50Hertz: Erneuerbaren-Anteil auf Rekordwert 65 Prozent gestiegen – Aber mehr Tempo für Ziel Klimaneutralität erforderlich

Im Rahmen der Bilanzpressekonferenz von 50Hertz wurde darüber informiert, dass das Unternehmen bis 2027 insgesamt 8,7 Milliarden (Mrd.) Euro für Investitionen in die Netzinfrastruktur plant, zahlreiche Stromleitungen im Bau oder vor Baubeginn sind und der Genehmigungsbedarf noch zunehmen wird.

Trotz der angespannten Lage auf den Energiemärkten und den Engpässen bei Gaslieferungen war die System- und Versorgungssicherheit in diesem Winter zu keiner Zeit gefährdet. Neben den von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnahmen zur Versorgungssicherheit und Systemstabilität sowie den milden Temperaturen spielten Windkraft, Photovoltaik und Biomasse dabei eine tragende Rolle, teilte der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz heute bei seiner Bilanzpressekonferenz in Berlin mit. Im Netzgebiet von 50Hertz stieg 2022 der Anteil der Erneuerbaren Energien am Jahresstromverbrauch auf den neuen Höchststand von 65 Prozent. Zusätzlich wirkten die Erneuerbaren preisdämpfend. An Tagen mit hoher Wind- und Solarstromeinspeisung drückten sie die hohen Börsenstrompreise nach unten.

Insgesamt gab es im Netzgebiet von 50Hertz im vergangenen Jahr einen Zubau bei Erneuerbare-Energien-Anlagen in Höhe von 2.500 Megawatt (MW), davon über 1.800 MW Photovoltaik und 700 MW Windkraft an Land. Insgesamt ist im Osten Deutschlands und Hamburg inzwischen eine Erneuerbaren-Leistung von über 40.000 MW installiert. „Wir sehen bei der Photovoltaik einen deutlichen Aufwärtstrend und rechnen damit, dass durch den Netzanschluss großer Freiflächenanlagen aber auch durch den Boom bei privaten Dachanlagen der Zubau in diesem und in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen wird“, sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der Geschäftsführung von 50Hertz. Dagegen nehme der Ausbau der Windenergie an Land nur langsam Fahrt auf. „Die von der Bundesregierung beschlossenen Gesetze werden mittelfristig Wirkung entfalten, aber im Moment reicht das Ausbautempo in diesem Segment nicht aus, um die ambitionierten Energiewende- und Klimaschutzziele bis 2030 – und auch die Ziele unserer eigenen Unternehmensstrategie 100 Prozent bis 2032 – zu erreichen.“

Stefan Kapferer. Foto:50Hertz

250 Kilometer Höchstspannungsleitungen im Bau

Beim Netzausbau sieht 50Hertz deutliche Fortschritte, da jetzt immer mehr Projekte aus den langen Genehmigungsverfahren in die Umsetzungsphase kommen. Derzeit baut oder verstärkt 50Hertz Freileitungen und Erdkabel auf einer Länge von rund 250 Kilometern und hat über 600 Kilometer Leitungen in Betrieb genommen, die im Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) und im Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) bestätigt wurden. „Aber ganz klar: Ebenso wie der Ausbau der Erneuerbaren muss der Netzausbau schneller vorankommen, um Netzengpässe zu beseitigen und die Kosten für das Engpassmanagement zu reduzieren“, sagte Stefan Kapferer. „Vereinfachungen in den Genehmigungsverfahren sind ein erster wichtiger Schritt, aber auch die personelle und technische Ausstattung der zuständigen Behörden, insbesondere auf Kommunal- und Landesebene, muss besser werden. Nur so kann es gelingen, den in Zukunft noch weiter ansteigenden Genehmigungsbedarf für das Klimaneutralitätsnetz der Zukunft zu bewältigen“, so der 50Hertz-CEO.

Derzeit befinden sich bei 50Hertz 1.700 Leitungskilometer in Genehmigungsverfahren. Zusätzlich wird 50Hertz die gesamte Netzinfrastruktur stärken, um mehr Erneuerbare Energien aus den angeschlossenen Verteilnetzen aufzunehmen und das Netz stabil halten zu können. Dazu gehört u.a. die Installation von Phasenschiebern zur Steuerung von Stromflüssen und von Blindleistungskompensationsanlagen zur Spannungshaltung in zahlreichen Umspannwerken.

