W+M-Ratgeber: 7 Praxistipps für erfolgreiche Teamarbeit im Home
Remote Work und Home Office – spätestens seit diesem Jahr gehört das ortsungebundene Arbeiten von Mitarbeitern für Unternehmen zur neuen Realität. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass das Arbeiten von Zuhause aus viel einfacher umzusetzen ist, als zuvor angenommen. Und so werden viele Unternehmen auch über die Corona-Krise hinaus weiterhin auf flexible Arbeitsmodelle für ihre Mitarbeiter setzen. Ein Gastbeitrag von Piotr Majchrzak, Gründer und Co-Geschäftsführer bei Boldare.
Remote Work ist aus der Welt der Software- und digitalen Produktentwicklung nicht wegzudenken. Bei Boldare arbeiten wir bereits seit 16 Jahren als agiles Unternehmen, das die Produktentwicklung über seine Remote-Entwicklerteams (und oft in großer Distanz zu den Unternehmen unserer Kunden) durchführt. Als die Pandemie begann, hatten wir von Anfang an Tools zur Hand und Arbeitsweisen entwickelt, die perfekt auf die Situation zugeschnitten waren. Ob Product Owner, Manager von Developern oder all diejenigen, die mit externen Teams arbeiten: mit den folgenden sieben Tipps lässt es sich erfolgreich auch von Zuhause aus zusammenarbeiten.
Die Herausforderung des Remote-Arbeitens
Die COVID-Pandemie hat die Geschäftsmodelle vieler Unternehmen völlig durcheinander gebracht und sie gezwungen, neue Kommunikations- und Teamarbeitsstrategien einzuführen. Doch während eine Stanford-Studie aus dem Jahr 2017 Heimarbeit mit erhöhter Produktivität assoziiert (13% mehr als Büroarbeit, zumindest in der Anfangsphase), bringt das Home Office auch große Herausforderungen mit sich. Zum Einen bedarf es hierbei einen Blick auf die entsprechende Motivation, das richtige Zeitmanagement sowie eine ausgewogene Work-Life-Balance zu halten. Zum Anderen müssen Organisationen und Manager in der Lage sein, trotz Remote Work eine produktive Teamumgebung mit guter Zusammenarbeit, Kommunikation und Koordination für ihre Mitarbeiter zu schaffen.
1. Einer remote = Alle remote
Selbst wenn nur ein Teammitglied von Zuhause aus arbeitet, profitiert das gesamte Team davon, wenn spezielle Arbeitspraktiken für auf das ortsungebundene Arbeiten angewendet werden Das gilt insbesondere für den Bereich der Kommunikation. Ist dies nicht der Fall, mag das verbleibende Team vielleicht reibungslos zusammenarbeiten. Der Mitarbeiter im Home Office wird jedoch schnell zum Außenstehenden, der lediglich aus der Distanz auf das Team einwirkt.Bei uns ist es so, dass Product Owner häufig nicht direkt vor Ort bei den anderen Mitarbeiter*Innen sind. Dieser gilt jedoch immer als ein unverzichtbarer Teil des Teams. Daher klären wir bereits zu Beginn des Projekts die einzelnen Schritte und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten, zum Beispiel während unserer Product Discovery Workshops, genau ab und passen Scrum-Events an die bevorzugte Zeitzone der Product Owner an. Das funktioniert dann natürlich auch in Situationen wie der jetzigen sehr gut, in der ja das gesamte Team von Zuhause arbeitet.
2. Die richtigen Werkzeuge für die tägliche Kommunikation
Mitarbeiter*Innen, die gemeinsam in einem Büro arbeiten, befinden sich in der Regel im ständigen Austausch. Zwanglose Kommunikation und soziale Interaktion sind im Büroumfeld selbstverständlich, werden jedoch umso wichtiger, wenn alle getrennt voneinander und fernab des Büros arbeiten.
Glücklicherweise gibt es eine Vielzahl hilfreicher Plattformen und Apps, die die Kommunikation auf Distanz erleichtern. Hier sind die wichtigsten Tools, die wir verwenden:
- Team-Sitzungen: Google Meet.
- Gespräche und Chat: Wir nutzen Slack zur internen Kommunikation, Emails werden fast ausschließlich für geschäftliche Zwecke versendet.
