Mittwoch, Dezember 11, 2024

Ostdeutsche Wirtschaft bisher gut durch Energiekrise gekommen

Im Jahr 2022 hat die ostdeutsche Wirtschaft mit 3,0% deutlich stärker expandiert als die Wirtschaft in Westdeutschland (1,5%). Hintergrund ist eine robustere Entwicklung der Arbeitnehmer- und Rentnereinkommen. Auch für das Jahr 2023 prognostiziert das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) deshalb mit 1% eine höhere Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts in Ostdeutschland als in Deutschland insgesamt (0,3%). Die Arbeitslosenquote dürfte mit 6,8% im Jahr 2023 und 6,7% im Jahr darauf in etwa stagnieren.

Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose konstatiert in ihrem Frühjahrsgutachten, dass der konjunkturelle Rückschlag für die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr 2022/2023 glimpflicher ausgefallen sein dürfte als im Herbst befürchtet. Denn die an­gebotsseitigen Störungen, insbesondere die Gefahr eines akuten Lieferengpasses bei Erdgas, haben nachgelassen.

Insgesamt ist die ostdeutsche Wirtschaft recht gut durch die Energiekrise des vergangenen Jahres gekommen:

Laut Angaben des Arbeitskreises „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“ hat die Wirtschaftsleistung um 3,0% und damit um 1,5 Prozentpunkte stärker expandiert als in Westdeutschland (1,5%). Um 1,5% legte dabei die Wertschöpfung im ostdeutschen Verarbeitenden Gewerbe zu.

Der sehr hohe Zuwachs von 13,4% in Brandenburg geht wohl zu einem Gutteil auf die Aufnahme der Autoproduktion im Tesla-Werk Grünheide zurück.

In Ostdeutschland ohne Brandenburg hat das Verarbeitende Gewerbe, so wie in Deutschland insgesamt, lediglich stagniert. Die Bauproduktion ging im Osten mit 3,5% noch etwas stärker als im Rest des Landes zurück. Dagegen hat die Wertschöp­fung im gewichtigen Dienstleistungsbereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Informa­tion und Kommunikation (Wirtschaftsbereiche G bis J) mit 4,4% in den ostdeutschen Flächenländern und 9,2% in Berlin deutlich stärker zugelegt als in Westdeutschland (3,5%). „Hintergrund dürfte neben Nachholeffekten nach Ende der Pandemie eine ro­buste Entwicklung der privaten verfügbaren Einkommen sein“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident am Leibniz-Institut für Wirt­schaftsforschung Halle (IWH). Seit der Mindestlohn im Oktober 2022 auf 12 Euro je Stunde angehoben wurde, ist er um ein Viertel höher als im Jahr 2021, was in Ost­deutschland wegen des höheren Anteils der Mindestlohnempfänger von größerer Be­deutung ist als in Westdeutschland. Auch deshalb sind die Bruttolöhne und -gehälter je Beschäftigten mit 6,4% deutlicher gestiegen als in Deutschland insgesamt (4,7%). Die realen (um den Konsumdeflator preisbereinigten) Bruttolöhne und -gehälter je Beschäftigten waren in Ostdeutschland im Jahr 2022 um 12½% höher als im Jahr 2015, in Deutschland insgesamt nur um gut 4%. Trotz der höheren Lohnkosten und trotz einer ungünstigeren demographischen Entwicklung expandiert die sozialver­sicherungspflichtige Beschäftigung im Osten ebenso wie im Westen deutlich.

„Auch im Jahr 2023 dürften die Einkommen in Ostdeutschland kräftiger expandieren als im Westen“,

sagt Holtemöller. „Denn im Sommer wird die gesetzliche Rente um 5,9% und damit um 1,5 Prozentpunkte stärker zunehmen als im Westen.“ Die Anglei­chung des Rentenwertes ist damit erreicht, und künftig wird die Rentenanpassung im ganzen Land einheitlich erfolgen. Für die erste Jahreshälfte 2023 rechnet die Gemein­schaftsdiagnose mit einem verhaltenen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Produk­tion in Deutschland, im weiteren Prognosezeitraum dürfte der Zuwachs aufgrund der nachlassenden Lieferengpässe und Belastungen durch die Energiepreise voraussicht­lich etwas höher ausfallen. Dies dürfte auch für Ostdeutschland gelten. Wegen der kräftigeren Entwicklung der privaten Einkommen (auf freilich immer noch niedrige­rem Niveau) dürfte die ostdeutsche Produktion mit 1,0% im Jahr 2023 etwas stärker expandieren als in Deutschland insgesamt (0,3%), vgl. Abbildung. Für das Jahr 2024 werden sich die Expansionsraten wohl angleichen (1,5%). Die ostdeutsche Arbeits­losenquote nach der Definition der Bundesagentur für Arbeit bleibt nach 6,7% im Jahr 2022 mit 6,8% im Jahr 2023 und 6,7% im Jahr 2024 in etwa konstant.

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