Die ostdeutschen MPs beim OWFZUKUNFT: „Wir sind noch hungrig auf Industrieansiedlungen.“
Auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum (OWF) diskutierten die Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke (Brandenburg, SPD), Michael Kretschmer (Sachsen, CDU), Bodo Ramelow (Thüringen, DIE LINKE) und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) über Ansiedlungserfolge im Osten und die Chancen der Transformation.
Brandenburgs Regierungschef Dr. Dietmar Woidke brachte es auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum auf den Punkt: „Berlin-Brandenburg is the place to be“, zitierte Woidke aus einen Gespräch mit einem Wirtschaftsmanager. Diese Sichtweise der Wirtschaft spüre das Land auch ganz praktisch: „Wir hatten 2020 mitten in der Corona-Pandemie so viele industrielle Investitionen in Brandenburg wie noch nie zuvor in der Geschichte des Landes“, so Woidke, der zum Ostdeutschen Wirtschaftsforum nach Bad Saarow angereist war.
Grundlage für den Erfolg der Brandenburger Wirtschaftspolitik sei unter anderem der konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien. „Brandenburg ist das einzige Bundesland, das mehr an erneuerbaren Energien erzeugt, als es selbst an Strom verbraucht“, erklärte Woidke und fügte hinzu: „Wir haben das Selbstbewusstsein, einen Führungsanspruch zu formulieren, etwa bei der Elektromobilität. Ostdeutschland nimmt wirtschaftliche Erfolge nicht als selbstverständlich. Wir sind noch hungrig auf Industrieansiedlungen.“
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sieht die Chancen Ostdeutschlands vor allem bei den Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Wasserstoff oder Klimaschutz. Sein Credo: „Man muss sich klare Schwerpunkte und ambitionierte Ziele setzen und diese auch mit finanzieller Schwerpunktsetzung begleiten.“ Berlin habe zu lange versucht, auf allen Gebieten Weltmeister zu sein, räumte Müller auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum ein. Nun setze die Berliner Wirtschafspolitik Schwerpunkte etwa beim Thema Medizin und Gesundheit. Müller nannte als Beispiel den geplanten Aufbau eines Digitalen Herzzentrums in Berlin. Die Anziehungskraft Berlins verortete Müller in dem starken universitären und außeruniversitären Umfeld der Stadt. Auch die Investitionen großer Konzerne wie Siemens, Bayer oder BMW knüpften daran an.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der beim OWF aus Dresden zugeschaltet war, wehrte sich gegen den Begriff des „Nachbaus West“ in früheren Jahren. Sachsen sei von Beginn an eigene Wege gegangen, etwa in der Bildungs- und Hochschulpolitik. Der Freistaat habe sich einen Schwerpunkt in der Mikroelektronik gesetzt, betonte Sachsens Ministerpräsident und nannte als Beispiel für die Erfolge die aktuell größte Investition in der Firmengeschichte von Bosch in Dresden. Kretschmer kündigte an, dass Sachsen künftig Wissenschaft und Forschung auch stärker in der Fläche etablieren wolle. Er nannte den GlasCampus Torgau, das Kompetenzzentrum für Kälte- und Klimatechnik in Reichenbach im Vogtland oder die Forschung zum Autonomen Zugverkehr im Erzgebirge. „Wir sind eine Region, in der noch viel möglich ist“, sagte Kretschmer über Ostdeutschland.
Bodo Ramelow führte für Thüringen die Investitionen von rund zwei Milliarden Euro für den Aufbau einer Batteriefabrik am Erfurter Kreuz an. „Wir sind ein starker Teil der Bundesrepublik“, sagte Ramelow und verwies darauf, dass Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gemeinsam wirtschaftlich den zwölften Platz in Europa einnehmen würden.
Zu den Thüringer Schlüsseltechnologien zählte Ramelow die Optik. Der Einsatz optischer Technologien aus Thüringen etwa bei der Marsmission sei ein herausragendes Beispiel für die internationalen Erfolge Thüringer Unternehmen. Ramelow, live aus Erfurt zu der Diskussion in Bad Saarow zugeschaltet, forderte vom Bund die Ansiedlung neuer wissenschaftlicher Einrichtungen in Ostdeutschland. Jüngste Entscheidungen, wie die Vergabe des neuen Mobilitätszentrums nach Bayern, empfinde er als sehr ärgerlich, sagte Ramelow.