W+M-Serie Internationale Märkte: In Vietnam sind ostdeutsche Firmen besonders willkommen

In der W+M-Serie Internationale Märkte kommen Länderexperten von Germany Trade and Invest GTAI zu Wort, die mit ihrer Expertise Impulse für einen stärkeren internationalen Austausch setzen wollen. Hier der Beitrag von Dr. Frauke Schmitz-Bauerdick aus Hanoi.

(GTAI) – Vietnams Wirtschaft gewinnt wieder deutlich an Schwung. Experten erwarten für das laufende Jahr ein Wirtschaftswachstum von real 6,0 bis 6,5 Prozent. Grundlage für den erwarteten Konjunkturschub sind die steigenden vietnamesischen Exporte, zunehmende ausländische Investitionen sowie eine stetig wachsende, sehr konsumfreudige Mittelschicht.

Anders als andere Länder geriet Vietnam während der Pandemie zwar nicht in eine Rezession. Doch die Coronakrise traf auch Vietnam hart. Mit einem Wirtschaftswachstum von real „nur“ 2,6 Prozent im Jahr 2021 entwickelte sich der wachstumsverwöhnte Tigerstaat so schwach wie seit 1987 nicht mehr.

Freihandelsabkommen erleichtert deutsch-vietnamesische Wirtschaftsbeziehungen

In den vergangenen Jahren etablierte sich Vietnam als wichtiger Bestandteil internationaler Lieferketten. Das Land ist durch mehrere Freihandelsabkommen in den Welthandel eingebunden. So erleichtert das im Jahr 2020 in Kraft getretene EU-Vietnam Free Trade Agreement auch den Handel zwischen Vietnam und Deutschland.

Trotz Coronapandemie stiegen Vietnams Exporte 2021 um 19 Prozent und erreichten mit 336 Mrd. US-Dollar (US$) einen neuen Rekord. Internationale Elektronikgiganten wie Samsung oder Applezulieferer Foxconn produzieren in Vietnam für den Weltmarkt. Auch bei Bekleidung und Schuhen, Möbeln sowie Nahrungsmitteln wie Kaffee und Meeresfrüchten zählt Vietnam zu den wichtigsten Lieferanten der Welt.

Gute Perspektiven für deutsche Ausrüster

Der deutsch-vietnamesische Außenhandel entwickelte sich allerdings in den Coronajahren zumindest aus deutscher Sicht weniger positiv. Während die vietnamesischen Lieferungen 2020 und 2021 zulegten, brachen die deutschen Ausfuhren nach Vietnam 2020 um knapp 30 Prozent auf 3,4 Milliarden US$ ein. Zwar stiegen sie 2021 wieder auf 4,4 Milliarden US$, sie erreichten aber noch nicht das Vorkrisenniveau. Gerade die Ausfuhren von Maschinen und Anlagen, Deutschlands wichtigste Exportgüter, litten unter der Krise.

Mittelfristig aber dürfte sich für deutsche Lieferanten die positive Wirkung der Einbindung Vietnams in internationale Lieferketten bemerkbar machen. Unternehmen, die in Vietnam für anspruchsvolle Märkte wie die EU, die USA oder Japan produzieren, benötigen Maschinen und Anlagen, die Qualität liefern können.

Beobachter erwarten Welle von neuen Investitionen

Ho Chi Minh City. Foto: AdobeStock

Selbst im Krisenjahr 2021 stiegen die Neuinvestitionen ausländischer Unternehmen in Vietnam wertmäßig um gut vier Prozent. Nach Aufhebung der Grenzschließungen im März 2022 wird für das laufende Jahr eine weitere Investitionswelle erwartet. Dabei gehen Experten auch von einer verstärkten Umorientierung von Unternehmen aus, die bislang in China produzieren. Vietnam ist aufgrund seines attraktiven Investitionsumfelds eines der Hauptziele internationaler Verlagerungsbestrebungen.

Die meisten ausländischen Investoren kommen aktuell aus den ostasiatischen Nachbarstaaten Südkorea und Japan. Europäische Unternehmen aber zieht es ebenfalls nach Vietnam, darunter auch viele deutsche. So baut aktuell die Beiersdorf-Tochter Tesa für 55 Millionen US$ eine Produktion im nördlichen Haiphong und die Kurz-Gruppe investiert 40 Millionen US$ in eine Prägefolienproduktion in der zentralvietnamesischen Provinz Binh Dinh.

„Made in Germany“ ist bei Vietnamesen beliebt

Vietnamesen gelten als sehr konsumfreudig. Die Analysten von Deutsche Bank Research prognostizieren für 2022 ein Konsumwachstum von 5,5 Prozent. Deutsche Exporteure können von der steigenden privaten Nachfrage profitieren, denn „Made in Germany“ wird vor Ort geschätzt. Die wachsende vietnamesische Mittelschicht hat vergleichsweise wenig unter der Pandemie gelitten und ist gewillt, für gute Qualität angemessene Preise zu bezahlen.

Ostdeutschland und Vietnam historisch eng verbunden

Ostdeutsche Unternehmen sind bereits vor Ort und weitere sind hoch willkommen. Zwischen den ostdeutschen Bundesländern und dem ehemaligen Bruderstaat besteht ein enges, historisch gewachsenes Verhältnis. Rund 100.000 Vietnamesen haben bis 1989 zumindest zeitweise in Ostdeutschland als Vertragsarbeiter gearbeitet oder an ostdeutschen Universitäten studiert.

Das aus Rostock stammende Planungsunternehmen Inros Lackner ist seit 15 Jahren in Vietnam aktiv und hat an bedeutenden Renommeeprojekten wie der vietnamesischen Nationalversammlung, dem Museum für Stadtgeschichte in Hanoi oder zuletzt dem Obersten Gerichtshof mitgewirkt. Aone aus Leipzig betreibt in Hanoi ein Wasserwerk und baut in der südlichen Provinz Long An eine weitere Anlage.

Auch Landesvertretungen wie die LEG Thüringen engagieren sich bei der Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Unternehmen aus Ostdeutschland und Vietnam. Sie unterstützen ostdeutsche Unternehmen auf den Weg in einen vielfältigen, aber nicht immer ganz einfachen Markt.

Weitere kostenfreie Wirtschaftsinformationen zu Vietnam bietet Germany Trade and Invest auf der Vietnam-Länderseite www.gtai.de/vietnam.

Die Autorin: Dr. Frauke Schmitz-Bauerdick

Dr. Frauke Schmitz-Bauerdick. Foto: Nina Schöner

Dr. Frauke Schmitz-Bauerdick, Director Vietnam, Germany Trade and Invest. Frau Dr. Frauke Schmitz-Bauerdick berichtet seit 2017 im Auftrag von Germany Trade and Invest (GTAI) über den vietnamesischen Markt. Zuvor war sie am Bonner GTAI-Standort verantwortlich für den Bereich Recht und Steuern Asien, mit den Schwerpunkten China, Indien und Vietnam.