Ministerpräsident Dietmar Woidke im W+M-Interview: „Brandenburg ist für die Zukunft gut aufgestellt“

Dr. Dietmar Woidke, der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, sprach im W+M-Interview über die wirtschaftliche Entwicklung in Krisenzeiten, die Eröffnung der Tesla-Gigafabrik in Grünheide, über Transparenz und Geschlossenheit beim Kohleausstieg und über die Willkommenskultur in Brandenburg.

W+M: Herr Ministerpräsident, wie hat sich Ihr Arbeitsalltag gerade in den letzten zwei Jahren verändert?

Dietmar Woidke: Wir hatten im Herbst 2019 in der neuen Legislaturperiode die Arbeit schnell aufgenommen. Mit dem Start der Task Force Tesla gab es auch den Elan, dieses einmalige Projekt und damit das ganze Land weiter voranzubringen, dann aber nahm die weltweite Pandemie auch Brandenburg fest in den Griff und damit war ab dem 17. März 2020 mit der ersten Eindämmungsverordnung nichts mehr wie zuvor. Hinzu kam noch die afrikanische Schweinepest und nun auch noch der von Wladimir Putin befohlene Aggressionskrieg gegen die Ukraine. Es ist eine Legislatur, die von Krisensitzungen sehr geprägt ist. Unser aktuelles Kabinett hat keine normalen Zeiten erlebt. Aber die Zusammenarbeit funktioniert – von kleineren Disputen abgesehen, die ganz normal sind – sehr gut. Dafür bin ich allen Beteiligten dankbar.

W+M: Haben sich in Ihrer Amtszeit Ihre persönlichen Schwerpunkte verändert?

Dietmar Woidke: Natürlich steht aktuell die Krisenbekämpfung im Mittelpunkt. Aber mein persönlicher Schwerpunkt bleibt: Die strukturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Landes voranzubringen, weil damit auch die Lösung vieler sozialer und demografischer Probleme verbunden ist. An diesen Schwerpunkten hat sich nichts verändert.

Was ich sehr bedauere, sind die gerade in den letzten zwei Jahren verminderten Möglichkeiten von Begegnungen mit Bürgern. Mir war es immer wichtig, gerade bei Besuchen in Unternehmen, bei Verbänden oder in öffentlichen Bürgerdialogen von den Menschen zu erfahren, was sie bewegt. Ich freue mich, dass es diese Möglichkeiten nun wieder gibt.

W+M: Wie steht es um die Wirtschaft Brandenburgs im Jahr 2022? Wie sind die Unternehmen mit der Coronakrise klargekommen?

Dr. Dietmar Woidke Foto: W+M

Dietmar Woidke: Wir haben es geschafft, die Wirtschaft weitgehend stabil zu halten und Strukturbrüche zu verhindern. Das war nicht von vornherein ausgemacht, aber es war immer unser Ziel. Und ich bin froh, dass uns die Bundesregierung von Anfang an, beispielsweise mit der erweiterten Kurzarbeiterregelung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, aktiv unterstützt hat. Die Sorge um wachsende Arbeitslosenzahlen hat sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: Die Quote ist sogar auf einen Tiefpunkt gesunken. Das heißt aber nicht, dass es für jeden einzelnen Betrieb akzeptabel gelaufen ist. Ich denke vor allem an das Hotel- und Gaststättenwesen oder die Veranstaltungsbranche.

Unser Credo war immer: Nicht gegen die Krise anzusparen, sondern die Betroffenen aktiv zu unterstützen. Der Staat hat dafür viele Milliarden an Steuergeld ausgegeben, aber es ist gut investiertes Geld.

W+M: Die Coronakrise wird überschattet vom Krieg in der Ukraine. Welche Auswirkungen hat dieser Konflikt für die Brandenburgische Wirtschaft?

