Mittwoch, Juli 3, 2024

Merkel: „Auch im 30. Jahr der Deutschen Einheit braucht es Mut, den einen oder anderen Neuanfang zu wagen“

Am 3. Oktober 1990 hat Deutschland seine staatliche Einheit wiedergewonnen. Das sind nüchterne Worte. Aber sie stehen für einen der bewegendsten und glücklichsten Momente der deutschen Geschichte – herbeigeführt durch politisches Gespür und diplomatisches Geschick, durch die Freiheits- und Demokratiebewegungen in den mittel- und osteuropäischen Staaten und vor allem durch die Entschlossenheit und Zivilcourage freiheitsliebender Menschen in der DDR. Von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU)

Drei Jahrzehnte voller Veränderungen folgten. Die Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern erlebten tiefe Umbrüche. Das Zusammenwachsen unseres Landes gestaltete sich manchmal mühsamer als erwartet. Gerade auch der wirtschaftliche Auf- und Umbau hat ungemein viel Kraft gekostet. Aber heute wissen wir, dass er gelungen ist. Die unzähligen Erfolgsgeschichten wären nicht denkbar ohne den Mut, die Tatkraft und Weitsicht, die viele Unternehmerinnen und Unternehmer in Ostdeutschland bewiesen haben. Sie alle, die Risiken eingegangen sind und die wirtschaftliche Erneuerung vorangebracht haben, verdienen Dank und Anerkennung.

Sicherlich lassen Wirtschaftskraft und Wirtschaftsstrukturen in den ostdeutschen Bundesländern insgesamt immer noch Wünsche offen. Die Folgen jahrzehntelanger Teilung und Planwirtschaft sind zwar in weiten Teilen bereinigt, aber gewiss nicht zur Gänze. Vor allem fehlt es an Konzernzentralen und Großunternehmen. Doch umso beachtlicher ist das hohe Leistungsniveau der mittelständisch geprägten Wirtschaft. Viele ostdeutsche Unternehmen sind Weltmarktführer dank ihrer großen Innovationsfreude und technologischen Exzellenz – etwa in der Mikroelektronik, der Elektromobilität oder bei Leichtbautechnologien. Hierbei hat sich nicht zuletzt der Aufbau moderner Bildungs- und Forschungseinrichtungen bezahlt gemacht.

Insgesamt betrachtet haben sich die Lebensverhältnisse in Ost und West stark an-genähert. Unterschiede zeigen sich in vielen Bereichen immer weniger in pauschalen Ost-West-Vergleichen, sondern vielmehr bundesweit mit Blick auf die jeweiligen länder- und regionalspezifischen Gegebenheiten.

Angesichts der Fortschritte der letzten 30 Jahre orientiert sich die Politik der Bundesregierung heute an regionalen Strukturschwächen und Ausstattungsunter-schieden, wo immer in Deutschland sie zutage treten. Wir sehen uns dem Ziel verpflichtet, möglichst gleichwertige Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet zu schaffen. Dazu dienen neben dem Europäischen Struktur- und Investitionsfonds etwa auch das Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen sowie die ab 2020 geltenden Regelungen für den bundesstaatlichen Finanzausgleich.

Auch im 30. Jahr der Deutschen Einheit braucht es Mut, den einen oder anderen Neuanfang zu wagen. Ob in Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft oder Politik – an neuen Herausforderungen mangelt es gewiss nicht. Ich verstehe das weniger als Problem, sondern vielmehr als Chance. Das verdeutlicht ein Blick zurück: Wenn wir uns vergegenwärtigen, was wir in Deutschland gemeinsam geleistet und erreicht haben, dann wissen wir auch, dass wir allen Grund haben, optimistisch in die Zukunft zu blicken.

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