Die Top-Unternehmen der ostdeutschen Chemie #6 Thüringen

Die chemisch-pharmazeutische Industrie gehört zu den Eckpfeilern der ostdeutschen Wirtschaft. Ihr steht in den nächsten Jahren ein grundlegender Transformationsprozess bevor, zugleich erschüttert die aktuelle Energiekrise die Branche mehr denn andere.

In der Serie stellt W+M 36 Top-Unternehmen, Chemieparks und Forschungseinrichtungen der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Ostdeutschland vor. Jenseits der Leuchttürme sollte aber nicht übersehen werden: Die Basis der Ostchemie wird zu 95 Prozent aus kleinen und mittleren Unternehmen gebildet. Rund 54.500 Beschäftigte haben ihren Arbeitsplatz in der Ostchemie.

Folge 6: Thüringen

Thüringen ist geprägt von mittelständisch strukturierten Unternehmen in der Kunststoff- und Gummiproduktion mit einer über 100-jährigen Tradition. Aber auch chemische und pharmazeutische Betriebe, Farben-, Lacke- oder Reinigungsmittelhersteller sind im Freistaat ansässig.

Laborchemie Apolda
Sitz: Apolda
Beschäftigte: rund 100
Produkte: Spezialchemikalien und pharmazeutische Wirkstoffe

In Apolda wurde 1949 die VEB Laborchemie Apolda gegründet. Nach der Privatisierung 1993 ist die Laborchemie Apolda GmbH heute ein mittelständisches Unternehmen, das Spezialchemikalien und pharmazeutische Wirkstoffe fertigt. Als Tochtergesellschaft ist es Teil der Berliner HEYL Chemisch-pharmazeutischen Fabrik GmbH & Co. KG, die mit der Übernahme in Thüringen ihre Produktionskapazitäten auf dem Gebiet chemischer Synthesen erweitern wollte.

Das Werk wurde zuletzt mehrfach modernisiert und ausgebaut, um z.B. D-Penicillamin im großem Maßstab herstellen zu können, das in Berlin dann zu einem Medikament für Patienten mit Kupferspeicherkrankheit (Morbus Wilson) weiterverarbeitet wird. Darüber hinaus produziert die Laborchemie Apolda eine breite Palette an pharmazeutischen Wirkstoffen und bei Spezialchemikalien eine Vielfalt an Bortrifluorid-Amin-Komplexen (BF3-Komplexe).

Polytives GmbH
Sitz: Jena
Beschäftigte: rund 10
Produkte: Kunststoffadditive

Polytives. Copyright: Steffen-Walther

Das Start-up Polytives GmbH aus Jena entwickelt neuartige Additive für Kunststoffe. Diese Zusatzstoffe helfen, dass Kunststoffe nicht zu weich, hart oder porös werden. Dazu hat das junge Unternehmen Additive entwickelt, die wie die Kunststoffe selbst (verzweigte) Polymere sind. Daher verändern sie die chemischen Eigenschaften des Kunststoffes bei der Zufügung nicht. Auf Fremdstoffe wie etwa klassische Weichmacher könnte dann verzichtet werden. Zudem wird die Recyclingfähigkeit der Kunststoffprodukte ohne die Fremdstoffe verbessert.

Laut Unternehmen sind die Additive bei zwei Dritteln der Kunststoffe einsetzbar und können im 3D-Druck-Bereich, bei Farben und Lacken, im Spritzguss oder in der Kosmetik eingesetzt werden. Das Jenaer Start-up, gegründet 2020, hat für diese Entwicklung bereits Start-up- und Innovationspreise gewonnen.

Leuchtstoffwerk Breitungen GmbH
Sitz: Breitungen/Werra
Beschäftigte: rund 100
Produkte: Leuchtstoffe, Sicherheitspigmente, Zinksulfide, Partikelbeschichtung

Das Leuchtstoffwerk Breitungen wurde 1948 gegründet und ist seit 2012 eine Tochtergesellschaft der österreichischen Treibacher Industrie AG. Die Breitungener gelten als Spezialisten in den Bereichen anorganischer Leuchtstoffe sowie optischer Materialien für die Lichterzeugung, Diagnostik oder Produktmarkierung.

Was 1948 im Westen Thüringens mit der Fertigung von Leuchtstoffen für Schwarz-Weiß-Fernsehgeräte begann, ist heute einer der wichtigsten Zulieferer für Displayhersteller, die Automotivebranche, aber auch für Bereiche wie Analytik, Kosmetik, Medizin und Sensorik. Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen Europas einziger Komplettanbieter für anorganische Leuchtstoffe.

Neben klassischen LED-Leuchtstoffen bietet die Leuchtstoffwerk Breitungen GmbH auch Sonderleuchtstoffe wie UV-Leuchtstoffe, Infrarot-Leuchtstoffe oder Röntgen-Leuchtstoffe. Die Sicherheitspigmente aus Breitungen helfen zudem, Banknoten, Sicherheitsdokumente und Industrieprodukte fälschungssicher zu gestalten. Für seine Innovation, durch den Einsatz leuchtender Pigmente als Informationsspeicher Lieferketten und Herstellungsprozesse lückenlos nachvollziehbar zu machen, gewann das Unternehmen 2021 den Innovationspreis Thüringen.

 

Die 36 Top-Unternehmen der ostdeutschen Chemie

Teil 1: Berlin
Teil 2: Brandenburg
Teil 3: Mecklenburg-Vorpommern
Teil 4: Sachsen
Teil 5.1: Sachsen-Anhalt
Teil 5.2: Sachsen-Anhalt
Teil 6: Thüringen