Dietmar Woidke: Brandenburg ist aus mehreren Gründen vom Krieg betroffen. Aufgrund seiner direkten Grenze zu Polen reist ein Großteil der Menschen, die die Ukraine verlassen und sich auf den Weg zu einem sicheren Fluchtort nach Westeuropa machen, über Brandenburg ein. Hier sehen wir jeden Tag in den Augen der Mensch unmittelbar das von Putin verursachte Leid und es zerreißt auch mir persönlich das Herz. Die Brandenburgerinnen und Brandenburger haben von Anfang an in unvergleichlicher Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine sofort und vielfach durch Eigeninitiativen getragene Unterstützungen und Hilfen angeboten und bieten diese weiterhin an. Hierfür bin ich unendlich dankbar und auch stolz auf das Engagement unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Daneben spürt natürlich auch unsere Wirtschaft die aktuellen Auswirkungen des furchtbaren Krieges, auch wenn sich diese jetzt noch nicht beziffern lassen. Wir sehen das an den korrigierten Erwartungen für das Wirtschaftswachstum, an unterbrochenen Lieferketten und wir sehen es vor allem an den Fragen zur Sicherheit unserer Energieversorgung. So ist die Abhängigkeit insbesondere von russischem Gas und Öl in Ostdeutschland höher als im Bundesdurchschnitt. Deshalb finde ich den Kurs der Bundesregierung richtig, der Sicherheit der Energieversorgung eine hohe Priorität einzuräumen und gleichzeitig mit Nachdruck an der schnellstmöglichen Ablösung dieser Abhängigkeiten zu arbeiten.

Brandenburg ist hier als Energieland besonders gefordert. Mit dem hohen Ausbaustand an erneuerbaren Energien leisten wir bereits jetzt einen erheblichen Beitrag zum Ausstieg aus den fossilen Energieträgern und tragen damit wesentlich dazu bei, die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen zu reduzieren. Gleichzeitig liefert Brandenburg mit seinen bestehenden Braunkohlekraftwerken einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland. Die aktuelle Situation bringt uns jetzt genau das vor Augen, worauf ich die letzten Jahre im Rahmen der Diskussionen zur Energiewende stets hingewiesen habe. Diese wird uns nur in einem vernünftigen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Energieträgern gelingen. Erst muss die Versorgungssicherheit geklärt sein, und dann können wir aus der Braunkohle aussteigen.

Derzeit ist nun mal die heimische Industrie noch stark von russischem Gas und Öl abhängig. Gerade für die vielen energieintensiven Bereiche in Brandenburg und Ostdeutschland, wie die chemische Industrie, die Stahl- und Zementindustrie und viele andere Unternehmen der Grundstoffindustrie in Deutschland ist wichtig, eine stabile und sichere Versorgung zu garantieren. Auch am BER würde derzeit ohne das Kerosin des PCK in Schwedt kein Flugzeug starten.

Bei allem Verständnis für Appelle zum Stopp der Gas- und Ölimporte: Ich kann nicht erkennen, dass eine sich daraus zwangsläufig ergebende Wirtschaftskrise in Deutschland und Westeuropa insgesamt, verbunden mit noch höheren Energiepreisen, geschlossenen Unternehmen und sehr vielen Arbeitslosen, wirklich den Menschen in der Ukraine hilft. Ich nehme an, dass würde eher zu einer Spaltung in der EU und zu einer teilweisen Entsolidarisierung der Gesellschaft mit der Ukraine führen. Das wiederum würde nur Putin in die Karten spielen.

W+M: Welche Leuchttürme der Wirtschaft Brandenburgs ragen heraus?

Dietmar Woidke: Wir haben ein klares Ziel: Wirtschaftswachstum mit Klimaschutz verbinden. Die Hauptstadtregion soll die Gewinnerregion der 2020er Jahre werden. Die ersten Wegmarken wurden gesetzt. Ein Kernpunkt dafür ist eine Wertschöpfungskette im Bereich der klimaneutralen E-Mobilität. Natürlich gehört Tesla dazu, aber auch BASF Schwarzheide und Microvast in Ludwigsfelde. In Schwarze Pumpe hat Altech ein neues Aluminiumoxid-Werk angekündigt, Rock Tech Lithium den Bau eines Lithiumhydroxid-Konverters in Guben,  Mercedes produziert künftig seinen elektrischen Sprinter in Ludwigsfelde und in Oranienburg investiert Orafol in die Erweiterung seines Werkes. Die Liste ließe sich fortsetzen. Gerne im nächsten Interview.

W+M: Die Wirtschaft der Bundesrepublik steht vor einem gewaltigen Umbau der Wirtschaft in Sachen Klimaschutz. Wie ist Brandenburg darauf vorbereitet?

