Berlin und Brandenburg vereinbaren engere Zusammenarbeit
Berlin. Berlin und Brandenburg haben bei ihrer gemeinsamen Kabinettssitzung unter Leitung von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner und Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke auf dem Charité Campus Berlin-Mitte ihre länderübergreifende Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit, Wasser, Infrastruktur, Digitales, Bauen und Wohnen weiter gestärkt. Zudem wird die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) bis 2030 durch eine neue Rahmenvereinbarung gesichert.
Im Fokus der Sitzung stand die gemeinsame Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg: Beide Länder bekennen sich zur weiteren Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung. Die zuständigen Ressorts beider Länder werden ein Grundlagenpapier im Rahmen der Gemeinsamen Krankenhausplanung Berlin-Brandenburg erarbeiten. Ziel ist, eine zukunftsfeste und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung in der Hauptstadtregion zu sichern. Zudem sollen Berliner Partner wie die Charité die in der Lausitz entstehende Medizinische Universität im Aufbau ihrer Forschungs-, Lehr- und Versorgungsnetzwerke unterstützen.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke betonte: „Wir haben heute auch eine enge Zusammenarbeit für den Aufbau der ersten staatlichen Medizin-Universität im Land Brandenburg vereinbart. Die ‚Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem‘ in Cottbus soll die medizinische Versorgung der Zukunft erproben. Berlin und vor allem die Charité sind wichtige Partner bei der Etablierung der neuen Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationslandschaft in der Lausitz. Damit wird an bestehende Kooperationen, unter anderem im Bereich der Ausbildung in akademischen Lehrkrankenhäusern, angeknüpft.“
Darüber hinaus wurde ein konkreter Maßnahmenplan vorgelegt, wie die Wasserversorgung und die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung landesübergreifend weiter ausgebaut werden soll. Die Wasserstrategie soll von einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe unter Federführung der beiden Wasserwirtschaftsverwaltungen und unter Beteiligung der Ressorts Inneres, Wirtschaft/Betriebe, Finanzen sowie der Staats- und Senatskanzlei ausgearbeitet und auf der ersten gemeinsamen Kabinettssitzung im Jahr 2025 verabschiedet werden.
Als wichtiges Ergebnis der gemeinsamen Kabinettssitzung werteten die beiden Regierungschefs auch die Fortsetzung der ILA bis 2030. Dazu haben die Länder Berlin und Brandenburg mit der Messe Berlin, dem Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie sowie der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH eine Rahmenvereinbarung unterzeichnet.
Berlin und Brandenburg haben bekräftigt, die Kooperation für den Ausbau der Schieneninfrastruktur im Rahmen des Projektes „i2030“ als wichtigen Beitrag zur Verkehrswende in der Hauptstadtregion weiter voranzubringen. Für die Finanzierung der Planungen sind beide Länder in Vorleistung gegangen und haben über 335 Millionen Euro gebunden. Sie halten aber auch fest, dass die bisher prognostizierten Gesamtinvestitionen von 10,6 Milliarden Euro nur gemeinsam mit dem Bund realisiert werden können. Die langwierigen Planungsvorläufe und umfangreichen Umsetzungszeiträume vieler Vorhaben sehen beide Länder mit Sorge. Berlin und Brandenburg erwarten von der Deutschen Bahn den anforderungsgerechten Ausbau der Energieversorgung des S-Bahn-Netzes und mehr Ressourcen für Planung und Umsetzung der notwendigen Vorhaben.
Für die Weiterentwicklung der gemeinsamen Energieregion soll zeitnah der Staatsvertrag über die Energieaufsicht und die Bergbaubehörde neugefasst werden. Zuvor müssen sich die Landesparlamente mit dem Gesetzesentwurf befassen. Im November 2023 wurde dazu ein „Letter of Intent“ unterzeichnet. Auch die Umsetzung des Beschlusses zum Wasserstoff wird weiterhin verfolgt. Dazu bereiten Berlin und Brandenburg derzeit eine gemeinsame Bundesratsinitiative vor.
Die Landesregierungen zogen auch eine Zwischenbilanz zum „Innovationskorridor Berlin-Lausitz“. Dem Senat und Kabinett liegen dazu ein Bericht der WISTA Management GmbH und der Wirtschaftsregion Lausitz GmbH vor. Seit der Gründung des Achsenmanagements 2022 wurden wichtige Meilensteine erreicht: die Profilbildung des Innovationskorridors Berlin – Lausitz erarbeitet, eine Potenzialanalyse der Gewerbeflächen und des Wohnraums und die Finanzierung erster Schlüsselprojekte gesichert, sodass die Erschließung des Lausitz Science Park sowie die Umsetzung des Co-Working Spaces GREEN HUB Lübbenau starten können. In einem Memorandum bekannten sich zudem mehr als 35 Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zur gemeinsamen Entwicklung des Innovationskorridors.