- Austausch von Dokumenten und Zusammenarbeit: Google Drive, Google Docs und Dropbox.
- Austausch von Wissen: Confluence.
- Organisatorisches Projektmanagement: Asana.
- Organisatorische Software-Entwicklung: Jira.
- Gruppenplanungsübungen, Brainstorming, Strategiesitzungen usw.: Boldare Boards. Als Softwareentwicklungsunternehmen, haben wir mit kurzerhand selbst ein kostenloses und einfaches Tool entwickelt, das unsere Anforderungen an die Zusammenarbeit bei Online-Meetings erfüllt. Boldare Boards ist eine einfache Tafel mit Spalten, auf der Nutzer, post-it ähnliche Karten mit Kommentaren und Ideen hinzufügen und anschließend über diese abstimmen können. Das Tool war intern so erfolgreich, dass es mittlerweile auch kostenlos für alle zugänglich ist.
- Gemeinsames Erstellen von Diagrammen und Skizzieren von Diagrammen online, usw.: Miro.
3. Das Beste aus Telefonkonferenzen und Meetings herausholen
Sind die richtigen Werkzeuge und Technologien für die ortsungebundene Zusammenarbeit des Teams ausgewählt, gilt es nun darum diese effizient und in einer Weise einzusetzen, die die Zusammenarbeit und das Teamwork wirklich fördern. Diese Herausforderung wird insbesondere beim angewendeten Videokonferenzsystem deutlich, ist dies doch für ein verteilte Mitglieder die einzige Möglichkeit, von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren. Hier am falschen Ende zu sparen ist ein häufiger Fehler. Denn schlechte Verbindungen oder minderwertige Hardware stören nicht nur das Kommunikationserlebnis, sondern machen die Teambesprechung auch schnell zu einer frustrierenden Erfahrung und Zerreißprobe für alle Beteiligten.
4. 100% transparent
Remote gestaltet sich Kommunikation schwieriger und die Mitarbeiter*Innen wissen häufig nicht genau, woran ihre Teamkollegen gerade arbeiten. Das lässt schnell ein Gefühl der Isolation aufkommen, bei dem sich Einzelne vom Geschehen und den anderen Kollegen abgeschottet fühlen. Was im Büroalltag den Informationsfluss und Austausch am Leben erhält, reicht unter diesen häufig weit komplexeren Umständen, nicht aus. Absolute Transparenz ist daher umso wichtiger. In der Praxis bedeutet das, dass praktisch alle Informationen für alle im Team jederzeit verfügbar sein müssen: So haben die Mitarbeiter unserer Teams beispielsweise Zugang zu sämtlichen Projektinformationen – vom Design, für dass sich einige unserer Entwickler vielleicht interessieren, zu der Entwicklung von Prototypen, zu denen unsere Geschäftsanalysten eventuell Input geben möchten. Das offene Teilen der gesamten Informationen mit allen Teams hat es uns ermöglicht, zu Beginn der Pandemie den Umstieg auf 100% Remote-Arbeit ohne Effizienz- oder Leistungsverlust zu vollziehen.
5. Eine gemeinsame Sprache sprechen
Viele Unternehmen beschränken sich bei der Suche nach Talenten und herausragenden Mitarbeiter*Innen nicht mehr nur auf nationalen Boden, sondern werden auch im Ausland fündig. Fern- und Heimarbeit begünstigen zudem die Zusammenarbeit mit multinationalen, multikulturellen und mehrsprachigen Teams. Und auch der Kundenstamm wird im Zuge der Globalisierung immer internationaler. Um zu gewährleisten, dass sich alle über den Weg und das Ziel im Klaren sind, sollte sich in der gesamten Kommunikation, sei es bei Meetings, Projektdokumentation oder Notizen, auf eine gemeinsame Sprache geeinigt werden, die von allen Teammitgliedern gesprochen und verstanden wird. Sie sollte sich durch das gesamte Projekt ziehen und die Grundlage für sämtliche Interaktionen und den Wissensaustausch bilden. Das beseitigt Barrieren und macht die Zusammenarbeit einheitlicher.
