Halle (Saale). Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ist im April nicht weiter gestiegen, zeigt die aktuelle Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Allerdings waren erneut überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze betroffen.
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im April bei 931. Das sind in etwa so viele Insolvenzen wie im März, jedoch 22 Prozent mehr als im April des vorigen Jahres.
Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10 Prozent der Unternehmen, deren Insolvenz im April gemeldet wurde, knapp 14.000 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten liegt im April damit 170 Prozent über dem Vorjahreswert und 47 Prozent über dem Wert eines durchschnittlichen Aprils der Jahre vor der Corona-Pandemie (vgl. Abbildung 2). Im April entfielen besonders viele von einer Großinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze auf die Wirtschaftsbereiche „Gesundheits- und Sozialwesen“ (6 800 Arbeitsplätze) und „Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen“ (2.800 Arbeitsplätze). Zudem waren 1.700 Industriearbeitsplätze betroffen.
Für die volkswirtschaftliche Bewertung des Insolvenzgeschehens ist nicht in erster Linie die Anzahl der Insolvenzen, sondern vielmehr die Größe der betroffenen Unternehmen relevant, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität und der dort angesiedelten Insolvenzforschung. „Das Insolvenzgeschehen liegt bereits seit einem halben Jahr auf erhöhtem Niveau“, stellt Müller vor diesem Hintergrund fest. Stand um den Jahreswechsel vor allem die Industrie im Fokus, sind nun Dienstleistungsbereiche in den Vordergrund gerückt. „Für die kommenden Monate erwarten wir keine weitere Verschärfung der Insolvenzlage“, sagt Müller.
Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.
Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab. Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet. Die Zahl der Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die monatliche Zahl der Regelinsolvenzen schwankt sehr viel stärker als die Zahlen des IWH-Insolvenztrends.