Der Unternehmerverband Vorpommern e.V. hat auf seiner Mitgliederversammlung Ende August einen neuen Vorstand gewählt. Als Präsident wurde der Lubminer Unternehmer Gerold Jürgens (IRB Iso-Rüst-Bau GmbH) im Amt bestätigt, er hat das Ehrenamt seit 1996 inne. Im Gespräch äußert sich der 67-Jährige zur erfolgreichen Entwicklung des Verbandes und zu den neuen Hauptvorhaben. Von Anette Pröber
Sie stehen seit 23 Jahren an der Spitze des Unternehmerverbandes Vorpommern e.V.. Gibt es nur einen Macher?
Gerold Jürgens: Als Präsident ist mir Teamarbeit wichtig. Ebenfalls wiedergewählt wurde als Vizepräsident Dietrich Lehmann (MeLe-Gruppe Torgelow), der mir seit vielen Jahren zur Seite steht. Vize Walter Kienast (ehemals Greifenfleisch GmbH Greifswald), seit der Gründung des Verbandes aktiv, wechselt in den Ehrenvorstand und übernimmt die Betreuung der Start-ups. Als zweiter Vize kommt mit Henning Bligenthal (Hafen Vierow) ein jüngerer Unternehmer in die Führungscrew. Wir haben im Vorstandsgremium übrigens alle Regionen Vorpommerns vertreten, damit das Netzwerk in die Fläche ausstrahlt. Allen ausscheidenden Vorstandsmitgliedern unseren herzlichen Dank.
Im Gründungsjahr 1992 fanden sich rund 100 Unternehmer zusammen, heute gehören über 230 mittelständische Firmen zum Verbund. Weshalb ist das Engagement wichtig?
Gerold Jürgens: Der Unternehmerverband gibt den Firmenchefs die Möglichkeit, sich auszutauschen, Kontakte zu pflegen und sich mit aktuellen wirtschaftlichen und politischen Themen zu befassen. Wir organisieren Gesprächsrunden unter anderem mit Ministern und Staatssekretären, mit Vertretern von Banken und Bildungsträgern, um auf wichtige Anliegen der Wirtschaft aufmerksam zu machen. Wenn 230 Unternehmer mit einer Stimme sprechen, kann diese nicht überhört werden. Vorpommern braucht eine starke Lobby.
Welche Anliegen sind Ihnen wichtig?
Gerold Jürgens: Wir brauchen im Osten gut ausgestattete Wissenschafts- und Forschungscluster, mehr staatliche Einrichtungen und Behörden mit Einheimischen in Führungspositionen. Warum stehen den Kliniken, Universitäten und Hochschulen nach 30 Jahren noch immer so wenige Ostdeutsche vor? Die Probleme vor Ort können Menschen, die hier ständig leben, viel besser einschätzen und bewältigen. Zudem erhöhen sich die Chancen, dass die Jüngeren nicht wegziehen, wenn es attraktive Arbeitsplätze gibt. Derzeit ist der Fachkräftemangel ein großes Thema quer durch alle Branchen. Im Unternehmerverband haben wir eine eigene Jobbörse initiiert, um uns gegenseitig zu unterstützen. Unkompliziert greifen Firmenchefs zum Hörer und helfen beim Vermitteln.
Was antworten Sie, wenn es heißt, die Löhne in Vorpommern sind zu niedrig?
Gerold Jürgens: Wer eine Fachkraft sucht, bekommt sie auch im Nordosten längst nicht mehr für den Mindestlohn. Gute engagierte Arbeit zahlt sich aus. Es geht aber nicht nur um Löhne, um Vorpommern attraktiv zu machen. Wichtig sind neue Ideen: von weniger Belastungen durch Steuern bis hin zu modernen Verkehrskonzepten. Wir brauchen mehr Wohnraum und Bauland in den Gemeinden.
Wie weit sind die Projekte vorangekommen, Fachkräfte im Ausland zu gewinnen?
Gerold Jürgens: In wenigen Wochen wird in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi ein Büro eröffnet, das für Arbeitsmöglichkeiten in Mecklenburg-Vorpommern wirbt. Als Unternehmerverband Vorpommern beteiligen wir uns daran und stellen für Menschen, die die deutsche Sprache beherrschen, Ausbildungsplätze zur Verfügung. Großes Interesse an der Ausbildung von russischen Fachkräften in Deutschland und weiteren Wirtschaftskooperationen wurde uns auch aus Russland signalisiert. Der Gesandte der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland und Leiter des Handels- und Wirtschaftsbüros der russischen Botschaft Andrej Sobolew war unlängst Gast bei einer Sitzung des Rates für Technik, Energie und nachhaltige Entwicklung Vorpommerns. Mit Unterstützung der Politik wollen wir gemeinsame Projekte auf den Weg bringen.
Der Blick richtet sich verstärkt gen Osten. Polnische Unternehmer nahmen sogar an der jüngsten Mitgliederversammlung teil. Was versprechen Sie sich?
Gerold Jürgens: Die Grenzregion wächst zusammen. Unternehmer dies- und jenseits der Grenze wollen stärker zusammenarbeiten und vor allem unbürokratisch zueinanderkommen. Deshalb planen wir eine gemeinsame Plattform zum Austausch und ein Kontaktbüro in Stettin.