Dr. Dietmar Woidke. Foto: W+M

Dietmar Woidke: Zunächst: Bandenburg ist bundesweit, bezogen auf die Einwohnerzahl, führend beim Ausbau der Erneuerbaren. Und das soll weiter vorangehen, denn wir wollen Wirtschaftsentwicklung mit Klimaschutz.

Die Formulierung zum „idealerweise“ auf 2030 vorgezogenen Braunkohleausstieg im Koalitionsvertrag des Bundes hat in vielen Bereichen und bei den Beschäftigten in den betroffenen Regionen große Unsicherheit ausgelöst. Was wir aber brauchen ist Sicherheit, Sicherheit für die Versorgung in Deutschland, Stromversorgung rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Auch die Preisentwicklung bei den Energiekosten ist besorgniserregend. Sie bedroht die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und wird zu einem gravierenden sozialen Problem für die Menschen in unserem Land. Und das darf nicht passieren.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Koalitionsvertrag davon ausgeht, dass die Grundlast bei einem früheren Ausstieg über Gaskraftwerke – wir bräuchten mindestens 50 – zu sichern wäre. Dieser Plan erscheint aber angesichts der jüngsten internationalen Entwicklungen nicht mehr realistisch.

Momentan gibt es eine klare Rechtslage. Das Kohleausstiegsgesetz sieht den Kohleausstieg für das Jahr 2038 vor und das gilt. Bei günstigerem Verlauf kann, so sieht es das Gesetz vor, auch schon 2035 ausgestiegen werden. Jetzt ist es die Aufgabe des Bundeswirtschaftsministers, die geltende Rechtslage in Deutschland fortzuschreiben. Dies muss allerdings mit Fakten untersetzt sein. Die Braunkohlefördernden Länder müssen als die Betroffenen in diesen Prozess eingebunden werden. Auch die Arbeitnehmerseite darf der Bundeswirtschaftsminister dabei nicht außen vorlassen. Es erfordert klare Beteiligungsstrukturen und eine hohe Transparenz, um zu einem Ergebnis zu kommen, das auch Akzeptanz findet. Dafür braucht man auch seriöse Gutachten ohne Ideologie. Dass wir Geschwindigkeit und noch in diesem Jahr Entscheidungen brauchen, liegt auf der Hand, denn mit den bisherigen Planungs- und Genehmigungszeiten werden wir die Ziele nicht erreichen. Immerhin gibt es aus den Ministerien für Wirtschaft und Umwelt seit Anfang April erste Konzepte, um beim Ausbau der erneuerbaren Energien schneller zu werden. Das muss jetzt konkret werden. Unser Vorschlag, das erprobte Instrumentarium des Verkehrswegebeschleunigungsgesetzes von 1991 aufzugreifen, liegt vor. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass jetzt schnell etwas passiert.

W+M: Wie geht es in der Lausitz voran?

Dietmar Woidke: Auf die erforderlichen Beschleunigungen und die nötige hohe Transparenz habe ich gerade hingewiesen. Das sind wir den Menschen in der Region schuldig. Alles, was wir jetzt in der Region tun, muss mit Entschlossenheit und Geschlossenheit vorangebracht werden. Im Vordergrund muss die industrielle Entwicklung der Region stehen. Wir brauchen neue industrielle Arbeitsplätze sowie Forschung und Entwicklung. Und auch hier passiert viel.

W+M: …und was geschieht schon konkret außer der Ansiedlung neuer Behörden?

Dietmar Woidke: Also neue Behörden sind schon einmal eine gute Entwicklung, denn sie schaffen neue, attraktive wie anspruchsvolle Arbeitsplätze, wie die Außenstelle der Bundesnetzagentur, die in Cottbus angesiedelt wurde. Natürlich denke ich auch an den Lausitz Science Park mit erheblicher auch überregionaler Bedeutung, an eine Reihe von Forschungszentren wie das Zentrum für hybridelektrisches Fliegen unter Beteiligung von Rolls-Royce, an das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt, die sehr wirtschaftsnah aufgestellt sind. Jeder industrielle Arbeitsplatz, der hier entsteht, ist uns herzlich willkommen. Am 10. Mai 2022 werden wir in Cottbus den Grundstein für das modernste Bahnwerk in Europa legen. Hier wird die Deutsche Bahn bis zum Jahr 2026 etwa 1.200 neue Industriearbeitsplätze im Herzen des Lausitzer Revieres, im Herzen Cottbus schaffen. Das sind sehr gute Beschäftigungsalternativen, gerade für junge Menschen.

