- Unternehmen verbuchen prozentual zweistelligen Umsatzrückgang
- Strukturwandel in der Autoindustrie wirkt sich spürbar aus
- Landespolitik muss auch im Wahljahr Standort stärken
Leipzig, 17. März 2021. Der Strukturwandel in der Automobilindustrie und die Coronavirus-Pandemie haben den Thüringer Maschinen- und Anlagenbau im Jahr 2020 stark belastet. Der Gesamtumsatz sank im Vergleich zum Vorjahr um etwa 13 Prozent. Auch die Zahl der Beschäftigten ging zurück. Das geht aus den Daten des Thüringer Landesamtes für Statistik hervor.
Nach diesen Angaben verkauften die 99 statistisch erfassten Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern Maschinen, Anlagen, Bauteile und Services im Wert von 2,86 Milliarden Euro. Das waren 13,1 Prozent oder 430 Millionen Euro weniger als 2019, dem besten Jahr des Thüringer Maschinenbaus seit dem politischen Umbruch 1990. „Der Umsatz ist den Betrieben sowohl im Inlandsgeschäft als auch im Auslandsgeschäft deutlich weggebrochen. In Thüringen gibt es viele Unternehmen, die eng mit der Automobilindustrie verflochten sind und den tiefgreifenden Wandel daher direkt zu spüren bekommen. Die Auswirkungen der Pandemie haben die ohnehin herausfordernde Situation noch einmal verstärkt“, sagt Oliver Köhn, Geschäftsführer des VDMA Ost.
Aufgrund des hohen Ausgangsniveaus ist das Ergebnis trotzdem das drittbeste der vergangenen 30 Jahre. Im ostdeutschen Branchenranking rangiert der Thüringer Maschinenbau damit weiter an zweiter Stelle – hinter Spitzenreiter Sachsen (6,71 Milliarden Euro) und vor Mecklenburg-Vorpommern (2,28 Milliarden Euro).
Exportquote bleibt nahezu unverändert
Einen herben Verlust registrierten die Firmen im Export. Der Auslandsabsatz sackte 2020 um 13,8 Prozent auf knapp 1,28 Milliarden Euro ab. Da der Umsatz aus dem Inlandsgeschäft in ähnlicher Weise fiel – um 12,5 Prozent auf zirka 1,6 Milliarden Euro – blieb die Exportquote im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant. Der Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz betrug 44,7 Prozent. Die Hälfte aller Waren ging in Länder der Europäischen Union.
Die Exportquote der Thüringer Maschinen- und Anlagenbauer ist die zweitniedrigste im ostdeutschen Vergleich. Dahinter folgt nur noch Brandenburg. „In der Region gibt es viele Zulieferer für die Automobilindustrie. Daher sind Firmen wie die Werkzeug- und Formenbauer häufig nur indirekt am Export beteiligt“, erläutert Köhn. Zudem erschwert die Pandemie die Vertriebsaktivitäten. „Wenn ich die Vorteile meiner Maschine nicht im direkten Gespräch erklären und vorführen kann, lassen sich nur schwer neue Abnehmer und Märkte gewinnen“, sagt der VDMA-Geschäftsführer. Auch die schwelenden globalen Konflikte beeinflussen das Auslandsgeschäft.
Knapp 16.000 Beschäftigte
Die Beschäftigtenzahl im Thüringer Maschinenbau verfehlte im Jahr 2020 nur knapp die Marke von 16.000. In den 99 Firmen mit mindestens 50 Mitarbeitern arbeiteten im Jahresdurchschnitt 15.816 Menschen. 2019 waren es 2,8 Prozent oder rund 450 Beschäftigte mehr.
Auch 2021 harte Herausforderungen
Köhn rechnet auch 2021 mit einem schwierigen Jahr für die Branche. „Der Strukturwandel in der Autoindustrie geht an keinem Zulieferer spurlos vorbei. Die Betriebe haben sich zwar längst auf den Umbruch in der Mobilität eingestellt. Zu schaffen macht ihnen aber die Sandwichposition: Die Nachfrage nach klassischen Produkten sinkt, der Absatz der neu entwickelten Bauteile und Maschinen ist indes noch vergleichsweise gering“, schildert Köhn die Situation.
Ein großer Risikofaktor ist auch die Pandemie. „Wir können nicht einschätzen, wie lange uns diese weiter begleiten wird. Wichtig ist daher, die Unsicherheit bei Herstellern und Kunden abzubauen. Ein deutliches Zeichen wären EU-weit einheitliche Grenzregelungen“, betont Köhn. Die Aussicht auf zuverlässigere Handelsbeziehungen mit den USA sowie das gut angelaufene China-Geschäft stimmen ihn dagegen positiv.
Im Wahljahr darf es keinen Stillstand geben
An die Landespolitik appelliert Köhn, den Standort auch im Wahljahr 2021 weiter zu stärken. „Der Maschinen- und Anlagenbau kann nur erfolgreich sein, wenn die Digital- und Verkehrsinfrastruktur weiter ausgebaut werden und die Energiepreise konkurrenzfähig sind“, sagt Köhn. Zudem beklagen die Unternehmen einen stark zunehmenden personellen und finanziellen Aufwand, um die steigende Zahl an Verordnungen erfüllen zu können. „Die innerbetrieblichen Berichts- und Dokumentationspflichten müssen schnell erleichtert und das Zollrecht verschlankt werden“, fordert Köhn. Er erwartet, dass sich das Land in diesen Punkten auf Bundesebene für die regionale Wirtschaft einsetzt.