Die Politik hat entschieden, dass Deutschland bereits 2045 und nicht erst 2050 klimaneutral sein soll. Nach Ansicht des enviaM-Vorstandsvorsitzenden Dr. Stephan Lowis spielt dafür neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien der Ausbau der Netze eine Schlüsselrolle. „Die Strom- und Gasnetze bilden die Basis für die angestrebte Klimaneutralität und sind damit der Dekarbonisierungs-Motor. Dies gilt vor allem für die Verteilnetze.“
An die Strom-Verteilnetze sind mehr als 90 Prozent der Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien angeschlossen. Die Gas-Verteilnetze sind langfristig ein wichtiger Speicher für Strom aus erneuerbaren Energien, der in Wasserstoff umgewandelt werden kann. „Insbesondere für den Ausbau der Stromnetze müssen die Genehmigungsverfahren vereinfacht werden. Wichtig ist auch ein freundliches politisches Klima, das Netzbetreibern die notwendigen Investitionen ermöglicht“, so Lowis weiter.
Bessere Vermarktung erneuerbarer Energien gefragt
Nach Auffassung von Lowis müssen die in Ostdeutschland im Überfluss vorhandenen erneuerbaren Energien noch besser vermarktet werden. „Ostdeutschland ist beim Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich weiter als andere Regionen. Wir verfügen damit über sehr gute Ausgangsbedingungen, um die Klimaneutralität zu erreichen und müssen diesen Wettbewerbsvorteil noch stärker ausspielen.“
Massiver Ausbau der Stromnetze erforderlich
Wie der Ausbau der erneuerbaren Energien muss auch der Ausbau der Stromnetze deutlich schneller vorangetrieben und in Gleichklang gebracht werden. Der Ausbau der Stromnetze hinkt seit Beginn der Energiewende dem Ausbau der erneuerbaren Energien hinterher. Im Durchschnitt dauert aktuell der Neubau eines Photovoltaikparks zwei bis drei Jahre und der Neubau einer Hochspannungsleitung sieben bis zehn Jahre.
„Wir müssen die Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Stromnetze umgehend straffen. Dafür sind die Prozesse durchgehend zu digitalisieren. Nach wie vor sind Planungsunterlagen für Hochspannungsprojekte wissenschaftliche Werke. Sie füllen pro Projekt 50 Ordner mit 15.000 Seiten Papier. So kommen wir nicht voran“, betont Lowis.„Der Handlungsdruck ist hoch. Allein für unser Netzgebiet liegen Anträge für den Ausbau der erneuerbaren Energien von 16 Gigawatt bis 2030 vor.“
Momentan erzeugen im Netzgebiet der enviaM-Gruppe rund 53.000 Anlagen mit einer installierten Leistung von rund 10 Gigawatt grünen Strom. Die erneuerbaren Energien decken hier rein rechnerisch rund 120 Prozent des Stromverbrauchs ab. Der Energiedienstleister stellt als größter Verteilnetzbetreiber in Ostdeutschland rund 300 Millionen Euro pro Jahr für den Ausbau seiner Stromnetze bereit. Allein im Jahr 2021 wird das Unternehmen 31 Umspannwerke neu bauen, modernisieren und sanieren oder verstärken und erweitern. Wo immer möglich, erfolgt ein intelligenter Ausbau der Stromnetze.
Regulierungsfreundliche Rahmenbedingungen für Investitionen in Stromnetze notwendig
Um auch weiterhin ausreichend in die Stromnetze investieren zu können, sind Verteilnetzbetreiber wie die enviaM-Gruppe auf auskömmliche regulatorische Rahmenbedingungen angewiesen. „Wir befinden uns momentan in Beratungen zur Novelle der Anreizregulierung und sehen die Vorschläge der Bundesnetzagentur mit großer Sorge. Bleibt es dabei, werden die notwendigen Erlöse für Investitionen in die Stromnetze drastisch sinken. Dies ist nicht hinnehmbar, da so das Ziel der Klimaneutralität stark gefährdet wird“, unterstreicht Lowis.
Gasnetze für die Nutzung von Wasserstoff attraktiver machen
Um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, sind neben den Strom-Verteilnetzen auch die Gas-Verteilnetze von grundlegender Bedeutung. Sie sind in der Lage, Strom aus erneuerbaren Energien, der in Wasserstoff umgewandelt wird, zu speichern. Die enviaM-Gruppe verfügt als Verteilnetzbetreiber über Gasnetze, die sowohl für die Beimischung als auch für den ausschließlichen Transport von Wasserstoff sehr gut geeignet sind. Schon jetzt ist eine Beimischung von 20 Prozent möglich. „Um die Nutzung und die Verteilung von Wasserstoff attraktiver zu machen, muss die Politik entsprechende Anreize schaffen. Der Strom aus erneuerbaren Energien, der für die Umwandlung in Wasserstoff genutzt wird, sollte von Abgaben und Umlagen befreit werden“, fordert Lowis.