W+M: Teslas laufen vom Band. Ist Ihnen jetzt ein Stein vom Herzen gefallen?

Dr. Dietmar Woidke. Foto: W+M

Dietmar Woidke: Erst einmal war es ein Riesenerfolg, dass wir das Auswahlverfahren gewonnen haben. Ich erinnere mich noch gut an unseren Start im November 2019 mit der ersten Pressekonferenz. Da hatten wir schon noch ein mulmiges Gefühl angesichts der hohen Erwartungen, vor allem was die Genehmigungszeiten anbelangte. Deshalb bin ich sehr froh, was wir mit den vielen involvierten Ministerien, Behörden und Einrichtungen gemeinsam mit Tesla geschafft haben. Es war eine Mammutaufgabe, die wir erfolgreich gemeistert haben. Von der Ankündigung durch Elon Musk bis zur Auslieferung der ersten „Teslas made in Brandenburg“ lagen nur 861 Tage.

Horizontal und vertikal verknüpft haben wir in 27 Task Force-Sitzungen und zahlreichen Unterarbeitsgruppen alle Themen konstruktiv besprochen und Probleme gelöst. Wir waren uns immer bewusst, dass es bei der Teslaansiedlung nicht nur um eine Investition in Brandenburg geht, sondern um eine der größten und innovativsten Investitionen in Deutschland seit 40 Jahren. Eine Privatinvestition, die weltweite Beachtung gefunden und plötzlich den Scheinwerfer auf Brandenburg gelenkt hat. Es gab also einige Gründe, weshalb wir uns nicht blamieren durften. Wir haben viel von Tesla gelernt und Tesla von uns. Ausdruck des großen Vertrauens war auch die Tesla-Entscheidung im März 2021, nicht nur das drittgrößte Automobilwerk in Deutschland zu bauen, sondern auch die wohl größte Batteriezellenfabrik in Europa. Das hat uns deutlich vor Augen geführt, was Ostdeutschland für Chancen hat, aber auch was im deutschen Genehmigungsrecht nicht stimmt.

Die Nähe zu Berlin, die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien, Seriosität, aber vor allem der Hunger Brandenburgs wie auch Ostdeutschlands nach Industriearbeitsplätzen waren für Tesla klare Kriterien –  Kriterien die für uns gesprochen haben.

W+M: Wie hat sich die Verwaltungskultur in Brandenburg verändert?

Dietmar Woidke: Da hat sich manches positiv entwickelt. Der Erfolg des Tesla-Projektes zeigt, wie wichtig es ist, die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltungen auf einem hohen Niveau zu halten und mit der richtigen Einstellung ans Werk zu gehen. Das brauchen wir auch in Zukunft. Wir brauchen einen starken und handlungsfähigen Staat, auch im Bereich der Genehmigungsverfahren, um den vielen, auch gewachsenen Anforderungen der Unternehmen zu entsprechen, die es vor 10 und mehr Jahren noch gar nicht gab. Wir brauchen handlungsfähige Behörden mit Fachkräften, die gemeinsam mit den Unternehmen schnell zu den richtigen und rechtssicheren Entscheidungen kommen. Und die Genehmigungsverfahren müssen wir entschlacken.

W+M: Fachkräftegewinnung ist überall ein großes Thema. Hat Brandenburg Ideen, die zur langfristigen Lösung beitragen können?

Dietmar Woidke:  Das Thema Fachkräfte begleitet uns schon seit geraumer Zeit. Es wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen, weil wir wirtschaftlich erfolgreich sind. Fachkräfte sind aktuell der limitierende Faktor für unser Wirtschaftswachstum. Die gesamte Entwicklung des Landes Brandenburg hängt letztlich von den Fachkräften ab. Da wir eine Hauptstadtregion sind, haben wir uns des Themas gemeinsam mit Berlin angenommen. Hervorragend finde ich, was zum Beispiel die Rückkehrerinitiativen Guben und Elbe-Elster machen. Da wird nicht lamentiert, sondern angepackt.

