Donnerstag, April 25, 2024

Niederlande – weltoffen, unkompliziert, schwungvoll. Wachstumsmarkt für deutsche Unternehmer

Die Niederlande, ein Königreich ganz groß. Über ein Viertel der Landesfläche unter dem Meeresspiegel. Mit 2790 km Autobahnen, das dichteste Wegenetz in der EU. Wenigstens 10 Parteien, die die parlamentarische Demokratie beeinflussen. Weltoffen und Weltmeister im Handel mit einem Brückenkopf in der Karibik; drei sonnige Inseln: Aruba, Bonaire, Curacao.
Auch wenn Staaten eine gemeinsame Grenze haben und einen florierenden Handel betreiben, sollte sich jeder Unternehmer bewusst sein, dass kulturelle Unterschiede negieren, schnell zu einer negativen Bilanz führen kann.
Wer erfolgreiche Geschäfte beim Nachbarn Holland erwartet, sollte nicht versäumen einige Besonderheiten zu erkennen und auch zu akzeptieren. Von Rainer G.P. Dumpff.

„Wasserland“

26 Prozent der Niederlande liegen unter dem Meeresspiegel. Als „Wasserland“ mit 17,4 Millionen Einwohnern und einer Küstenlänge von 450 km entlang der Nordsee hat man gelernt, dem Meer (Bau) -Land abzugewinnen und Überschwemmungen zu vermeiden. 4.400 km schiffbare Flüsse, Kanäle und Seen werden für die Logistik und Freizeit genutzt. Der Rhein ist die logistische Wasserstraße vom Rotterdamer Hafen über Duisburg bis in viele Industriezentren Deutschlands. Die Kenntnis, die beim Wassermanagement in den Niederlanden über viele Jahrhunderte erworben wurde, kann auch in Kooperation mit deutschen Unternehmen und der Wissenschaft genutzt werden.

Grenzen verbinden

Um eine grenzenlose Zusammenarbeit im deutsch-niederländischen Grenzgebiet zu erreichen, erfolgte bereits 1958 der Startschuss in der Grenzstadt Gronau für die erste EUREGIO. 2021 engagieren sich mit Erfolg, grenzüberschreitend 129 deutsche und niederländische Städte, Gemeinden, (Land-)Kreise und „Waterschappen“. Im Jahr 2021 ist die die Zahl der Europaregionen an den deutschen Außengrenzen auf 31 angewachsen.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Niederlanden umfasst weitaus größere Dimensionen. Ende 2020 waren im Königreich der Niederlande ca. 2.100 deutsche Unternehmen aus nahezu allen Bundesländern aktiv. Firmen aus unterschiedlichsten Branchen, die im Land der Tulpen und Windmühlen den Landesgesetzten unterliegen. Etwa die gleiche Anzahl von holländischen Unternehmen sind in Deutschland angesiedelt.

Auch wenn Niedersachen und Nordrhein-Westfalen eine gemeinsame Grenze mit den Niederlanden in einer Länge von 567 km haben und NRW 2019 für 20 Milliarden Euro Waren nach den Niederlanden exportiert hat und für rund 40 Milliarden Euro importiert hat, steht der Markt allen Unternehmen offen. Gerade die neuen Bundesländer können vom weltoffenen Handelsgeist und der unbürokratischen Arbeitsweise der Holländer profitieren. Auf niederländischer Seite sieht man es als besonders positiv, dass Unternehmen aus den „Neuen Ländern“ oftmals über exzellente Kontakte in die osteuropäischen Staaten und Russland verfügen. Im Gegenzug kann der niederländische Partner eine Brücke in Richtung Westen bedeuten.

Im Freistaat Sachsen haben zum Beispiel über 440 Unternehmen angegeben, in den Niederlanden geschäftliche Kontakte zu unterhalten. Auf die Frage nach einem Engagement der Sachsen kamen die Niederlande auf Platz 8. Auch bietet die „Neue Seidenstrasse“ mit den stetig wachsenden Transportverbindungen neue Chancen für andere Geschäftsbereiche als ausschließlich für den Transport von Gütern. Beispielsweise könnten gemeinsame Projekte zur Klimaneutralität entwickelt werden, wobei ein weitsichtiges, visionäres Denken die Grundlage aller Zusammenarbeit sein sollte.