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Quelle Landesarchiv Berlin/Grönboldt
CropEnergies baut erste Produktionsanlage für grünes Ethylacetat in Zeitz
Zeitz. Mit einem symbolischen ersten Spatenstich durch Sven Schulze, Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt, leitete der führende europäische Hersteller von erneuerbarem Ethanol den Baubeginn der ersten Produktionsanlage für grünes Ethylacetat ihrer Art in Europa ein.
Im Chemie- und Industriepark Zeitz baut die CropEnergies AG eine Anlage zur Herstellung von erneuerbarem Ethylacetat aus nachhaltigem Ethanol. Dieses verringert nicht nur den fossilen Kohlenstoff-Fußabdruck der daraus hergestellten Produkte erheblich, sondern bietet den Kunden auch die Möglichkeit, dank einer heimischen Produktion in Europa ihre Versorgungssicherheit zu erhöhen. Die Gesamtinvestition für die neue Produktionsanlage wird sich auf 120 bis 130 Millionen Euro belaufen. Der neue Standort wird zu einer zusätzlichen Wertschöpfung im Burgenlandkreis beitragen und rund 50 Arbeitsplätze für hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen. Die Inbetriebnahme der Anlage ist für Ende 2025 geplant. CropEnergies gibt mit der neuen Anlage den Startschuss für das Geschäftsfeld mit biobasierten Chemikalien
Zur klimaneutralen Versorgung der Ethylacetatanlage mit Wärme und Strom wird die GETEC Group, Magdeburg, auf dem Gelände des Chemie- und Industrieparks Zeitz eine Energieanlage errichten, die neben Biomasse auch flüssige und gasförmige Produktionsreststoffe thermisch verwerten kann.
Im Jahr 2006 in Mannheim gegründet, ist CropEnergies, Mitglied der Südzucker-Gruppe, der führende europäische Hersteller von erneuerbarem Ethanol. Mit einer Produktionskapazität von 1,3 Millionen m3 Ethanol pro Jahr erzeugt CropEnergies an Standorten in Deutschland, Belgien, Großbritannien und Frankreich Neutralalkohol sowie technischen Alkohol (Ethanol) für eine breite Palette von Anwendungen: Nachhaltig produziertes Ethanol als Benzinersatz ist eine Antwort auf die zukünftigen Herausforderungen der klimafreundlichen Energieversorgung im Transportsektor.
IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten im März abermals auf Rekordniveau
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ist im März auf einen weiteren Höchstwert gestiegen. Nie seit Beginn der Erhebung durch das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) im Januar 2016 gab es mehr Firmenpleiten. Allerdings ist ein Ende des Anstiegs der Insolvenzzahlen in Sicht.
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im März bei 1 297 (vgl. Abbildung 1). Damit wird der jüngste Rekordwert, der im Februar gemessene wurde, nochmals um 9% übertroffen. Der aktuelle Wert liegt zudem 35% höher als im März 2023 und 30% über dem März-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Schließungen großer Arbeitgeber können zu hohen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten führen. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung der Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im März gemeldet wurde, ca. 11 000 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten in den größten 10% der Unternehmen liegt damit auf dem Niveau des Vormonats, aber etwa 42% höher als in einem durchschnittlichen März vor der Corona-Pandemie (vgl. Abbildung 2).
Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um etwa zwei bis drei Monate vorlaufen. Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung, erwartet zwar für den April nochmals hohe Insolvenzzahlen. „Bei den Frühindikatoren ist jedoch ein Silberstreif am Horizont erkennbar“, sagt Müller. „Nach den Höchstwerten im Januar zeigt sich im März abermals ein Rückgang. Das nährt die Hoffnung, dass die Insolvenzzahlen ab Mai wieder leicht zurückgehen könnten. Trotzdem werden sie noch viele Monate über dem Vor-Corona-Niveau liegen.“ Auch wenn Unternehmensinsolvenzen für die betroffenen Unternehmen, Beschäftigten und Gläubiger schmerzhaft seien, sei es für eine dauerhaft wettbewerbsfähige Volkswirtschaft wichtig, dass nicht mehr tragfähige Geschäftsmodelle aus dem Markt austreten und damit Platz für Neues schaffen. Parallel zu den hohen Insolvenzzahlen grassiere in vielen Branchen ein Arbeitskräftemangel, sagt Müller. „Das zeigt, dass Beschäftigte in leistungsfähigen Unternehmen händeringend gesucht werden. Deshalb ist das Risiko von Arbeitslosigkeit und langanhaltenden Einkommensverlusten nach Insolvenz des Arbeitgebers derzeit begrenzt.“
IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik
Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.
Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab. Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet. Die Zahl der Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.
Zukunft der ILA bis 2030 gesichert
Auf der gemeinsamen Kabinettssitzung des Senats von Berlin und der Landesregierung Brandenburg haben beide Länder der Rahmenvereinbarung zur Durchführung der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) 2026 bis 2030 zugestimmt. Die Rahmenvereinbarung wurde zwischen der Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Franziska Giffey, dem Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie, Jörg Steinbach, der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, Aletta von Massenbach, dem CEO der Messe Berlin, Dr. MarioTobias und Martin Kroell, Mitglied des Präsidiums des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, geschlossen.
