Die Kommission schlägt die Einrichtung eines „Zukunftszentrums für europäische Transformation und Deutsche Einheit“ vor. Dazu der Kommissionsvorsitzende und ehemalige Ministerpräsident Brandenburgs, Matthias Platzeck: „Ostdeutschland braucht einen Knotenpunkt für die Debatte über den richtigen Weg unserer Gesellschaft in die Zukunft. Das Zukunftszentrum soll erforschen, wie gesellschaftliche Umbrüche gelingen können. Dazu gehört unbedingt, dass wir im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern die Aufbauleistung der vergangenen drei Jahrzehnte in den Mittelpunkt stellen: Was haben wir gemeinsam geschafft? Und wie soll es weitergehen? Im Zukunftszentrum wollen wir die Transformationskompetenz der Ostdeutschen für neue Herausforderungen wie Digitalisierung, Klimawandel, demografischer Wandel und Internationalisierung nutzen.“
Laut einer für die Kommission durchgeführten repräsentativen Umfrage („Deutschland-Monitor“) meinen 82% der Ost- und 62% der Westdeutschen, die Anerkennung der Lebensleistungen der Ostdeutschen sei wichtig für die weitere Entwicklung der Deutschen Einheit. „Ostdeutschland ist kein Randthema nur einer Region. Es gehört mitten hinein in die Debatte über Deutschlands und Europas Zukunft im 21. Jahrhundert“, so Platzeck.
Die tiefgreifenden Transformationserfahrungen der Ostdeutschen sollten fruchtbar gemacht werden. Es geht um eine bessere Repräsentation der Ostdeutschen in Führungspositionen in Wirtschaft und Gesellschaft. Das soll unter anderem durch die Errichtung eines Begabtenförderungswerkes erreicht werden. All dies kann aus Sicht der Kommission dazu beitragen, die demokratische Kultur und ihre Institutionen zu stärken.
Die Kommission plädiert ebenfalls dafür, SED-Unrecht nicht zu vergessen und Opfer und Verfolgte der SED-Diktatur besser zu würdigen – mit finanziellen Zuwendungen, psychologischer Betreuung, Anerkennung von Gesundheitsschäden und mit öffentlicher Wertschätzung.
Die Kommission empfiehlt die Stärkung strukturschwacher Regionen, um das politische Ziel „Gleichwertiger Lebensverhältnisse“ in ganz Deutschland zu erreichen. Die Erfahrung der Wiedervereinigung von Freiheitsrevolution und Einheit 1989/90 sollte nach Auffassung der Kommission Ausdruck finden in einem öffentlich sichtbaren Umgang mit Symbolen der Demokratie in Deutschland. Die Kommission schlägt beispielsweise vor, den 9. November, den Tag der Maueröffnung, der Reichspogromnacht und der Novemberrevolution als neuen Nationalen Gedenktag zu begehen. Als „Tag der Demokratie“ sollte in Erinnerung an die entscheidende Demonstration in Leipzig 1989 auch der 9. Oktober gefeiert werden. Der Deutschland-Monitor hat gezeigt, dass 74% der Deutschen im 9. November das am stärksten mit der Deutschen Einheit verbundene Datum sehen.
Dabei sollen Schwarz-Rot-Gold als Farben der Demokratie stärker ins Bewusstsein gerückt werden, wie der stellvertretende Kommissionsvorsitzende und Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer Marco Wanderwitz betont: „An den Gedenktagen sollen unsere Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold besonders sichtbar sein. Sie sind als Zeichen erkämpfter Freiheit und Demokratie sowohl Symbole des Staates als auch der für diese Werte eintretenden Bürgerinnen und Bürger.“
Der Abschlussbericht resümiert die Arbeit der Kommission, die das Jubiläumsjahr 2019/2020 mit diversen Gedenk- und Feierveranstaltungen gewürdigt, Bürgerdialoge geführt und den bisherigen Transformations- und Vereinigungsprozess unter Einbezug wissenschaftlicher Erkenntnisse reflektiert hat. Präsentiert werden neben den Handlungsempfehlungen auch Ergebnisse von Kurzstudien sowie der „Deutschland-Monitor“, eine repräsentative Befragung zu Einstellungen der Bevölkerung zu gesellschaftlichen und politischen Fragen. Die Empfehlungen der Kommission richten sich an die Bundesregierung, aber auch an Länder, Kommunen und Zivilgesellschaft.
Der Bericht wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesinnenminister Horst Seehofer und Bundesfinanzminister Olaf Scholz bei einem digitalen Treffen am 3. Dezember übergeben. Mit der Veröffentlichung des Berichts beendet die Kommission ihre Arbeit.
Der Abschlussbericht ist online abrufbar unter: https://deutschland-ist-eins-vieles.de/kommission/
Hintergrundinformationen zur Kommission
Die Regierungskommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ mit 22 Mitgliedern aus der Politik, der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Kultur wurde unter Vorsitz von Matthias Platzeck, Ministerpräsident a.D., und seinem Stellvertreter, Marco Wanderwitz, dem Parlamentarischen Staatssekretär und Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, eingesetzt und im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat eine Geschäftsstelle der Kommission eingerichtet. Mehr unter: https://deutschland-ist-eins-vieles.de/kommission/
Die Kommission reflektierte im Jubiläumsjahr 2019/2020 den bisherigen Transformations- und Vereinigungsprozess, um daraus Erkenntnisse für die weitere Ausgestaltung der Deutschen Einheit zu ziehen, und hat sich auf wichtige historische Meilensteine des Jubiläumsjahres „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ verständigt. Diese wurden mit verschiedenen Gedenk- und Feierformaten gewürdigt. Mehr unter: https://deutschland-ist-eins-vieles.de/meilensteine/
Weiterhin bildete der Dialog mit und zwischen den Bürgerinnen und Bürgern das Herzstück der Aktivitäten der Kommission im Jubiläumsjahr. Mit der Veranstaltungsreihe „Deutschland im Gespräch: Wie wollen wir miteinander leben?“ beispielsweise wurde Bürgerinnen und Bürgern aus deutsch-deutschen Partnerstädten die Gelegenheit zu Begegnung und offenem und kritischem Erfahrungsaustausch über den Prozess der Deutschen Einheit gegeben. Mehr unter: https://deutschland-ist-eins-vieles.de/deutschland-im-gespraech/