Samstag, November 23, 2024

Neuer Aufschwung oder Dauerkrise? Teil 10 – Dr. Volkmar Weckesser, CIO CENTOGENE AG, Rostock

Die Corona-Pandemie traf 2020 die ostdeutsche Wirtschaft vollkommen unvorbereitet. Doch die Folgen fielen höchst unterschiedlich aus: Während ganze Branchen herbe Umsatzeinbußen und Kurzarbeit verkraften mussten, haben andere Unternehmen in der Pandemie neue Geschäftsfelder für sich entdeckt. Wirtschaft + Markt hat ostdeutsche Unternehmer nach ihren Erfahrungen mit der Pandemie und ihren Erwartungen für das neue Jahr befragt.

Folge 10:

Dr. Volkmar Weckesser, CIO CENTOGENE AG, Rostock
Branche: Bioechnologie

CENTOGENE arbeitet in den Bereichen Diagnostik und Forschung seltener Krankheiten und generiert aus klinischen und genetischen Daten Informationen für Patienten, Ärzte und Pharmaunternehmen. Das Unternehmen verfügt über eine globale Plattform für seltene Krankheiten, die epidemiologische, phänotypische und genetische Daten von Patientengruppen weltweit sowie eine Biobank mit biologischen Proben umfasst. Sie dient als Referenzquelle für die Forschung.

W+M: Herr Dr. Weckesser, wie war ihr Unternehmen bzw. ihre Branche in 2020 von der außergewöhnlichen Pandemie-Situation betroffen?

Dr. Volkmar Weckesser: Unser Kerngeschäft, die Diagnostik seltener, meist erblich bedingter Erkrankungen, war in der Anfangsphase der Pandemie stark betroffen, hat sich im Laufe des Jahres aber wieder erholt. Zudem haben wir schon im März 2020 – ursprünglich aufgrund der Bitte des Oberbürgermeisters der Stadt Rostock, in der CENTOGENE ansässig ist – einen SARS CoV-2-PCR-Test entwickelt, um dort Ärzte, Klinikpersonal sowie Feuerwehr und Polizei frei zu testen. Wir haben schnell erkannt, dass solch ein präventives Testen die schnellste und effektivste Möglichkeit ist, um die Verbreitung von COVID-19 einzudämmen. Deshalb haben wir unseren Corona-PCR-Test rasch so weiterentwickelt, dass er hochdurchsatzfähig ist – und weitgehend unabhängig von Lieferengpässen, die immer wieder Probleme bereiteten. Zusammen mit deutschen mittelständischen Unternehmen haben wir die Produktion eigener Kunststoff-Abstrichspatel aufgenommen, in Hamburg und Frankfurt Labors für die Analyse der Corona-Tests aufgebaut und betreiben mittlerweile acht Corona-Testzentren an Flughäfen und in Großstädten.

W+M: Welche Erwartungen und Projekte verbinden Sie mit dem neuen Jahr 2021?

Dr. Volkmar Weckesser: Ich gehe davon aus, dass unser Kerngeschäft – die Diagnose der Rare Diseases – weiter anzieht und sich gut entwickelt. Hier wollen wir wieder Vollgas geben und neue Partnerschaften mit Pharmaunternehmen abschließen, um Entwicklungsprogramme für Medikamente gegen diese seltenen Krankheiten voran zu bringen. Aber auch im neuen Jahr wird COVID-19 einen entscheidenden Einfluss auf alle Bereiche unseres Lebens haben – Wirtschaft, Schule, Kultur und unsere sozialen Kontakte. Wir haben deshalb das Corona-Testen nun als eigene Geschäftseinheit gestärkt und wollen mit unserem Testangebot weiterhin einen Beitrag dazu leisten, eine „neue Normalität“ möglich zu machen, trotz Pandemie. Solange die Bevölkerung nicht in ausreichender Anzahl geimpft ist, führt kein Weg am flächendeckenden, präventiven Testen vorbei. CENTOGENE arbeitet 2021 auch weiter daran, der breiten Bevölkerung Corona-Tests zur Verfügung zu stellen – und wir werden sicher zu den bisherigen Standorten an den Flughäfen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und in den Innenstädten von Berlin, Frankfurt, Rostock und Wiesbaden noch weitere Zentren eröffnen. Zudem wurden beziehungsweise werden Testkapazitäten kontinuierlich ausgebaut und die Flächen der Testzentren vergrößert. Seit einigen Monaten haben wir zusätzlich zu den PCR-Tests, die im Standardverfahren nach 24 Stunden, im beschleunigten Durchgang nach 12 bzw. 6 Stunden ein Ergebnis liefern, auch Antigen-Tests im Angebot. Hier liegt das Testergebnis je nach Standort schon innerhalb von 20 – 90 Minuten vor. Dieses Angebot wird auf weitere Standorte ausgeweitet.

W+M: Was sollten Bund und Länder nun zur Ankurbelung der Wirtschaft unternehmen?

Dr. Volkmar Weckesser: Die Pandemie hat einen enormen Einfluss auf die Wirtschaft. Lockdowns tragen dazu bei, dass die Wirtschaft nahezu zum Erliegen kommen. Die dadurch entstandenen Schäden werden uns, vielleicht sogar noch über Generationen begleiten. Um den Schaden zu begrenzen und die Wirtschaft anzukurbeln ist, neben der möglichst schnellen Impfung der Bevölkerung, ein flächendeckendes, schnelles und zuverlässiges Test-Konzept unerlässlich.

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