Seit 1992 findet die ILA am Flughafen Schönefeld und seit 2012 auf dem Berlin-ExpoCenter-Airport-Areal im Schönefelder Ortsteil Selchow statt, auf dem Gelände des Flughafens Berlin Brandenburg (BER). Mit der Unterzeichnung der neuen ILA- Rahmenvereinbarung 2026-2030 unterstreichen die Vertragspartner heute die große Bedeutung der ILA und sichern zu, die ILA bis zum Jahr 2030 in der Hauptstadtregion durchzuführen.
Als wichtigste Innovationsmesse der Luft- und Raumfahrtindustrie in Europa zeigt die ILA die Zukunft des Fliegens. Alle zwei Jahre versammelt sie Vertreterinnen und Vertreter der internationalen Industrie, von Politik, Streitkräften, Forschung und Wissenschaft am Flughafen BER zum Austausch über Innovation, neue Technologie und Nachhaltigkeit. An ihren Publikumstagen bietet sie der breiten Öffentlichkeit Gelegenheit, die neuesten Trends der Luft- und Raumfahrt hautnah zu erleben.
Dr. Dietmar Woidke, Ministerpräsident des Landes Brandenburg:
„Die ILA ist die weltweit älteste Luftfahrtausstellung und das wichtigste Schaufenster der Branche in Deutschland. Als eine der drei bedeutendsten Luftfahrt-Technologie-Kompetenzzentren ist die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg der ideale Austragungsort für die ILA und profitiert enorm von ihr. Sie ist ein wichtiger Impulsgeber für Wachstum und Beschäftigung in der Region. Deswegen war es Brandenburg ein besonderes Anliegen, der ILA eine langfristige Perspektive und Planungssicherheit zu geben. Die Weichen dafür haben wir heute mit der Unterzeichnung einer neuen Rahmenvereinbarung gestellt. Die Länder Berlin und Brandenburg wollen
VNG schließt Geschäftsjahr 2023 mit großem Erfolg ab
Leipzig, 16.4.2024. „Das letzte Jahr war erneut von einem außergewöhnlichen Marktumfeld geprägt. Daraus haben sich für uns Chancen ergeben, die wir nutzen konnten. In Summe ist es uns gelungen, ein außergewöhnliches Ergebnis zu erwirtschaften, das weit über unseren Erwartungen liegt“, resümiert Ulf Heitmüller, Vorstandsvorsitzender der VNG AG zu Beginn des diesjährigen Bilanzpressegesprächs. „Alle Geschäftsbereiche haben zum wirtschaftlichen Erfolg beigetragen. Für 2024 ist bereits jetzt absehbar, dass sich diese Gewinnsituation nicht wiederholen lässt. Wir erwarten eine Normalisierung des Marktes und ebenso für das Konzernergebnis im nächsten Jahr“, ordnet Heitmüller ein.
Das Geschäftsjahr 2023
hat VNG mit einem adjusted EBIT, d. h. das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern, von 447 Mio. Euro abgeschlossen (2022: -205 Mio. Euro). Ebenfalls deutlich über dem Vorjahreswert liegt das Konzernergebnis mit 380 Mio. Euro (2022: -337 Mio. Euro). „Unser wirtschaftlicher Erfolg gibt uns finanzielle Stabilität, um die notwendigen Investitionen in die Transformation des Energiesystems stetig und ambitioniert weiter voranzutreiben sowie unsere Strategie VNG 2030+ konsequent umzusetzen. Bis zum Jahr 2035 beabsichtigen wir bei entsprechenden Rahmenbedingungen bis zu 5 Mrd. Euro zu investieren. Ein relevanter Teil unserer Investitionen soll in den Ausbau der Infrastruktur grüner Gase fließen. 2023 haben wir erneut kräftig in den Strukturwandel in Ost- und Mitteldeutschland investiert. Über alle Geschäftsbereiche hinweg waren es 197 Mio. Euro“, sagt Bodo Rodestock, Vorstandsmitglied für Finanzen und Personal der VNG AG. Der abgerechnete Umsatz beträgt im Geschäftsjahr 2023 rund 23,2 Mrd. Euro (2022: rund 36,2 Mrd. Euro). Zum 31.12.2023 beschäftigte der VNG-Konzern insgesamt 1.688 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (2022: 1.578).
Geschäftsbereichsübergreifender Erfolg in 2023
Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber ONTRAS Gastransport GmbH hat als Konzerntochter einen wesentlichen Ergebnisbeitrag im unteren dreistelligen Millionenbereich zum Jahresergebnis beigetragen. Angepasste Nutzungsentgelte sowie gesunkene Energiekosten führten zu einer Ergebnisverbesserung. Damit kommt dem Geschäftsbereich Transport eine unverändert tragende Rolle im VNG-Konzern zu. Der Geschäftsbereich Speicher gewann im Zuge des gestiegenen Wertes von Speicherkapazitäten für die Versorgungssicherheit deutlich an Bedeutung, sodass gestiegene Sommer-Winter-Spreads im Rahmen erfolgreicher Vermarktungen genutzt werden konnten. Aus dem operativen Geschäft erzielte die VNG Gasspeicher GmbH ein adjusted EBIT in hoher zweistelliger Millionenhöhe.
