vorgesehen. Auch die ZEISS-Gruppe investiert einen zweistelligen Millionenbetrag in der Elbmetropole. Für Dresden spricht aus der Sicht von ZEISS auch die Nähe zur TU Dresden. Am Standort Dresden ist Jenoptik seit 2007 aktiv und beschäftigt aktuell knapp 90 Mitarbeiter. Die Mitarbeiterzahl wird sich auf insgesamt mehr als 120 Beschäftigte erhöhen.
Die Forschungsexpertise in der Region lockt auch das US-amerikanische Unternehmen Applied Materials, spezialisiert auf die Fertigung von elektronischen Bauelementen zur Herstellung von Halbleitern. Gemeinsam mit dem Dresdner Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS, Deutschlands führendem Forschungszentrum für Halbleiter auf 300-mm-Wafern, wollen die Amerikaner eines der größten Technologiezentren für Halbleitermetrologie und Prozessanalyse in Europa aufbauen. Es soll am Center Nanoelectronic Technologies (CNT) des Fraunhofer IPMS in Dresden angesiedelt werden. Das IT-Netzwerk Silicon Saxony erstreckt sich aber auch über die Stadtgrenzen von Dresden hinaus. Die Siltronic AG, der weltweit viertgrößte Hersteller von Siliziumwafern, ist beispielsweise in Freiberg einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region und kooperiert eng mit der TU Bergakademie Freiberg.