Tauben, Falken, Bullen, Bären und der DAX

Ein wirtschaftlicher Ausblick und eine insolvenzsichere Investitionsanregung von unserem Experten Prof. Dr. Florian Stapper.

Wer Kapitalmärkte beobachtet, könnte meinen, er sei im Zoo, denn Tauben und Falken bestimmen die Entwicklung der Zinsen, während Bullen und Bären Einfluss auf Börsenkurse haben. Dazu kommt noch der DAX. Man könnte sich daher fragen: Werden Börsenkurse im Zoo gemacht oder ist es sinnvoll, Tiermedizin zu studieren, um Kapitalmärkte zu verstehen?

Tauben und Falken haben unterschiedliche Ansichten zu der Frage,

ob die Geldpolitik der Notenbanken eher expansiv, das meinen die Tauben, oder besser restriktiv, das vertreten die Falken, sein sollte. Tauben sind mehr für niedrigere Zinsen, fördern damit das Wachstum der Wirtschaft und nehmen dafür Inflation hin. Falken plädieren tendenziell für höhere Zinsen, bekämpfen damit die Inflation und nehmen eine Drosselung des Wirtschaftswachstums in Kauf. Für beides gibt es stets gute Gründe.

Während in den Zentralbanken viele Jahre die Tauben herrschten – man wollte mit der jahrelangen „Nullzins-Politik“ die Wirtschaft fördern und sah kaum ein Inflationsrisiko – mehren sich in letzter Zeit die Falken. Die Diskussion dreht sich dabei auch um die Frage, ob die aktuellen Preissteigerungen wirklich eine Inflation in dem Sinne ist, dass sie mit Zinserhöhungen bekämpft werden könnte. Dagegen spricht, dass aktuell angebotsverknappende Besonderheiten die Preise treiben – die Corona-Pandemie führt insbesondere bei den stark exportlastigen Chinesen zu Produktionsausfällen, was Lieferketten beeinträchtigt und der Ukrainekrieg führt zu einer Verknappung von Rohstoffen und fossilen Energieträgern, die durch Zinserhöhungen nicht wieder normalisiert werden. Denn weder das Coronavirus noch Verursacher von Kriegen lassen sich von der Erhöhung des Zinsniveaus beeindrucken. Dafür kann angeführt werden, dass Folge solcher Besonderheiten eine Preis-Lohn-Spirale sein dürfte, die sicher keine reine Preiserhöhung, sondern tatsächlich eine Inflation bedeuten dürfte, die sich mit Zinserhöhungen schon eher in die Schranken weisen ließe. Steigende Zinsen verteuern im Übrigen die Staatsverschuldung und das bei außergewöhnlich hohen Zusatzkosten des Fiskus als Folge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges sowie Belastungen, die der Staat in Zukunft zur Bekämpfung einer Rezession wird tragen müssen. Die Falken kämpfen daher mit erheblichem Gegenwind.

Bullen und Bären schätzen den Trend an der Börse unterschiedlich ein.

Bullen sind bullisch und optimistisch. Sie hoffen auf den Aufschwung und auf steigende Kurse, sie kaufen Aktien und Kaufoptionen (Long Call) oder verkaufen Verkaufsoptionen (Short Put), gegebenenfalls kaufen sie auch dem Leerverkäufer etwas ab. Bären sind dagegen bärisch und pessimistisch. Sie meinen, Kurse würden eher fallen. Sie verkaufen Aktien, kaufen Verkaufsoptionen (Long Put) oder verkaufen Kaufoptionen (Short Call), sind Leerverkäufer (sie verkaufen Wertpapiere, die sie noch gar nicht haben und spekulieren darauf, sie später billiger beschaffen zu können) oder kaufen gar nicht, weil sie niedrigere Kurse erwarten.

An der Börse wird immer die Erwartung oder die Zukunft gehandelt. Aktuelle Ereignisse sind stets eingepreist. Gleichzeitig wird nach oben und nach unten übertrieben. Insofern spielt Psychologie eine große Rolle. Überwiegt die Gier der Anleger, steigen Kurse. Ist mehr Angst im Markt, geben Notierungen nach.

Im langfristigen Trend waren Aktienmärkte immer bullisch, allerdings mit zum Teil starken Schwankungen. Wer das für sich nutzen möchte, braucht starke Nerven und einen langen Atem. Der Altmeister der Börse, André Kostolany, bezeichnet sie als die Mutigen. Wer nach Kostolany dagegen zu den Zittrigen gehört, sollte in Aktien besser nicht investieren.

Und dann gibt es noch den DAX, den deutschen Aktienindex.

Er repräsentiert die 40 größten und liquidesten Unternehmen des deutschen Aktienmarktes. Der DAX ist ein Performance Index. Er bezieht die ausgezahlten Dividenden mit ein. Die meisten anderen Indices (FAZ-Index, Euro Stoxx, Dow Jones, Nasdaq) sind reine Kurs-Indices. Insofern ist der DAX mit anderen Indices schwer zu vergleichen.

Der DAX notierte 1960 erstmals über 500, 1985 sogar über 1.000 Punkte, 5.000 Punkte erreichte er 1998, 10.000 Zähler standen 2014 auf der Uhr und 2021 waren es über 16.000 Punkte. Die Entwicklung, die nicht geradlinig verlaufen ist, lässt sich sehen. Wer es etwas genauer wissen möchte, sieht sich das Rendite-Dreieck an, das vom Deutschen Aktieninstitut veröffentlicht und regelmäßig auch in der FAZ abgedruckt wird. Daraus ergibt sich, dass so gut wie niemand, der in den letzten 70 Jahren in ein am DAX ausgerichtetes Aktien-Portfolio investiert hatte, Verluste erleiden musste.

Wer sein Geld sinnvoll, sicher und bei begrenztem Risiko ertragreich anlegen möchte, sollte aber nicht nur in Aktien, sondern auch in andere Anlageklassen (Anleihen, Immobilien, Gold etc.) investieren. Dort gelten dann teilweise ganz andere Grundsätze.

Das beste Investment ist und bleibt allerdings eine gute Ausbildung.

Nirgends ist die Rendite besser und das Ausfallrisiko geringer. Selbst in der Insolvenz bleibt die Ausbildung erhalten. Sie kann weder beliehen oder verpfändet noch verkauft werden. Gläubiger können sich an ihr nicht befriedigen und auch Insolvenzverwaltern steht ein Verwertungsrecht daran nicht zu. Gut Ausgebildete sind deutlich weniger insolvent und „fallen“ nach einer Insolvenz erheblich schneller wieder „auf die Füße“ als schlecht Ausgebildete. Wer sich selbst und seinen Kindern etwas Gutes tun möchte, investiert also weder in Aktien noch Immobilien, Geld oder Ähnliches, sondern finanziert eine gute Ausbildung.

Der Autor: Prof. Dr. Florian Stapper

Der Autor: Prof. Dr. Florian Stapper, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

Die Erstveröffentlichung des Beitrages erfolgte im EXIS|TENZ MAGAZIN.