Diversifizierung der Gasbezüge
Im Sinne der Versorgungssicherheit fokussierte sich VNG im Jahr 2023 auf die weitere Diversifizierung der Gasbezüge. Den Bedarf deckt VNG nun durch Importe aus Norwegen, Algerien, am Handelsmarkt sowie über den Einkauf von LNG ab. „VNG ist seit Januar 2024 das erste deutsche Unternehmen, das Pipelinegas aus Algerien bezieht. Wir werden weiter daran arbeiten, neue Lieferverträge abzuschließen. Jeder zusätzliche Vertrag ist ein Baustein für eine zuverlässige und sichere Gasversorgung. Hierbei denken wir zugleich stets die Transformation des Energieträgers mit und sprechen auch über die Versorgung mit erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen. Internationale Kooperationen sind für den Wasserstoffhochlauf unerlässlich. Deutschland wird die Bedarfe an Wasserstoff künftig nicht allein durch heimische Produktion decken können. Wir sind zusätzlich auf Importe angewiesen“, so Heitmüller weiter. Mit TEH2, einer Tochter der französischen TotalEnergies, arbeitet VNG am Aufbau einer grünen Wasserstofflieferpartnerschaft mit Chile. Darüber hinaus ebnet VNG in weiteren nationalen und internationalen Partnerschaften den Weg für den perspektivischen Import grüner Gase, um langfristige Wasserstoff- und Ammoniakprojekte zu realisieren.
Die BALANCE Erneuerbare Energien GmbH (BALANCE) wuchs im Geschäftsjahr 2023 auf nunmehr 40 Anlagen in Nord- und Ostdeutschland. Die installierte Feuerungswärmeleistung des Portfolios beträgt rund 178 MWFWL. Damit können jährlich ca. 120.000 Haushalte mit erneuerbarer Energie versorgt werden. „Als wichtiger Baustein des dezentralen Energiesystems der Zukunft erhöht Biogas schon heute den Anteil grüner Gase im Netz. Als regional erzeugter und grundlastfähiger Energieträger leistet Biogas somit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Wir wollen weiterhin substanziell im Biogasbereich wachsen, unseren Bestand optimieren und zur regionalen Wertschöpfung beitragen“, erklärt Hans-Joachim Polk, Vorstandsmitglied für Infrastruktur und Technik der VNG AG. Der Geschäftsbereich Biogas erzielte ein adjusted EBIT in unterer zweistelliger Millionenhöhe.
Betrieb und Ausbau digitaler Infrastruktur
Der jüngste der fünf VNG-Geschäftsbereiche konzentriert sich auf den Betrieb und Ausbau digitaler Infrastruktur. Über diverse Beteiligungen und Tochterunternehmen investiert VNG direkt sowie indirekt in den Ausbau des Glasfasernetzes und das FTTX-Geschäft. Zudem liegt der Fokus auf kommunalen Kooperationen in Mitteldeutschland. Das adjusted EBIT des Geschäftsbereichs Digitale Infrastruktur bewegt sich zum Geschäftsjahresende 2023 stabil im niedrigen zweistelligen Millionenbereich.
Energiepark Bad Lauchstädt & Energy Hub Rostock
„Wie die Gaswirtschaft der Zukunft funktionieren wird und der Hochlauf grüner Gase gelingen kann, erproben wir derzeit in einem Konsortium im Rahmen unseres Leuchtturmprojekts, dem Reallabor Energiepark Bad Lauchstädt. Dort sind wir mitten in der Umsetzung. Wir haben mit der Konsortial-FID und dem ersten Spatenstich seit Sommer 2023 eine Baustelle, auf der es sichtlich voran geht. Unsere im letzten Jahr erzielten Meilensteine sind beachtlich. Beispielsweise hat VNG 2023 den ersten Liefervertrag für grünen Wasserstoff mit der TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland als Ankerkunden abgeschlossen. Zudem widmet ONTRAS seit 2023 die erste Gastransportleitung Deutschlands auf 25 km Länge zwischen Bad Lauchstädt und Leuna auf Wasserstoff um. Bereits ab der zweiten Jahreshälfte 2025 soll das erste grüne Gas ausgeliefert werden. Unser Ziel ist es, erstmals die gesamte Wertschöpfungskette im industriellen Maßstab abzubilden. Perspektivisch sollen Industrieunternehmen im mitteldeutschen Chemiedreieck mit vor Ort erzeugter, grüner Energie versorgt werden“, sagt Polk. Im Reallabor der Energiewende werden acht Windräder bis zu 50 Megawatt erneuerbaren Strom erzeugen. In einem 30 Megawatt-Elektrolyseur soll dieser in grünen Wasserstoff umgewandelt und über die umgestellte Leitung zum Kunden transportiert werden.
