Samstag, April 20, 2024

Deutsche Topunternehmen: Endlich mehr Frauen im Vorstand

Bei der Geschlechtergerechtigkeit machen die DAX-Unternehmen spürbare Fortschritte. Doch im Mittelstand gibt es laut einer aktuellen Studie nach wie vor ein großes Geschlechter-Ungleichgewicht. Spezielle Netzwerke sollen den Frauen den Weg ganz nach oben erleichtern.

Was haben der Automobilzulieferer Continental sowie die Medizintechnikunternehmen Fresenius Medical Care und Siemens Healthineers gemeinsam? Klar, sie sind alle führende Technologiefirmen aus Deutschland und daher berechtigterweise Mitglieder im ehrwürdigsten deutschen Aktienindex, dem DAX. Zusätzlich haben die drei Unternehmen – zumindest was die Verteilung der Mandate im Vorstand angeht – auch in Sachen Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern ihre Hausaufgaben gemacht. Mit Stichtag 1. September 2022 zeigt der Blick auf die Vorstandsposten bei Continental, Fresenius Medical Care und Siemens Healthineers einen ausgewogenen Fix an Frauen und Männern auf C-Level.

Zutage gefördert hat das eine aktuelle Untersuchung der gemeinnützigen schwedisch-deutschen AllBright-Stiftung. Diese setzt sich seit ihrer Gründung 2011 für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein. Der Name „AllBright“ ist inspiriert durch die Schaffenskraft und die Persönlichkeit der früheren US-amerikanischen Außenministerin Madeleine Albright.

Frauenquote: DAX zum Teil Top, der Rest meist noch Flop

Bei den DAX-Unternehmen Beiersdorf, der Deutschen Telekom und Mercedes-Benz liegt der Anteil von Frauen im Vorstand immerhin bereits bei 40 Prozent. Doch danach wird es mit Blick auf die Frauenquote dünner und dünner: Bei den mittelgroßen Unternehmen, die im MDAX und im SDAX notiert sind, geht es wesentlich zäher voran. Insgesamt hat mehr als die Hälfte der 160 Unternehmen aus den Börsenindizes DAX, MDAX und SDAX nach wie vor keine einzige Vorständin.

Das liegt nicht allein am Unwillen der Unternehmen, Frauen ins C-Level zu heben. Sondern auch daran, dass es hoch qualifizierte Frauen mit Vorstandsambitionen oft dort hinzieht, wo bereits andere Frauen seit vielen Jahren erstklassige Arbeit leisten und zum Role Model geworden sind.

Politik allein kann die Ungerechtigkeit nicht beenden

Noch immer sind Frauen in Vorständen, Aufsichtsräten oder der erweiterten Führung großer Unternehmen in Deutschland und vielen weiteren Staaten Europas unterrepräsentiert. Die Politik macht entsprechend Druck.
Ziel ist es, den Frauenanteil in den Führungsgremien börsennotierter Unternehmen in der Europäischen Union deutlich zu erhöhen. Bis Ende 2026 sollen diese Firmen mindestens 40 Prozent Frauen in ihren Aufsichtsräten haben. Gilt die Quote für Aufsichtsräte wie auch Vorstände, müssen 33 Prozent erreicht werden.

In Deutschland hatte sich zuletzt die Koalition Ende 2020 auf eine Frauenquote geeinigt. Große deutsche Unternehmen müssen ihre Aufsichtsräte demnach mit mindestens 30 Prozent Frauen besetzen.

Frauen im Vorstand sind mehr als Farbtupfer

Doch Frauen sollten sich bei ihrem Weg nach ganz oben an die Stellschrauben von Macht und Entscheidungen in Unternehmen nicht allein auf die Politik verlassen. Sie sollten vielmehr ihr Glück und ihr Können selbst in die Hände nehmen, Initiative in eigener Sache zeigen und selbstbewusst Impulse setzen. Netzwerke spielen dabei eine fundamental wichtige Rolle. Denn nach vielen Untersuchungen sind es genauso solche Netzwerke, die (noch) die Übermacht der Männer begründen – Männerbünde, schon zu Unizeiten geschlossen, die sich dann über das gesamte Berufsleben hinwegziehen. Klar, auch Frauen netzwerken – aber meist noch anders, weniger zielgerichtet, weniger strategisch.

The Boardroom Schweiz: per Netzwerk in den Vorstand

Genau das will Diana Markaki-Bartholdi mit ihrem 2021 gegründeten Netzwerk grundlegend ändern: dem privaten Verein „the Boardroom Schweiz“. Ziel dieser Initiative ist es, den Anteil weiblicher Führungskräfte in Verwaltungsräten von Unternehmen signifikant zu erhöhen. Dazu die Gründerin: „Ich glaube, dass es viele qualifizierte Frauen gibt, die sowohl die Fähigkeit als auch die Bereitschaft haben, Führungsaufgaben zu übernehmen. Aber das wird nicht von allein geschehen; es bedarf konzertierter Anstrengungen, sowohl von Männern als auch von Frauen, von Unternehmen und vom Staat.“

Markaki-Bartholdi expandiert mit dieser Idee längst in ganz Europa. Und sie dient anderen als Inspiration und mit ihrer Bilderbuchkarriere als Blaupause: Markaki-Bartholdi ist eine internationale Anwältin, spezialisiert auf M&A und Kapitalmärkte. Sie hat Börsengänge sowie große M&A-Projekte betreut. Seit acht Jahren lebt und arbeitet sie in Zürich.

Bei der Gründung zählte „the Boardroom“ 74 Mitglieder aus der ganzen Schweiz. Der Altersdurchschnitt liegt bei Mitte 40. Ziel des Vereins ist es, möglichst viel der bestens ausgebildeten Frauen in Vorstandsämter zu bringen. „Bei the Boardroom haben wir dafür einen ganzheitlichen Ansatz für die Vorbereitung auf die Vorstandstätigkeit entwickelt, der auf vier Säulen beruht“, erklärt die Gründerin.

Vier-Säulen-Programm für den Weg nach ganz oben

Das hinter dem Verein stehende Konzept wurde von der Gründerin im Rahmen ihrer MBA-Abschlussarbeit an der Harvard-University entwickelt. Frauen sollen dabei genau das Wissen und die Fähigkeiten bekommen, die sie für eine erfolgreiche Arbeit in Spitzenpositionen benötigen. Dazu gehören erstens finanztechnisches und juristisches Fachwissen. Ein zweites, mindestens genauso wichtiges Fundament sind Netzwerke, auf die Frauen zurückgreifen können. Diana Markaki-Bartholdi hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die „Onliness“ zu beenden – sie will aus vielen weiblichen Einzelkämpferinnen (den „Onlys“) eine starke Gemeinschaft machen.

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