W+M hat die Wirtschaftsminister der ostdeutschen Länder nach ihren Erwartungen für 2023 gefragt. Wir wollten aber auch wissen, wie das Jahr 2022 verlaufen ist und wie es mit der Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren in den Ländern aussieht. Lesen Sie hier die Einschätzung von Prof. Jörg Steinbach (SPD), Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg.
W+M: Wie hat sich die Wirtschaft Ihres Bundeslandes im Jahr 2022 entwickelt? Wie stark waren die Beeinträchtigungen angesichts der Krisen?
Jörg Steinbach: Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie waren in vielen Wirtschaftsbereichen noch nicht vollständig überwunden, internationale Lieferketten weiterhin instabil. Parallel dazu hat der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine insbesondere durch massiv gestiegene Preise für Energie und einige Rohstoffe die Wirtschaftsentwicklung ausgebremst. Die Inflation lag 2022 in Brandenburg bei 8,1 Prozent und führte zu einer Verschlechterung des Konsumklimas. Gleichwohl hat sich die brandenburgische Wirtschaft behauptet.
W+M: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien braucht mehr Tempo. Darin sind sich alle einig. Im Jahr 2022 war von mehr Tempo wenig zu spüren, wie sieht es mit der Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungszeiten in Ihrem Bundesland aus?
Jörg Steinbach: Die bundesgesetzlichen Änderungen zur Beschleunigung der Planung und Genehmigung wurden Mitte des Jahres auf den Weg gebracht. Sie müssen erst ihre Wirkung entfalten, zum Teil nachgeschärft werden. Durch die geplante Umsteuerung der Regionalplanung und der damit zusammenhängenden Überarbeitung aller Regionalplan(vor)entwürfe in Brandenburg in Verbindung mit einer neuen methodischen Herangehensweise können positive Effekte auf die Planungszeiträume nicht sofort erwartet werden. Die Genehmigungszeiten für Windenergieanlagen liegen in Brandenburg im Vergleich zu den anderen Bundesländern im vorderen Bereich.
W+M: Was muss 2023 unbedingt gelingen?
Jörg Steinbach: Kurzfristig die Stabilisierung der Konjunktur und die Stärkung der Resilienz der Wirtschaft. Wichtig ist, die Auswirkungen des Energiepreisanstieges zu mildern, Arbeitsplätze zu erhalten, Insolvenzen aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges zu vermeiden und den Wirtschafts- und Raffineriestandort Schwedt zu sichern.
Im Vordergrund steht 2023 die Fortführung der digitalen, ökologischen und sozialen Transformation. Hierbei benötigen die Unternehmen finanzielle Spielräume für Investitionen und Innovationen sowie geeignete Rahmenbedingungen. Wir werden den Ausbau der digitalen Infrastruktur fortsetzen und die Unternehmen bei der Digitalisierung und der Vorbereitung auf den Einsatz von KI unterstützen. Wir arbeiten an Maßnahmen zur Aufwertung bestehender und zur Erschließung neuer Gewerbeflächen für Ansiedlungen. Wir werden Fortschritte in Richtung einer klimaneutralen Wirtschaft, beim Ausbau erneuerbarer Energien und beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft erzielen. Brandenburg wird sich weiter zu einem Zentrum für moderne Mobilität entwickeln. Außerdem unterstützen wir die Unternehmen bei der Sicherung des Arbeits- und Fachkräftebedarfes. Insbesondere die Stärkung der Aus- und Weiterbildung unter Berücksichtigung der transformationsbedingten Nachfrage, die Gewinnung ausländischer Arbeits- und Fachkräfte und die weitere Sensibilisierung für die Etablierung Guter Arbeit sind hier von Bedeutung.