„Um die Wirtschaft und Privathaushalte auch über Erdgas hinaus sicher und wettbewerbsfähig mit Energie zu versorgen, braucht es weiterhin Moleküle wie Biogas und Wasserstoff. Als VNG haben wir im letzten Jahr im Zuge unserer Transformation hin zu grünen Gasen deutlich an Fahrt gewinnen können. Für den Hochlauf grüner Gase gilt es nun, die bereits existierende Transport- und Speicherinfrastruktur zu nutzen. Wir wollen die Region Mittel- und Ostdeutschland auf dem Weg zur Dekarbonisierung unterstützen und so den Strukturwandel und die Energiewende aktiv gestalten“, so Polk weiter. Beispielsweise arbeitet VNG in einem gemeinsamen Projekt mit dem norwegischen Energieunternehmen Equinor daran, den Rostocker Hafen zu einer Drehscheibe für dekarbonisierte, das heißt CO2-freie, Energie in Ostdeutschland zu entwickeln. Im Zuge dessen werden Möglichkeiten untersucht, wie dekarbonisierter Wasserstoff aus norwegischem Erdgas hergestellt werden kann. Eine Anlage im Gigawatt-Maßstab könnte ab 2030 jährlich bis zu 230.000 Tonnen Wasserstoff produzieren und so einen wichtigen Beitrag für den prognostizierten schnell steigenden Wasserstoffbedarf in Deutschland leisten. Zudem wird der Aufbau einer CO2-Exportinfrastruktur geprüft.
Wasserstoff-Kernnetz im Fokus
Für 2024 blickt Heitmüller mit besonderem Interesse auf die Nationale Wasserstoffstrategie: „Für 2030 wird ein Wasserstoffbedarf in Höhe von 95 bis 130 TWh prognostiziert. Um diese Nachfragen decken zu können, gilt es neben grünem auch dekarbonisierten Wasserstoff zu berücksichtigen. Ebenso wichtig ist die richtige Infrastruktur. Das derzeit diskutierte Wasserstoff-Kernnetz, das Import- und Einspeisepunkte mit relevanten Abnehmern verbindet, ist eine wichtige Voraussetzung für den Wasserstoffhochlauf. Als Betreiber systemrelevanter Infrastruktur ist VNG grundsätzlich gewillt, sich am Aufbau des Kernnetzes zu beteiligen.“
Notwendige Investitionsentscheidungen ordnet Heitmüller wie folgt ein: „In Summe benötigen wir für den Wasserstoffhochlauf einen stabilen und rechtssicheren Rahmen. Nur mit entsprechenden kapitalmarktfähigen Finanzierungsbedingungen können wir langfristige Investitionsentscheidungen tätigen. Aktuell analysieren und bewerten wir das vom Bundestag am 11. April beschlossene Finanzierungsmodell zum Kernnetz intensiv.“
Heitmüller abschließend: „2024 erwarten wir insbesondere hinsichtlich der Wasserstoffimport- und Wasserstoffspeicherstrategie wesentliche Entscheidungen und Fortschritte. Wir wollen auch in Zukunft für unsere Kunden, die Wirtschaft und Gesellschaft als verlässlicher Partner für Stabilität sowie Kontinuität stehen und für Energie sorgen, die gebraucht wird.“
Über VNG
VNG ist ein europaweit aktiver Unternehmensverbund mit über 20 Gesellschaften und ca. 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Konzern mit Hauptsitz in Leipzig steht als Gasimporteur und Großhändler sowie als Betreiber von kritischer Gasinfrastruktur für eine sichere Versorgung mit Gas in Deutschland. Mit der Strategie „VNG 2030+“ verfolgt VNG darüber hinaus einen ambitionierten Pfad für einen Markthochlauf erneuerbarer und dekarbonisierter Gase wie Biogas und Wasserstoff und bereitet damit den Weg in ein nachhaltiges, versorgungssicheres und perspektivisch klimaneutrales Energiesystem der Zukunft. Die Investitionen von VNG in Infrastruktur und Grüngasprojekte erfolgen dabei vorrangig in Mittel- und Ostdeutschland, verbunden mit dem Ziel, als regional verankertes Unternehmen einen wesentlichen Beitrag für den Strukturwandel zu leisten. Mehr unter: www.vng.de.
Neue Außenwirtschaftsstrategie für Sachsen-Anhalt
Magdeburg. „Der Außenhandel in Sachsen-Anhalt hat sich in den zurückliegenden Jahren gut entwickelt. Krisen und geopolitische Ereignisse erfordern heute jedoch vermehrt die Orientierung auf wirtschaftspolitisch sicherere Märkte. Mit der neuen Außenwirtschaftsstrategie trägt die Landesregierung dieser Entwicklung Rechnung“, sagt Wirtschaftsminister Sven Schulze. „Sachsen-Anhalt ist auf der Überholspur. Diese Entwicklung wollen wir weiter ausbauen, indem wir mit verlässlichen Partnern innerhalb und außerhalb der Europäischen Union zusammenarbeiten und unsere Wettbewerbsvorteile noch stärker in den Fokus rücken. Die Investitions- und Marketinggesellschaft des Landes wird mithilfe von Kampagnen dazu beitragen, sowohl den Standort Sachsen-Anhalt zu bewerben als auch gezielt Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Ziel der neuen Strategie ist es zudem, unsere kleinen und mittleren Unternehmen besser zu vernetzen, um die Abhängigkeit von einzelnen Partnerländern zu vermeiden und resilient gegen mögliche Störungen von Lieferketten zu werden“, so Minister Schulze weiter.
