W+M-Länderreport Sachsen-Anhalt: #5 Energiebranche treibt die Entwicklung
Mit dem Länderreport Sachsen-Anhalt setzt Wirtschaft+Markt die im ersten Halbjahr 2023 mit Brandenburg, Thüringen begonnene Recherche-Serie fort. Auch diesen Report werden wir in mehreren Teilen veröffentlichen, denn es gibt mehr zu berichten, als man so gemeinhin denkt.
Teil 1 – 15.09.2023: Zahlen und Fakten zur Wirtschaft/ Bekannte Marken
Teil 2 – 21.09.2023: Mit Intel auf der Überholspur
Teil 3 – 13.09.2023: Die Chemieparks als Rückgrat der Wirtschaft
Teil 4 – 20.09.2023: Pharmaindustrie setzt auf Sachsen-Anhalt
Teil 5 – 30.10.2023: Energiebranche treibt die Entwicklung
Teil 6 – 03.11.2023: Logistik rollt im Land – Automotive und Maschinenbau im Wandel
Hier nun Teil 5 – Energiebranche treibt die Entwicklung
Die klimaneutrale Transformation der Schlüsselindustrien in Sachsen-Anhalt benötigt den raschen Ausbau regenerativer Energien. Bis 2032 müssen deshalb in Sachsen-Anhalt 2,2 Prozent der Landesfläche für Windkraft zur Verfügung stehen.
In Sachsen-Anhalt drehten sich Mitte Februar laut Bundesnetzagentur 2.807 Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von etwa 5.347 Megawatt. Damit arbeiten in Sachsen-Anhalt deutlich mehr Anlagen als in Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Bruttostromerzeugung des Landes liegt bei rund 62 Prozent. Die meisten Windräder rotieren im Landkreis Börde, gefolgt vom Salzlandkreis und dem Landkreis Stendal. Bei den im ersten Quartal 2023 erteilten Genehmigungen für geplante Windenergieanlagen steht Sachsen-Anhalt mit 24 Anlagen ebenfalls gut da.
Das Land ist aber nicht nur Produzent grüner Energie, sondern auch eine wichtige Durchgangsstation für den Stromtransport in den Süden Deutschlands. Am Umspannwerk Wolmirstedt wird aktuell etwa der erste Konverter für den SuedOstLink (SOL) gebaut, eines der wichtigsten Netzausbauprojekte für die Energiewende in Deutschland.
Die Mercer Stendal GmbH betreibt im Norden des Landes nicht nur eines der modernsten Zellstoffwerke im Land, sondern am Standort Arneburg auch das größte Kraftwerk für Biomasse in Deutschland. Nirgendwo in Deutschland kommen erneuerbare Energien in der industriellen Produktion deshalb so stark zum Einsatz wie im Landkreis Stendal. Denn das Biomassekraftwerk des Unternehmens versorgt nicht nur das Zellstoffwerk mit nachhaltiger Energie, sondern auch weitere Unternehmen und Haushalte in der Region.
Im Salzlandkreis wird derweil das bislang größte Batteriespeicherwerk Europas in Angriff genommen. Das deutsch-norwegische Unternehmen ECO STOR bringt dafür 250 Millionen Euro auf. Der Baustart soll 2024 erfolgen. Das Speicherwerk wird insgesamt über 300 Megawatt Leistung und 600 Megawattstunden Speicherkapazität verfügen.
Die TESVOLT AG, einer der Technologieführer für Energiespeicherung im gewerblichen und industriellen Sektor, hat ihren Stammsitz in der Lutherstadt Wittenberg. Dort baut das Unternehmen eine neue Gigafactory mit einem Produktionsgebäude für Batteriespeicher sowie einem neuen Forschungs- und Entwicklungszentrum.
Vom Ende der Braunkohleförderung ist Sachsen-Anhalt nicht im selben Umfang betroffen wie die brandenburgische und sächsische Lausitz. Dennoch muss auch die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (MIBRAG) in Zeitz neue Geschäftsfelder erschließen. Das Unternehmen wird in den kommenden zehn Jahren 500 Millionen Euro in den grünen Umbau seiner Geschäftstätigkeit investieren.
So laufen bereits Projekte für den Ausbau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen auf den rekultivierten Flächen der Braunkohletagebaue. Auch im Wasserstoffzeitalter soll die Region eine führende Rolle spielen, mit dem im Aufbau befindlichen Wasserstoff-Cluster Burgenlandkreis sowie dem geplanten Groß-Elektrolysestandort der MIBRAG in Profen. „Gerade für die Strukturwandelregion im Süden des Landes ist die Produktion und Nutzung von klimaneutralem Wasserstoff ein wichtiger Ansatz für Wertschöpfung und Arbeitsplätze“, so Wissenschafts- und Energieminister Dr. Armin Willingmann.
Nicht alles läuft allerdings nach Plan: Das Solarunternehmen Meyer Burger will künftig seine Hochleistungs-Solarzellen im US-Bundesstaat Colorado produzieren und legt den geplanten Produktionsausbau in Bitterfeld-Wolfen zunächst auf Eis. Damit hat die Diskussion um bessere Investitionsbedingungen in den USA auch den Standort Sachsen-Anhalt erreicht. Meyer Burger hatte mit der Rückkehr ins einstige Solar Valley die Hoffnung auf ein Wiederaufblühen des Landes als Standort für die Solarindustrie befeuert.
Zumindest in Sachen Technologie und Innovation ist Sachsen-Anhalt in der Solarindustrie weiter führend. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle (Saale) haben beispielsweise erfolgreich eine Prozesskette entwickelt, um zum ersten Mal aus gebrauchten PV-Modulen solartaugliches Silizium zurückzugewinnen. Das Verfahren ist ein wichtiges Projekt der Energiewende und der Kreislaufwirtschaft.