Freitag, November 22, 2024

Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum setzt Zeichen für einen Aufbruch Ost

Das sechste Ostdeutsche Wirtschaftsforum in Bad Saarow hat unter dem Titel „Mut zum Vorsprung“ die Chancen der ostdeutschen Wirtschaft für eine führende Rolle bei der Transformation der Wirtschaft aufgezeigt. Bundesfinanzminister Scholz rief in seiner Eröffnungsrede zu einem Aufbruch Ost auf: „Wir müssen uns mutige Ziele setzen, gerade auch für Ostdeutschland. Ostdeutschland braucht Fortschritt und gute Lebenschancen.“ Ein Beitrag von Matthias Salm.

Ostdeutschland brauche die Chance auf einen Vorsprung, forderte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor den Spitzen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum (OWF). Die Chancen hierfür böten sich bei den Zukunftsthemen Mobilität, Klima, Digitalisierung und Gesundheit. Als Beispiele für den Aufbruch Ost nannte er die Elektro-Auto-Produktion bei Volkswagen in Zwickau, die Tesla-Fabrik in Grünheide, den Bau der CATL-Batteriefabrik am Erfurter Kreuz oder den Ausbau des Bahn-Instandhaltungswerks in Cottbus. Der Aufbau Ost dürfe nicht länger ein Nachbau West sein. „Aber wer immer nur nachbaut, kann nie Erster sein“, sagte Scholz.

Olaf Scholz beim OWFZUKUNFT am 14.06.2021. Foto: Ralf Succo

Ausdrücklich lobte Scholz die Idee eines Zukunftszentrums in Ostdeutschland. Scholz „Hier sollen die Erfahrungen der Transformation in Ostdeutschland analysiert und zugleich vorgedacht werden, wie künftige Transformationen bewältigt werden können.“ Der Bundesfinanzminister kündigte eine zeitnahe Beratung des Themas im Bundeskabinett an.

Gleichzeitig kritisierte Scholz, dass zu wenig Ostdeutsche in Führungspositionen in Wirtschaft und Gesellschaft vertreten seien. Noch immer fühlten sich viele Ostdeutsche als Bürger zweiter Klasse, sagte Scholz und verwies auf Unterschiede bei Einkommen, Vermögen und Erbschaften sowie auf fehlende Konzernzentralen und Forschungseinrichtungen in den ostdeutschen Bundesländern.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz nahm bereits zum dritten Mal am Ostdeutschen Wirtschaftsforum teil. Er erklärte zu diesem Anlass seine Unterstützung zur Weiterentwicklung des OWF als wichtigem Spitzentreffen der ostdeutschen Wirtschaft. Diese Unterstützung sicherte auch die ostdeutsche Ministerpräsidentenkonferenz zu.

Altmaier setzt auf Wasserstoffwirtschaft in Ostdeutschland

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eröffnete den zweiten Tag des Ostdeutschen Wirtschaftsforums. Altmaier, ebenfalls zum dritten Mal Gast beim OWF, hob in seiner Rede die Hilfsleistungen des Bundes für die Wirtschaft während der Corona-Krise hervor: „Wir sind besser durch die Krise gekommen als die meisten anderen Länder in Europa. Und wir sind in den neuen Bundesländern besser durch die Krise gekommen als in den alten.“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier
beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow. Foto: OWF/Ralf Succo

Altmaier zeigte sich zudem überzeugt, dass die Zeit günstig sei für Zukunftsinvestitionen in Ostdeutschland. Als Beispiele nannte er die geplanten Infrastrukturprojekte in den Braunkohlegebieten und eine grüne Wasserstoffwirtschaft auf der Basis erneuerbarer Energien. Drei Milliarden würden für die Förderung von Wasserstoff-Projekten in  Ostdeutschland bereitgestellt, so Altmaier. Auch in der Automobilwirtschaft stünden die Zeichen auf Veränderung. VW und BMW und künftig Tesla bauen ihre Elektroautos im Osten „Jedes siebte Auto in Deutschland wird bereits in Ostdeutschland produziert“, betonte der Bundeswirtschaftsminister.

In der Runde der Ministerpräsidenten und des Regierenden Bürgermeisters von Berlin hoben Michael Müller (Berlin, SPD) und Dr. Dietmar Woidke (Brandenburg, SPD) vor Ort sowie die live zugeschalteten Bodo Ramelow (Thüringen, DIE LINKE) und Michael Kretschmer (Sachsen, CDU) die Chancen der ostdeutschen Wirtschaft nach der Pandemie hervor.