Spatenstich für die neue TESVOLT-Gigafactory in Lutherstadt Wittenberg
Die TESVOLT AG, einer der Innovations- und Marktführer für gewerbliche und industrielle Energiespeicherlösungen in Deutschland und Europa, hat heute mit dem ersten Spatenstich offiziell den Bau ihrer neuen Gigafactory am Stammsitz in Lutherstadt Wittenberg begonnen. Mit einer geplanten jährlichen Fertigungskapazität von 4 Gigawattstunden wird TESVOLT eine der größten Anlagen für gewerbliche stationäre Batteriespeichersysteme in Europa errichten. Für den ersten Bauabschnitt, der die Erstellung der Fertigungsanlage und des vollautomatisierten Hochregallagers umfasst, ist ein Investitionsvolumen von rund 30 Millionen Euro vorgesehen. Die Inbetriebnahme der TESVOLT Gigafactory mit einer Fläche von fast 6.000 Quadratmetern soll im Jahr 2025 erfolgen.
Beim heutigen, feierlichen Spatenstich waren neben Mitarbeitenden und Partnern von TESVOLT auch renommierte Gäste aus der Politik anwesend, darunter u.a. Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Christian Tylsch, Landrat des Landkreises Wittenberg sowie Torsten Zugehör, Oberbürgermeister der Lutherstadt Wittenberg. Branchenseitig beteiligten sich u.a. Urban Windelen, Bundesverband Energiespeicher Systeme e.V., und Jörg Ebel, Bundesverband Solarwirtschaft e.V., am symbolischen Festakt.
Mit der neuen Anlage leistet TESVOLT einen weiteren wichtigen Beitrag in Richtung europäische Energieunabhängigkeit und baut seine technologische Vorreiterrolle weiter aus. Durch die neue Gigafactory sollen bei TESVOLT insgesamt mehr als 400 Arbeitsplätze entstehen.
Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, dazu: „TESVOLT vereint ein hohes Verantwortungsbewusstsein mit einer immensen unternehmerischen Innovationskraft. Darauf basiert die Erfolgsgeschichte, die das Unternehmen in den vergangenen Jahren geschrieben hat. Nun wird ein neues Kapitel hinzugefügt. Die Gigafactory wird ein Vorzeigeprojekt für unser gesamtes Land, davon bin ich fest überzeugt.“
Das neue Fertigungsgebäude verfügt über zwei Etagen und ermöglicht eine hochautomatisierte, effiziente Fertigung von Batteriespeichersystemen. Insgesamt zeichnet sich die Fertigung durch einen sehr hohen Digitalisierungsgrad aus. Unter anderem werden vollautomatisierte Roboter in Teilen des Fertigungsprozesses integriert. TESVOLT wird mit der neuen Gigafactory in der Lage sein, bis zu 80.000 Speichersysteme jährlich zu fertigen, was einer Verzehnfachung der aktuellen Kapazität entspricht. Dies ermöglicht TESVOLT am dynamischen Marktwachstum für gewerbliche und industrielle Energiespeicherlösungen zu partizipieren. Denn: Für die kommenden sechs Jahre gehen Marktexperten von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von über 30% allein im europäischen Batteriespeichermarkt aus.
Durch Kleinwindkraftanlagen am Gebäude sowie eine Photovoltaik-Anlage stellt TESVOLT auch künftig eine komplett CO2-neutrale Fertigung seiner Speicherprodukte sicher. TESVOLT bezieht in der neuen Fertigungsanlage seine Heizenergie durch Luftwärmepumpen und Wärmerückgewinnung. Überschüssiger Strom wird in hauseigenen TESVOLT-Batteriespeichern gesammelt. Die neue Gigafactory entspricht dem KfW55-Standard und wird von Goldbeck als Generalunternehmen errichtet.
Daniel Hannemann, Co-Gründer und CEO von TESVOLT: „Der heutige Spatenstich markiert einen Meilenstein für unser Unternehmen. Mit der neuen Gigafactory werden wir in der Lage sein, unsere Fertigungskapazitäten für TESVOLT-Speicher auf bis zu 80.000 Speichersysteme jährlich zu steigern. Wir setzen damit auch international neue Maßstäbe. Unserem Ziel, jeden Winkel dieser Welt mit günstiger, grüner Energie zu versorgen, kommen wir damit ein Stück näher. Denn ohne Batteriespeicher wird es keine Energiewende geben.“
Mittelfristig zweiter Bauabschnitt mit Ausbau der F&E-Aktivitäten geplant
In einem zweiten Bauabschnitt soll auf dem Gelände von TESVOLT in den nächsten Jahren zudem ein Forschungs- und Entwicklungszentrum entstehen, in dem das Unternehmen seine innovativen Batteriespeichersysteme weiterentwickeln kann. Damit soll TESVOLTs Position als Technologiepionier in einem sich dynamisch weiterentwickelnden Markt gesichert werden. Es sollen attraktive Angebote für die Mitarbeitenden integriert werden, die die agile Arbeitsweise TESVOLTs fördern. Dazu zählen nach aktueller Planung ein moderner Schulungsbereich, Hörsäle sowie großräumige, digital-ausgestattete Büroflächen.
