Wer hat nicht schon mal den Spruch von Otto von Bismarck gehört, der nach Mecklenburg ziehen wollte, wenn die Welt untergeht, weil dort (angeblich) „alles 50 Jahre später“ geschehe. Zwar gibt es heute in einigen wirtschaftlichen Bereichen in Mecklenburg-Vorpommern einen Nachholbedarf, aber das Land hat auch vieles Interessante zu bieten. Zahlreiche Alleinstellungsmerkmale – Hat Sonst Keiner – in den Kategorien „Natur und Infrastruktur“, „Kultur- und Freizeit“ und „Wissenschaft und Wirtschaft“ kennzeichnen die Attraktivität von MV als Lebens-, Wirtschafts- und Tourismusstandort. Allerdings wird vielerorts bekundet, dass die Kommunikation zwischen den Regionalakteuren und das Landes- bzw. Regionalmarketing zu verbessern ist, damit die Herausforderungen der Zukunft besser gemeistert werden. Ein sichtbares Zeichen der neuen Landesregierung ist die Schaffung einer Zukunftsagentur MV. Von Prof. Dr. Norbert Zdrowomyslaw.
In der Koalitionsvereinbarung 2021-2026 ist festgehalten: „Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik verlangt eine enge Vernetzung und Verzahnung der hierfür relevanten Aufgabenbereiche. Durch eine gemeinsame Strategie sowie effiziente Abstimmung und Koordination aller Aufgabenfelder sind im Wettbewerb der Regionen und der Außendarstellung des Landes für Mecklenburg-Vorpommern positive Effekte zu erwarten. Die Koalitionspartner vereinbaren daher, im Dialog mit den Wirtschaftspartnern eine MV Zukunftsagentur (ZAG MV) zu gründen, die zukünftig alle relevanten Aktivitäten unter anderem der Wirtschaftsfördergesellschaft Invest in MV, des Landesmarketings MV tut gut, der BioCon-Valley GmbH, der Rückholagentur MV 4 you!, des Tourismusverbandes MV und gegebenenfalls auch des Agrarmarketings schrittweise unter einem Dach zusammenführen und koordinieren soll. Aufgabe der ZAG MV soll es auch sein, die einheimischen Unternehmen bei der Bildung von Branchennetzwerken und der Schaffung industrieller Cluster zu unterstützen. Die Koalitionspartner sehen in einem modern aufgestellten und weiterentwickelten Marketing für das Land eine große Chance, Mecklenburg-Vorpommern als Marke erfolgreich im nationalen und internationalen Wettbewerb zu positionieren.“
Die Zukunftsgestaltung von Wirtschaftsstandorten und Bundesländern bleibt eine ständige Herausforderung. Das Koalitionspapier der neu gebildeten Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern unter Leitung von der Ministerpräsidentin Manuela Schwesig liegt vor und das rot-rote Kabinett ist gebildet. Das Ministerium „Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit“ übernimmt Reinhard Meyer von der SPD. Fünf Frauen und vier Männer bilden das Kabinett.
Die grundsätzlich positive Position zum Koalitionsvertrag fassen die drei IHKs in MV folgendermaßen zusammen: Die IHKs in MV bewerten den vorliegenden Koalitionsvertrag als solide Grundlage für die weitere Zusammenarbeit. Zahlreiche Forderungen der Wirtschaft finden ihre Berücksichtigung und haben das Ziel, MV weiterzuentwickeln und zukünftige Chancen besser zu nutzen. Nur wenige Punkte des Koalitionsvertrages lehnt die Wirtschaft ab. Dazu gehören Vorhaben zur Einführung weiterer Unternehmensabgaben zur Tourismusfinanzierung, die Änderung von Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Bindung an tarifliche Entlohnungen und die Einführung eines Feiertages am 8. März zu Lasten der Unternehmen. „Dieser Koalitionsvertrag beinhaltet viele Vorhaben, die unser Land wirtschaftlich voranbringen können. Neben den wenigen Kritikpunkten überwiegen aus unserer Sicht die Ziele, welche die Wirtschaft seit einigen Jahren intensiv einfordert. Unsere umfassenden Forderungen im Vorfeld der Landtagswahlen 2021, aber auch die über Jahre beständige und fachlich fundierte Arbeit der IHKs, finden sich in diesem Papier wieder. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich das klare Bekenntnis zur Steigerung der Wertschöpfung durch mehr Industriearbeitsplätze. Wir bekräftigen unsere Bereitschaft, die Landesregierung bei der Umsetzung dieser Ziele zu unterstützen“, so Matthias Belke, geschäftsführender Präsident der IHKs in MV.
Der Autor: Mit dem Thema Standort- und Mittelstand beschäftigt sich Prof. Dr. Norbert Zdrowomyslaw seit er 1992 seine Professur an der Stralsunder Fachhochschule aufnahm. Dabei betrachtet er das Lehr- und Forschungsprojekt „Standort- und Mittelstandsoffensive MV“ als Dachprojekt für zahlreiche praxisnahe Projekte und Veröffentlichungen. Die Ergebnisse werden regelmäßig der Öffentlichkeit präsentiert. So erscheint regelmäßig ein Beitrag des Teams von Prof. Zdrowomyslaw zum Themenfeld Region und Mittelstand im Vorpommern Magazin in der Rubrik „Zukunft MV“. Allein in den letzten vier Jahren sind fünf Bücher des Projektteams vom MV Verlag & Marketing GmbH mit dem Fokus MV und Regionalwirtschaft verlegt worden. Das kürzlich erschiene Buch trägt den Titel „Leuchttürme der Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommern. Kreative und innovative Unternehmen, strategische Netzwerke und Cluster zur Steigerung regionaler Wertschöpfung“. In der Regel handelt es sich um Gemeinschaftsveröffentlichungen bei denen Studierende und Regionalakteure als Autoren mitwirken.