 

Arbeitsteilung & Handel

Deutschland ist schon seit Jahren mit Abstand der wichtigste Handelspartner der Niederlande. Laut Auswärtigem Amt sind weltweit lediglich die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den USA und Kanada intensiver als diejenigen zwischen Deutschland und den Niederlanden.

Die Niederland stehen an 4. Stelle aller Exporteure weltweit. Etwa 75 Prozent der arbeitenden Bevölkerung ist im Dienstleistungsbereich tätig. Etwa 25 Prozent in der Industrie und nur etwa vier Prozent in der Landwirtschaft und doch ist Holland ein wichtiger Agrarmarkt. In enger Abstimmung mit der Wissenschaft wird für Nachhaltigkeit gesorgt und nach modernsten Anbaumethoden geforscht und auch landesweit umgesetzt.  Ein starker Partner für die einheimische Landwirtschaft der gleichzeitig auch internationalen Anerkennung findet ist die „Wageningen University & Research“. Beim Leser vielleicht noch bekannt unter dem Namen Rijks Hooge School voor Landbouw.

Die Niederlande sind weltweit das zweitwichtigste Lieferland für Deutschland. Das Königreich exportierte 2019 Waren im Wert von 98,2 Mrd. Euro nach Deutschland. Im Corona-Jahr 2020 für 88,4 Mrd. Euro (Quelle: Destatis). Die wichtigsten niederländischen Erzeugnisse auf dem deutschen Markt sind chemische Produkte, mineralische Brennstoffe und Schmiermittel sowie Maschinenbauprodukte und Fahrzeuge. Auch viele Modeartikel machen einen Umweg über Holland bis sie den deutschen Konsumenten erreichen.  Im Jahr 2019 exportierte Deutschland (Quelle: Statistisches Bundesamt) Waren im Wert von rund 92 Mrd. Euro in die Niederlande. Im Corona- Jahr 2020 waren es 84,2 Mrd. Euro.  Das Land belegt damit weltweit gesehen Platz vier der wichtigsten Abnehmerländer Deutschlands. Hauptimportgüter aus Deutschland sind Maschinenbauerzeugnisse, chemische Erzeugnisse und verschiedene Fertigwaren. Die deutschen Autohersteller haben es nicht leicht, da der Holländer nicht sehr markentreu ist und sich gern weltweit informiert. Und nicht zu unterschätzen: der Preis muss stimmen!

Holländer mit Handelsgeist

Die Niederländer mit einem pragmatischen Handelsgeist sind in der Beurteilung ihrer eigenen Leistung und der weltweiten Möglichkeiten flexibler, informeller und besonders zügig in der Umsetzung. Es werden schnell Lösungen gefunden, um sich jeder neuen Situation anzupassen. Geographische Abstände bestehen für den Holländer nicht. Mündliche Vereinbarungen haben auch anno 2021 für den Niederländer eine bindende Bedeutung

Weltmarken der Global-Player aus den Niederlanden

Shell, Unilever, Akzo Nobel, Philips, im Finanzbereich die ING Group, die einen kostenlosen weltweiten Internet Wirtschaftsdienst anbietet, Rabobank, Aegon-Versicherungen, das Bier in grünen Flaschen Heineken. Im Bereich Infrastruktur  und Transport sind noch die Häfen Amsterdam und Rotterdam, Europas größtem Tiefseehafen sowie der Flughafen Amsterdam – Schiphol, Platz 3 in Europa mit 71 Millionen Passagieren (2019) und den Transeuropäischen Transportnetzen zu nennen. Gerade bei den Transportnetzen und der Verkehrsinfrastruktur bieten sich viele Geschäftsmöglichkeiten für Unternehmer aus allen Teilen Deutschlands.