Über TESVOLT
Die TESVOLT AG ist einer der Innovations- und Marktführer für gewerbliche und industrielle Energiespeicherlösungen in Deutschland und Europa. Mit seinen Produkten ermöglicht TESVOLT Unternehmen, ihre Energieabhängigkeit zu beenden und die Energiewende mitzugestalten. Das agile Unternehmen produziert intelligente Lithium-Stromspeicher in den Leistungsklassen 10 Kilowattstunden bis mehrere Megawattstunden – mit TÜV-zertifizierter Sicherheit und in höchster Qualität. TESVOLT fertigt seine Gewerbespeicherlösungen in Serie in der eigenen CO2-neutralen Gigafactory in Lutherstadt Wittenberg und liefert sie in alle Welt. Das Unternehmen hat bereits mehrere Auszeichnungen erhalten, u.a. den Deutschen Gründerpreis in der Kategorie „Aufsteiger“, den Innovationspreis „Innovator des Jahres“ von TOP 100 und den smarter E Award in der Kategorie „Outstanding Projects“.
Insolvenzen steigen in Berlin – in Brandenburg sinken sie
In Berlin stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2023 um fast ein Drittel, während sie in Brandenburg leicht zurückging. Laut dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg wurden in Berlin 1.647 Insolvenzverfahren beantragt, was einem Anstieg von 31,5% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Der Handelssektor war am stärksten betroffen. In Brandenburg gab es 346 Insolvenzanträge, was einem Rückgang von etwa drei Prozent entspricht, wobei das Baugewerbe die meisten Anträge verzeichnete. In Berlin hatten Freiberufler die höchsten Gläubigerforderungen, während in Brandenburg das Verarbeitende Gewerbe führend war. Die Entwicklung wird auf wirtschaftliche Folgen der Coronakrise, hohe Energiepreise und gestiegene Zinsen zurückgeführt.
Wirtschaftsminister Sven Schulze: „Sachsen-Anhalt ist ein attraktiver Standort für Investitionen“
W+M sprach mit Sven Schulze, Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt über die wirtschaftliche Lage im Land, Großansiedlungen und den Mittelstand, natürlich über Intel, aber auch über Fachkräfte und Willkommenskultur sowie über seine Erwartungen an die Unternehmerschaft im Land und die Bundesregierung in Berlin.
W+M: Herr Minister, Sie haben allerhand Ressorts zu verantworten, die zwar alle mit Wirtschaft zu tun haben, in sich aber doch sehr unterschiedlich sind. Welches Ressort beansprucht die meiste Zeit?
Sven Schulze: Tendenziell waren die Auftritte in der Landwirtschaft zuletzt stärker in den Medien. Das heißt aber nicht, dass im Wirtschaftsbereich weniger zu tun war. Nicht von jedem Investorengespräch ist immer gleich in der Zeitung zu lesen. Letztlich ist das Verhältnis zwischen den einzelnen Bereichen ausgeglichen und das ist auch mein Ziel.
W+M: Wie stehen Sie als Landwirtschaftsminister zu den Bauernprotesten?
Sven Schulze: Es ist genaugenommen so gekommen, wie ich es Ende vergangenen Jahres prognostiziert habe. Was die Bundesregierung den Bauern zumutet, wird von den Bauern so nicht akzeptiert. Bei Protesten haben die Bauern natürlich allein aufgrund ihrer Traktoren eine starke Präsenz. Die sachlichen Proteste unterstütze ich weiterhin und denke, dass wir auch beim Agrardiesel noch Lösungsmöglichkeiten gehabt hätten. Leider ist die Bundesregierung hier anderer Meinung.
Ausgewählte Daten Sachsen-Anhalt
Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätiger (2022): 75.839 Euro
Die drei umsatzstärksten Industriebranchen (2023): Herstellung von chemischen Erzeugnissen, Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, Kokerei und Mineralölverarbeitung
Arbeitslosenquote 2023: 7,5 Prozent
W+M: Wie hat sich die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt entwickelt?