Weitere Offshore-Netzanbindungen in Nord- und Ostsee in der Umsetzung und Planung

In Schwung kommt nach einigen Jahren der Flaute der Ausbau der Windkraft-Kapazitäten auf dem Meer. Die Bundesregierung hat die Ausbauziele im Wind-auf-See-Gesetz angehoben und die entsprechend notwendigen Flächen im Flächenentwicklungsplan für Nord- und Ostsee ausgewiesen. Bis Anfang der 2030er Jahre will 50Hertz Offshore-Windparks in der Ostsee mit einer Gesamtleistung von fast 5.000 MW anschließen. Derzeit speisen vier Offshore-Windparks in der Ostsee ihren Strom über 50Hertz-Netzanbindungen mit einer Gesamtleistung von über 1.000 MW ein. In diesem Jahr soll der Windpark Arcadis Ost 1 vollständig in Betrieb gehen, die Umspannplattform für den Windpark Baltic Eagle wurde gerade vor der Küste Rügens installiert, sodass Ende 2024 dann eine zusätzliche Offshore-Leistung von 750 MW zu Verfügung steht. Unter anderem über ein Stromdrehkreuz im Raum Heide in Schleswig-Holstein und die Gleichstromverbindung NordOstLink wird 50Hertz sich auch an der Erschließung der Offshore-Kapazitäten in der Nordsee beteiligen. Fest geplant ist die Netzanbindung LanWin 3 mit einer Leistung von 2.000 MW, weitere sollen folgen. In Zukunft wird 50Hertz der einzige deutsche Übertragungsnetzbetreiber sein, der in Nord- und Ostsee aktiv ist.

50 Hertz Arkona. Foto: 50Hertz

Neben dem Ausbau der Stromnetzinfrastruktur an Land und auf See ist die Weiterentwicklung des Strommarktdesigns ein drängendes Thema. Stefan Kapferer: „Um die Versorgungssicherheit und Netzstabilität in den kommenden Jahren aufrechtzuerhalten, braucht es auf Erzeugungsseite ausreichend Backup-Kapazitäten und auf Verbrauchsseite die netzdienliche Einbindung von Wärmepumpen, Elektrofahrzeugen oder dezentralen Speichersystemen. Der Markt benötigt verlässliche Rahmenbedingungen für entsprechende Investitionen in regelbare neue Kraftwerke und Flexibilitäten. Diese müssen schneller kommen als der Ausstieg aus der Kohleverstromung voranschreitet.“

Rekordinvestitionen in die Netzinfrastruktur

50Hertz überschritt erstmals bei den Investitionen mit 1,086 Mrd. Euro die Milliardengrenze. Auf dem Weg in das Stromnetz der Zukunft ist eine weitere Steigerung der Investitionsaktivität erforderlich. In den Jahren 2023 bis 2027 plant 50Hertz 8,7 Mrd. Euro in Strom-Freileitungen, Land- und Seekabel sowie Umspannwerke zu investieren. Das ist mehr als doppelt so viel wie im zurückliegenden Fünfjahres-Zeitraum. „Diese Steigerung werden wir nachhaltig absichern. Über die Hälfte des Volumens sind Fremdfinanzierungen, vor allem über den Kapitalmarkt, aber auch über andere Instrumente“, erklärte Marco Nix, 50Hertz-Finanzgeschäftsführer. Zu diesen Instrumenten gehört ein „Grünes Darlehen“ in Höhe von 600 Mio. Euro, das von sieben Banken über das KfW-Programm „Klimaschutzoffensive für Unternehmen“ bereitgestellt wird. Nix machte deutlich: „Wir begeben uns in ein immer schwieriger werdendes Kapitalmarktumfeld. Eine ausreichende Ertragskraft ist essentiell für die Erhaltung der Finanzierungsfähigkeit und die Teilfinanzierung der Investitionen. Regulatorische Anpassungen bei der Eigenkapitalverzinsung sind daher zwingend notwendig.“ 2022 erzielte 50Hertz ein Jahresergebnis in Höhe von 236 Mio. Euro, das maßgeblich durch einmalige Zinseffekte in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe geprägt ist.

Über 50Hertz

50Hertz betreibt das Stromübertragungsnetz im Norden und Osten Deutschlands und baut es für die Energiewende bedarfsgerecht aus. Unser Höchstspannungsnetz hat eine Stromkreislänge von über 10.000 Kilometern – das ist die Entfernung von Berlin nach Rio de Janeiro. Das 50Hertz-Netzgebiet umfasst die Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen sowie die Stadtstaaten Berlin und Hamburg. In diesen Regionen sichert 50Hertz mit rund 1.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund um die Uhr die Stromversorgung von 18 Millionen Menschen. 50Hertz ist führend bei der sicheren Integration Erneuerbarer Energien: In unserem Netzgebiet wollen wir bis zum Jahr 2032 übers Jahr gerechnet 100 Prozent Erneuerbare Energien sicher in Netz und System integrieren. Anteilseigner von 50Hertz sind die börsennotierte belgische Holding Elia Group (80 Prozent) und die KfW Bankengruppe mit 20 Prozent. Als europäischer Übertragungsnetzbetreiber ist 50Hertz Mitglied im europäischen Verband ENTSO-E.