Dietmar Woidke, Ministerpräsident Brandenburgs
Foto: Ralf Succo

„Wir wollen den Prozess der Industrieansiedlungen weiter fortsetzen“, erklärte etwa Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, „Wir hatten 2020 mitten in der Corona-Pandemie so viele industrielle Investitionen in Brandenburg wie noch nie zuvor in der Geschichte des Landes.“ Als Grundlage für den Erfolg sieht er den Ausbau der erneuerbaren Energien in Brandenburg. Das helfe den Unternehmen beim Erreichen ihrer Klimaziele. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller forderte: „Man muss sich klare Schwerpunkte setzen. In Berlin ist dies zum Beispiel Medizin und Gesundheit.“

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte die Erfolge Sachsens beim Ausbau der Mikroelektronik wie etwa durch die jüngsten Investitionen der Firma Bosch in Dresden. Weitere Chancen für Sachsen sieht Kretschmer in der Digitalisierung und der Dekarbonisierung der Wirtschaft. Sein Thüringer Pendant Bodo Ramelow lobte die internationalen Erfolge Thüringer Unternehmen wie Jenoptik oder Carl Zeiss Meditec. Er forderte aber zugleich die weitere Ansiedlung neuer Forschungseinrichtungen in Ostdeutschland.

OWF beleuchtet Chancen der Transformation

In zahlreichen Impulsvorträgen und Werkstattgesprächen untersuchte das Ostdeutsche Wirtschaftsforum in diesem Jahr, was Ostdeutschland aus der Krise gelernt habe und wie der Strukturwandel zu bewältigen sei. Dabei wurde die anstehende Transformation beispielsweise aus den Blickwinkeln der Digitalisierung, der Wirtschaftsförderung oder der Energiewende beleuchtet. Gleichzeitig wurde der Scheinwerfer aber auch über die Grenzen Ostdeutschlands hinaus gerichtet. GTAI-Korrespondenten berichteten aus Ländern wie Frankreich, USA oder Vietnam über den dortigen Umgang mit der Corona-Krise. In einem Werkstattgespräch wurden die Perspektiven der Zusammenarbeit mit Russland austariert. Ein weiterer Schwerpunkt des OWF war in diesem Jahr die Entwicklung der ostdeutschen Start-up-Szene.

Die Gewinner des Preises des OWFZUKUNFT 2021 am 14.06.2021 in Bad Saarow
Foto: Ralf Succo

Zu den Höhepunkten des diesjährigen Ostdeutschen Wirtschaftsforums zählte die zum zweiten Mal durchgeführte Verleihung des Wirtschaftspreises VORSPRUNG. Mit diesem Preis werden exzellente Leistungen mittelständischer Unternehmer gewürdigt. Die Preisträger in diesem Jahr:

  • Brandenburg: Christoph Miethke GmbH & Co. KG, Potsdam
  • Mecklenburg-Vorpommern: Medicare GmbH, Neubrandenburg
  • Sachsen: Dr. Födisch Umweltmesstechnik AG, Markranstädt
  • Sachsen-Anhalt: SONOTEC Ultraschallsensorik Halle GmbH
  • Thüringen: Glatt Ingenieurtechnik GmbH, Weimar
Martin Dulig (Wirtschaftsminister Sachsen); Christian Pegel, Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern; Ramona Popp (Wirtschaftssenatorin Berlin); Jörg Steinbach (Wirtschaftsminister Brandenburg) beim OWFZUKUNFT am 15.06.2021 in Bad Saarow
Foto: Ralf Succo

Den Abschluss des OWGF bildete auch in diesem Jahr die Runde der ostdeutschen Wirtschaftsminister. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) und Brandenburgs Wirtschaftsminister Prof. Dr. Jörg Steinbach (SPD) waren dazu ebenso nach Bad Saarow gereist wie Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Christian Pegel (SPD) und Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen).

Ramona Pop zeichnete ein differenziertes Bild der Berliner Wirtschaft in der Corona-Krise. „Die Digitalwirtschaft, die Industrie, die Bauindustrie waren die Wachstumstreiber in der Pandemie, auf der anderen Seite waren Branchen besonders betroffen wie Gastronomie, Hotellerie, Messen und Kongresse, die in Berlin sehr stark waren vor der Krise.“ Christian Pegel hob die schweren Belastungen für die in Mecklenburg-Vorpommern wichtige Tourismuswirtschaft hervor und wies auf das Problem des fehlenden Personals durch in der Pandemie abgewanderte Arbeitskräfte hin. Auch die Krise der Kreuzfahrtbranche habe die Werftenindustrie an der Küste stark getroffen.

Martin Dulig sah Ostdeutschland gerade beim grünen Wasserstoff in einer führenden Position. Diese werde auch durch gemeinsame Projekte Sachsens etwa mit Sachsen-Anhalt und Brandenburg ausgebaut. Jörg Steinbach schilderte die Erfahrungen Brandenburgs mit dem Großprojekt der Tesla-Fabrik in Grünheide: „Das Projekt steht deutlich besser da, als es die öffentliche Diskussion wiedergibt. Es hat einen Sogeffekt ausgelöst. Wir haben von größeren Unternehmen mehr Ansiedlungsinteresse als jemals zuvor.“ Die größte Herausforderung sei nun die Bereitstellung geeigneter Industrieflächen in Brandenburg.

 

 

 

 

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