Foto: Leon Willems / Port of Rotterdam, Das Portgebäude vom Hafen Rotterdam „Kop vaan Zuid“

Die DNHK (Deutsch-Niederländische Handelskammer) in Den Haag verweist auf Sektoren, die für deutsche Unternehmen interessante Markmöglichkeiten bieten. Dazu gehören u.a. der gesamte Energiesektor, die Medizintechnik, der Infrastruktur-Bau und die Experimentierlabore, in denen Wissenschaft, Industrie und Staat eng zusammenarbeiten. Die ING Bank hat zur Bedeutung des E-Health- Marktes eine umfangreiche Studie verfasst, die abrufbar ist.

Für Unternehmen im globalen Wettbewerb sind die Niederlande von jeher interessant, um in diesem starken Wirtschaftsraum ein Standbein zu haben. Hier werden alle Wertschöpfungsketten genutzt. Die bürokratischen Hürden werden flach gehalten und die steuerlichen Lasten sind moderat. 2019 haben sich 397 international orientierte Unternehmen, wie z.B. Fresenius, Fujifilm, Irvine Scientific und Swisscom mit Hilfe des „Invest in Holland – Netzwerks“ für  die Niederlande entschieden. Insgesamt wurden 4,3 Milliarden Euro investiert und 14.000 Arbeitsplätze neu geschaffen

Der niederländische Staat bietet ausländischen Unternehmen, die in Holland Geschäftspartner suchen, den Handel erweiten wollen oder eine Firma gründen möchten den „Ondernemersplein“. Hier gibt es Antworten zu jeder erdenklichen Frage – Regierungskonform! Eine kleine Einschränkung: diese Seite gibt es nur in Niederländisch!

Auch wenn beide Länder eine enge wirtschaftliche und kulturelle Beziehung verbindet, an dieser Stelle ein Zitat vom langjährigen Deutschland-Korrespondenten Rob Meines, der für das NRC Handelsblad aus Berlin viele Jahre berichtet hat. Zitat: „Die Exporterfolge der Bundesrepublik beweisen, dass deutsche Produkte weltweit gefragt sind. Niemand in Deutschland könnte auf die Idee kommen, dass es sich nicht um absolute Qualität handelt, dass ein besonderes Image auf bereits verflossene Erfolge beruht und dass inzwischen an anderen Orten der Welt dieselben oder sogar bessere Dinge produziert werden.“

Das größte Fahrradparkhaus der Welt mit 12.500 Stellplätzen. Foto: CU230.nl,

Fahrrad und Amsterdam                                                                                     

Das Fahrrad ist ein schnelles Fortbewegungsmittel in Großstädten. Amsterdam ist die fahrradfreundlichste Stadt der Welt, hier gibt es aktuell etwa 900.000 stolze Besitzer eines Drahtesels und im Zentrum der Niederlande im Bahnhof Utrecht das IT- gesteuerte Parkhaus für 12.500 Fahrräder.

Interessant dürfte nicht nur die hohe Anzahl der Fahrräder in der Hauptstadt sein, sondern die Skyline vom „neuen“ Amsterdam – hier spiegelt sich die weltweite Ausstrahlung niederländischer Architekten (Jaap Bakema, H.P.  Berlage, Sjoerd Soeters, Rem Koolhaas) wieder. Neben dem Geschäftlichen sollte das Europäische Zentrum für Healthcare, die Museumslandschaft, das „Braune Cafè /Bruine Kroeg“ an der Ecke Brouwersgracht, die Angliederung von modernen Trabantenvierteln an das „alte“ Amsterdam nicht vergessen werden.

Über den Autor

Der Autor Rainer G.P. Dumpff hat in 13 Ländern, auf 4 Kontinenten gelebt, gearbeitet und gelernt, kulturelle Unterschiede zu respektieren. Seit 13 Jahren ist sein Unternehmen DPM Dumpff Project Management B.V. (Gründungsjahr 1985 in Amsterdam) in China aktiv. Dabei gehören die Luftfahrt, Entwicklung von „Green Cities“ mit nachhaltiger Infrastruktur und urbaner Mobilität zu den Hauptaufgaben. Als Mitglied im BWA – Bundesverband für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft – unterstützt er Auslandinitiativen.

Foto: Rainer G.P. Dumpff (c) JYang

 

 

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