6. Der menschliche Faktor
Arbeiten Teams verstreut von unterschiedlichen Orten aus, ist es umso schwieriger, die sogenannte „psychologische Sicherheit“ des Teams zu gewährleisten. Denn bekommen sich Kolleg*Innen ausschließlich via Bildschirm zu Gesicht, findet weit weniger beiläufige Interaktion statt. Die Kommunikation untereinander gestaltet sich zwangsläufig schwieriger und es besteht schnell die Gefahr, dass sich Mitarbeiter*Innen aufgrund der physischen Distanz voneinander entfremden und dass das Vertrauen untereinander schwindet. Stattdessen liegt der Schwerpunkt dann in dieser Situation wahrscheinlich eher auf Zielen, Vorgaben, Anweisungen oder Kurskorrekturen und es bleibt wenig Zeit und Möglichkeit für ein menschliches Miteinander. Ein gesundes und sicheres Arbeitsklima ist für ein leistungsstarkes Team jedoch von wesentlicher Bedeutung, damit Mitarbeiter einander vertrauen. Es ist daher umso wichtiger sich regelmäßig vor Augen zu halten, dass wir alle mal gute und mal schlechte Tage haben, gestresst, müde oder aus privaten Gründen abgelenkt sind. Das ist durchaus menschlich und sollte auch bei der Arbeit im Home Office immer mitschwingen und berücksichtigt werden.
7. Rituale einführen
Rituale sind starke Bindemittel, Teil einer gemeinsamen Arbeitserfahrung und ein grundlegender Teil der Teamkultur. Sei es die gemeinsame Kaffeepause, der regelmäßige Plausch in der Küche oder Insider-Witze: Nach einer gewissen Zeit, ob beabsichtigt oder nicht, entwickelt jedes Team seine ganz eigenen Rituale.
Es macht jedoch durchaus auch Sinn, Rituale bewusst einzuführen und damit auf eine kreative Weise das Zugehörigkeitsgefühl von Teammitgliedern zu stärken. Bei uns gibt es zum Beispiel einmal in der Woche einen Beschwerdetag, wo jeder die Möglichkeit hat sich über Dinge oder Geschehnisse auszulassen und sich so den Frust einfach mal von der Seele reden zu können. Für etwas mehr Spaß sorgt im Gegenzug unsere wöchentliche “Magische Frage”. Hierzu wählt jedes Teammitglied eine Frage aus einer Liste aus, die es anschließend beantwortet. Darunter sind dann zum Beispiel Fragen wie “Welche Superkräfte hättest Du gerne?” oder “Was ist das Mutigste, was Du je getan hast?”.
Gerade in Zeiten, in denen Teams remote arbeiten, kann die Einführung solcher Rituale dazu beitragen, das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Mitarbeiter*Innen zu stärken.
Remote Work wird bleiben
Home Office, Remote Work und Co sind schon jetzt ein fester Bestandteil der neuen Arbeitsrealität. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Unternehmen auch nach der Pandemie weiter Home Office und Remote Work Optionen beibehalten werden. Doch unabhängig davon ob Teams von Zuhause aus arbeiten oder im Büro: das Ziel sollte immer sein, die bestmögliche Leistung zu erbringen mit einem Produkt, das sowohl auf die Bedürfnisse der Nutzer als auch die der Unternehmen ausgerichtet ist. Und das gelingt im Endeffekt nur mit herausragender Teamarbeit.
Der Autor:
Piotr Majchrzak ist Mitgründer und Co-Geschäftsführer bei Boldare, einem 170 Mitarbeiter starken Unternehmen für digitales Produktdesign und -entwicklung, das sich auf Softwareentwicklung, UX- und UI-Design, Scrum und Geschäftsentwicklung spezialisiert hat. Majchrzak ist Unternehmer, mit einem Hintergrund in Softwareentwicklung, der bereits zahlreiche Unternehmen in seinem Geschäftsportfolio hat. 2004 gründete er XSolve – ein Unternehmen für die Entwicklung von Individualsoftware, das er anschließend fast 14 Jahre leitete. Mit einem Portfolio von mehr als hundert erfolgreich entwickelten digitalen Produkten für Kunden aus der ganzen Welt, war Majchrzak maßgeblich an der Fusion von XSolve mit deren Schwesterfirma Chilid beteiligt. Mit Boldare ist er Mitgründer eines erfolgreichen Unternehmens, das für seine digitalen Produkte bekannt ist, und unter anderem den German Design Award, Awwwards, Lovie Awards, einen Indigo Award und viele andere Preise gewonnen hat.