Samstag, April 27, 2024

Experten-Rat: Die Verbraucherkredit-Entscheidung des EuGH vom 26.03.2020 und ihre Folgen – Erneuter Widerrufs-Joker!

Mit der am 26.03.2020 verkündeten, aber noch nicht veröffentlichten Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Beben innerhalb der Kreditwirtschaft ausgelöst. Mehr dazu von unserem Experten Rechtsanwalt Dr. Eberhard Frohnecke.

Ein Verbraucher hatte sein im Jahr 2012 geschlossenen Immobiliardarlehensvertrag 2016 widerrufen. Er war der Auffassung, dass die Belehrung, die zu den von dem Verbraucher selbst einzuholen umfassenden Informationen schlicht auf § 492 Abs. 2 BGB verwiesen hatte, nicht mit der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge (RL2008/48/EG) vereinbar sei. Grund hierfür sei eine sogenannte Kaskaden-Verweisung des Kreditnehmers durch verschiedene Gesetze, die selbst für Juristen eine Herausforderung darzustellen imstande sei. Der EuGH bestätigte diese Auffassung und verlangt abweichend hiervon eine klare und prägnante Belehrung. Insoweit in der Widerrufsbelehrung auch ein Hinweis auf Art. 246 oder 247 EGBGB zu finden ist, dürfte dasselbe gelten. Die vorgenannte EU-Richtlinie bezieht sich auf sämtliche Verbraucherdarlehen mit Ausnahme solcher, die durch ein Grundpfandrecht gesichert sind. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber diese Verpflichtung auch auf Immobiliardarlehen erstreckt.

Daher sind nahezu sämtliche Darlehensverträge, die ab dem 01.08.2010 als Verbraucher oder Unternehmensgründer mit einem Darlehensbetrag von bis zu € 75.000,00 geschlossen worden sind (vgl. § 513 BGB), widerrufbar. Ausgenommen sind hier wenige Verträge. Beispielhaft zu nennen sind solche der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Besonders betroffen hingegen sind Verträge zur Finanzierung von PKW und weitere denkbare Verbraucherkredite. Unter Umständen sind auch bereits gekündigte und zurückgeführte Darlehen noch widerrufbar. Hier kommt es aber auf den Einzelfall an, da die Bank hier versuchen wird, das Rechtsinstitut der Verwirkung wegen Vertrauensschutz zu bemühen. Auch eine möglicherweise gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung ist nach Maßgabe des Einzelfalls rückabwickelbar. Insoweit es sich nicht um ein Immobiliendarlehen handelt, ist eine bestehende Rechtschutzversicherung in den meisten Fällen eintrittspflichtig. Fazit: Nach erklärten Widerruf ist das Darlehen innerhalb von 30 Tagen zurück zu führen. Die Bank hat sämtliche gezahlten Zinsen zu erstatten. Anzurechnen hat sich der Verbraucher einen noch nicht näher bestimmten Nutzungsersatz, der aber in jedem Fall signifikant unter dem Zinssatz liegt. Eine Vorfälligkeitsentschädigung kann unter Umständen rückforderbar sein. Der durch Darlehen finanzierte PKW kann zurückgegeben werden. Das Darlehen wäre dann nicht rückzahlbar. Zinsanteile und Gebühren wären von der Bank zu erstatten.

Autor: Rechtsanwalt Dr. Eberhard Frohnecke, zugleich Fachanwalt für Versicherungsrecht und gewerblichen Rechtsschutz, Osnabrück www.frohnecke.de

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