Wer die Ohren spitzt, kann es hören – das leise Surren, das rund um das Wildauer Zentrum für Luft- und Raumfahrt in der Luft liegt. Ursache sind mehrere kleine Drohnen, die hier in der Vormittagssonne in der Luft schweben und wie von unsichtbarer Hand gesteuert immer wieder den Anflug auf eine Plattform probieren, die in einen umgebauten Schiffscontainer integriert ist. Dies ist der Kern der Vision des französischen Unternehmers Olivier Le Lann, die vor den Toren Berlins wahr werden soll. Mit der sogenannten „Vertical Station“, einer modularen Start-, Lande-, Lade- und Kontrollstation für Drohnen, hat das Team von „Skylink Industries“ den Grundstein für eine neue Infrastrukturindustrie gelegt. Dabei ist das Start-up in Wildau, im Norden des Landkreises Dahme-Spreewald, in bester Nachbarschaft mit zahlreichen weiteren jungen Hightech-Unternehmen. Von Kristin Schiller.
Beim Vorbeigehen ist kaum zu erkennen, was sich hinter den unauffälligen Fassaden des Wildauer Technologie- und Wissenschaftspark verbirgt. Hier wird getüftelt, entwickelt und getestet: Vom autonomen Fahren mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G über telemedizinische Entwicklungen und Anlagen zur Wasserstoffproduktion bis hin zu emissionsarmen Flugantrieben setzen sich mehr als 2.000 hochqualifizierte Beschäftigte mit den Herausforderungen der Zukunft auseinander. Skylink Industries ist dabei eines von knapp 70 jungen innovativen Unternehmen aus den Branchen Mobilität, Digitalisierung, Green Tech und Life Science, die sich in der Region Zeuthen – Wildau – Königs Wusterhausen in den vergangenen 30 Jahren angesiedelt haben.
Aufstrebender Standort für Wissenschaft, Forschung und Hightech
Dass sich die Region für Beschäftigte aus der ganzen Welt zu einem attraktiven Ort zum Leben und Arbeiten entwickelt hat, lässt sich auch maßgeblich auf die Gründung der Technischen Hochschule (TH) Wildau im Jahr 1991 zurückführen. Zurecht kann sie sich als Nukleus der Technologie- und Wissenschaftsregion bezeichnen, bietet sie doch mit 15 Studiengängen u.a. in naturwissenschaftlichen, ingenieurtechnischen und betriebswirtschaftlichen Disziplinen ein wichtiges Fundament für die Ausbildung der Nachwuchskräfte. Gleichzeitig ist auch für die Vernetzung der Wissenschaft gesorgt, denn in unmittelbarer Nachbarschaft zur TH Wildau sowie zum Zentrum für Luft- und Raumfahrt haben erst kürzlich zwei weitere Einrichtungen eine neue Heimat gefunden: Zum einen das Zentrum für Künstliche Intelligenz in der Public-Health-Forschung am Robert-Koch-Institut (ZKI-PH), zum anderen das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung mit dem Forschungsbereich Polymermaterialien und Composite (PYCO). Die beteiligten Akteure profitieren dabei nicht nur durch den Austausch von Know-how. Auch die Wege zu Industriekunden sind dank der verkehrsgünstigen Lage an den Autobahnen A10, A12, A13 und A113 und des ausgebauten Bahnnetzes kurz – großes Potenzial für die weitere Entwicklung.
In bester Nachbarschaft mit Mensch, Natur und Technik
Um die Region entlang der Dahme als Technologie- und Wissenschaftsstandort weiter zu stärken, haben sich 10 Gründungspartner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung im Regionalnetzwerk dahme_innovation zusammengeschlossen. Die gemeinsame Mission: Standortentwicklung und Standortmarketing. Umfassende Pläne gibt es bereits. So sollen in den nächsten Jahren unter anderem ein Welcome Center für internationale Gäste und ein Förderzentrum zur strukturierten Entwicklung junger, wachstumsstarker Start-ups ins Leben gerufen werden.
An jungen Unternehmen mangelt es jedenfalls nicht: Zahlreiche kluge Köpfe und Tüftler treiben ihre Projekte rund um das Technologie- und Gründerzentrum Wildau engagiert voran. Schon heute sind die in der Region ansässigen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen durch Kooperationsprojekte, Kundenbeziehungen und geschäftliche Partnerschaften weltweit vernetzt. Bestes Beispiel: Die FTT Deutschland GmbH, deren Mutterkonzern in Florida sitzt und die sich mit der Entwicklung klimafreundlicher Gasturbinen beschäftigt. Mit dem französischen Unternehmen McPhy hat sich gleich nebenan ein weiterer internationaler Player niedergelassen. Mit der Entwicklung und dem Engineering von Elektrolysesystemen mit sehr hoher Kapazität steht hier die zukünftige Energieversorgung mithilfe von grünem Wasserstoff im Fokus. Und auch bei der mehrfach ausgezeichneten ME Energy GmbH, weltweit erster Anbieter und Betreiber von stromnetzunabhängigen und CO2-neutralen Schnellladestationen, dreht sich alles um das Thema Nachhaltigkeit.
Angesichts dieser Hightech-Entwicklungen bescheinigt auch Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg, dahme_innovation hervorragende Zukunftsaussichten: „Schon jetzt wird hier an vielen spannenden Zukunftsthemen geforscht und gearbeitet. Ich bin überzeugt, dass die Standortentwicklung unter dem Label dahme_innovation noch weiter forciert werden kann und sich die Region auch international einen Namen machen wird – als Ideenschmiede und Ort, an dem aufgeschlossene Akteure ihre Ideen gemeinsam mit Ehrgeiz und vielfältigem Know-how in die Tat umsetzen.“
Auch für Skylink Industries steht der stetige Ausbau des Know-hows im Fokus: Als nächster Schritt in ihrem Drohnenprojekt soll die Landung auf der „Vertical Station“ mit zusätzlicher Ladung – wie z.B. Blutkonserven – realisiert werden. Und da die Mittagszeit über alle Testflüge schon weit überschritten ist und der Magen knurrt, liegt nichts näher, als ein Konzept für die regelmäßige autonome Pizzalieferung per Drohne in die Tat umzusetzen.