Auch nach Meseberg gibt es noch keine Klarheit in Sachen Industriestrompreis. Der Bundeswirtschaftsminister würde ihn gern einführen, der Bundesfinanzminister ist dagegen und der Kanzler wohl auch?
Wir haben Prof. Reint Gropp, den Präsidenten des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle dazu gefragt.
Was hat es mit dem Industriestrompreis auf sich?
Reint Gropp: Der Strompreis soll für bestimmte Unternehmen/Sektoren (insb. die sehr energieintensive Chemieindustrie) unter den gegenwärtigen Marktpreis gedrückt werden, mit dem Ziel, die Produktion in Deutschland zu halten. Sowohl die Unternehmen selbst als auch die betroffenen Bundesländer üben zurzeit starken Druck auf die Bundesregierung aus, hier zumindest als Übergang aktiv zu werden. Das Problem mit einem subventionierten Strompreis ist, dass er die falschen Anreize setzt. Wenn wir tatsächlich 2040 oder möglichst vorher CO2-frei sein wollen, dann brauchen wir starke Anreize für energieintensive Unternehmen in Technologien zu investieren, die den CO2-Ausstoß und den Energieverbrauch reduzieren. Wenn wir diesen Unternehmen die Anreize nehmen, müssen andere einen größeren Teil der Anpassungslast tragen, wie Haushalte oder andere Unternehmen. Es ist auch wichtig zu verstehen, dass allein die Diskussion um den subventionierten Industriestrompreis kontraproduktiv ist, weil Unternehmen abwarten und nicht in neue Technologien, die den Energieverbrauch senken, investieren. Wenn der subventionierte Strompreis tatsächlich kommt, stehen die Unternehmen, die teure Investitionen in neue energie-effizientere Prozesse getätigt haben, wie die Dummen da.
Was wäre eine mögliche Alternative?
Reint Gropp: Um Abwanderung zu verhindern, sollte die Bundesregierung sich für Klimazölle auf der EU-Ebene einsetzen. Das würde dazu führen, dass Importe, die sehr energieineffizient und mit hohem Energieverbrauch produziert wurden, teurer werden. Damit könnte sich in vielen Fällen die Produktion in Deutschland weiterhin lohnen. Trotzdem wird es auf absehbare Zeit so sein, dass sich Produktion in Deutschland weniger lohnt. Das ist ein Prozess, den alle Industrieländer durchlaufen. Die Antwort darauf ist nicht, verzweifelt mit Subventionen Produktion im Land zu halten versuchen, sondern in Stärken zu investieren, wie in Forschung und Entwicklung, Digitalisierung, Infrastruktur.