Ein wichtiger Bereich ist Schule/Wirtschaft. Wir wollen den jungen Menschen möglichst frühzeitig Perspektiven für ein gutes Berufsleben in der Region aufzeigen. Hier in der Heimat Brandenburg gibt es hervorragende Perspektiven. Das sollte auch Thema in den Familien sein. Wer jetzt noch davon spricht, man müsse abwandern, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

Es ist notwendig, Fachkräfte aus anderen Bundesländern und aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland anzuwerben. Hier gibt es heute schon eine Reihe von Initiativen, wie beispielsweise die Ausbildung junger Menschen aus Osteuropa für den Hotel- und Gaststättenbereich in Brandenburger Hotels. Oder die Gewinnung von Pflegekräften. Von solchen Beispielen werden mehr benötigt.

W+M: Wie steht es denn um die Willkommenskultur in Brandenburg?

Dietmar Woidke: Kommen Menschen aus anderen Regionen zu uns, geht es auch darum, ihnen gute Gastgeber zu sein. Deshalb muss die Region auch weltoffen und tolerant sein. Das ist nicht nur menschlich geboten, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor. 2020 waren wir sogar das Bundesland mit der größten Nettozuwanderung in Deutschland mit einem Plus von knapp 20.000 Menschen. Viele erkennen, dass Brandenburg ein Chancenland ist. Allerdings schadet uns jede ausländerfeindliche, rechtsextreme Demonstration. Diese Leute wollen nur eines: Negative Stimmung erzeugen. Unser Erfolg ist ihr größter Feind.

W+M: Der Wirtschaftsraum Ost nimmt eine beachtliche Entwicklung hinsichtlich Zukunftstechnologien, welche Rolle spielt Brandenburg innerhalb des Wirtschaftsraumes? 

Dietmar Woidke: Nach schwierigen Aufholjahren hat sich Brandenburg zu einem Zugpferd entwickelt. Ganz klar: Die Nachbarschaft zu Berlin hilft. Aber wir haben dazu die Grundlagen geschaffen. Pragmatische Wirtschaftspolitik, gezielte Industrieansiedlungen, konzentrierte Wissenschaftspolitik und dazu kommt als Schlüssel zur künftigen Wirtschaftsentwicklung unser starker Ausbau der erneuerbaren Energien.

W+M: Seit der Bundestagswahl haben wir einen neuen Ostbeauftragten. Hätten Sie gedacht, dass es im Jahr 2022 noch einer solchen Funktion bedarf?

Dietmar Woidke: Im Jahr 2000 hätte ich nicht gedacht, dass wir diesen Beauftragten 22 Jahre später noch brauchen würden. Aber es ist noch notwendig, denn viele Aufgaben stehen vor uns. Was mich freut: Der Beauftragte ist heute kein Botschafter mehr nur der schwierigen Lage, sondern auch Netzwerker guter Entwicklungen.

W+M: Carsten Schneider, der neue Ostbeauftragte ist sogar Staatsminister im Kanzleramt. Wie bewerten Sie das und welche Anforderungen stellen Sie an ihn?

Dietmar Woidke: Er ist der Richtige an der richtigen Stelle. Seine Lebenserfahrung prädestiniert ihn für diese Aufgabe. Dass er im Kanzleramt sitzt, finde ich sehr gut. Das zeigt, dass Kanzler Olaf Scholz die Aufgabe nicht auf das Wirtschaftsressort reduziert – so war das bei Schneiders Vorgängern –, sondern sie als allgemeingesellschaftlich anerkennt. Schneider ist jetzt Querschnittsminister mit direktem Draht zum Kanzler. Er hat wichtige Themen vor sich und kümmert sich darum: Angleichung Löhne, Tarifbindung, Ostdeutsche in Führungspositionen, Anerkennung ostdeutscher Lebensleistungen und vieles mehr. Seine bisherigen Äußerungen zeigen mir: Er hat einen guten Blick auf das Ganze.

Dr. Dietmar Woidke im Gespräch mit W+M-Verleger Frank Nehring. Foto: W+M

Interview: Frank Nehring