Sven Schulze: Man muss zwei Dinge sehen. Auf der einen Seite haben sich die Konjunkturdaten deutschlandweit verschlechtert. Wir sind substanziell aber eher stärker aufgestellt als andere Regionen in Deutschland. Das verdanken wir einer starken mittelständischen Wirtschaft, die sich sehr resilient zeigt. Hinzu kommt gegenwärtig eine besondere Aufbruchsstimmung. Sachsen-Anhalt ist ein attraktiver Standort für Investitionen in bislang ungeahnter Größenordnung geworden. Intel ist hierbei auch nicht die einzige Großinvestition. Daimler Trucks in Halberstadt beispielsweise sorgt dafür, dass künftig alle weltweit benötigten Ersatzteile für die Trucks des Unternehmens aus Halberstadt kommen. Oder AVNET, ein amerikanisches Unternehmen der Chipindustrie, das unabhängig von Intel zu uns gekommen ist und eine fast vierstellige Zahl von Arbeitskräften beschäftigen will. Die Investition des Unternehmens in Bernburg ist die größte in der über 100-jährigen Unternehmensgeschichte. Und die Aufzählung ließe sich noch fortführen.
Sachsen-Anhalt mit Deutschlandgeschwindigkeit
Beide Unternehmen haben uns übrigens bescheinigt, dass sie in Sachsen-Anhalt tatsächlich die vielbeschworene Deutschlandgeschwindigkeit kennengelernt haben. Und dass, obwohl die bürokratischen Hürden in Deutschland und der EU nach wie vor sehr hoch sind. Das Pfund, mit dem wir wuchern können, ist die effiziente und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen. Wir sind untereinander gut vernetzt. Es ist sicherlich ein Vorteil, dass ich selbst aus der Wirtschaft komme und nach wie vor in der Lage bin, viele Themen aus dieser Perspektive zu beurteilen.
Mein Fazit: Wir sind guten Mutes, mit den Neuansiedlungen und den bereits ansässigen Unternehmen, die oftmals als Hidden Champions Produkte und Dienstleistungen für die ganze Welt anbieten, die aktuellen Herausforderungen zu meistern.
W+M: Das klingt danach, als wäre die Lage besser als Stimmung. Ist das so?
Sven Schulze: Ich würde sagen, die Stimmung ist in vielen Branchen durchaus angespannt. Der Ausblick für die Zukunft ist für einige Unternehmer nebulös. Sie sehen Herausforderungen vor sich, ohne zu wissen, wie man lösen sie kann. Auf der anderen Seite haben wir eine starke Wirtschaft, die in vielen Bereichen auch weiterhin erfolgreich ist.
W+M: Jüngst war zu lesen, dass die Großansiedlungen ihre Schatten vorauswerfen? Was ist darunter zu verstehen?
Sven Schulze: Ich bin in den letzten Wochen und Monaten mit vielen Unternehmen ins Gespräch gekommen, die nach Sachsen-Anhalt kommen wollen. Hier entsteht Stück für Stück ein neues Ökosystem, das unser Land ebenso wie Mittel- bzw. Ostdeutschland verändern wird. Deshalb werden wir uns auch verstärkt mit Sachsen, Thüringen und Brandenburg vernetzen.
Gleichzeitig kommen Unternehmen zu uns, die direkt mit Intel verbunden sind. Gerade im Bereich Forschung und Entwicklung wird künftig viel passieren. Parallel dazu wird unser Land auf der Weltkarte sichtbarer. Die Entscheidung internationaler Unternehmen für Sachsen-Anhalt findet Nachahmer und gilt insofern auch als Gütesiegel.
W+M: Wie geht es mit Intel konkret voran?
Sven Schulze: Ich bin mit dem aktuellen Stand zufrieden. In enger Abstimmung mit den lokalen Behörden vor Ort schreiten die Vorbereitungen für den Bau der Intel-Fabriken voran.
W+M: Welche Auswirkungen haben Großansiedlungen auf den Mittelstand vor Ort?
Sven Schulze: Neben den vielen Vorteilen gibt es auch die Sorge im Mittelstand, dass Unternehmen beispielsweise keine Fachkräfte mehr bekommen und gegebenenfalls auch verlieren werden. Dass Arbeitskräfte in nahezu allen Bereichen gebraucht werden, lässt sich nicht von der Hand weisen. Das ist allein aus demografischen Gründen der Fall. Wir versuchen aber, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Ich persönlich habe stets ein offenes Ohr für die Belange der Unternehmen, unabhängig von der Unternehmensgröße.
Hinsichtlich der Arbeitskräfte müssen wir Lösungen für alle Unternehmen finden. Wir werben verstärkt für handwerkliche Berufe und wollen das Bewusstsein dafür verstärken, dass man auch ohne Abitur eine tolle Karriere machen kann. Dazu finanzieren wir Ferien-Praktika für Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren in Handwerks- und voraussichtlich bald auch in Landwirtschaftsbetrieben. Wir benötigen aber auch Zuwanderung aus dem Ausland. Dafür haben wir jetzt zusätzliche Mittel bereitgestellt.
W+M: Arbeitskräftegewinnung durch Zuzug aus dem Ausland setzt eine Willkommenskultur voraus. Wie steht es damit in Sachsen-Anhalt?
Sven Schulze: Eine aktive Willkommenskultur entsteht durch gemeinsames Engagement und gegenseitige Wertschätzung. Mit Offenheit, Hilfsbereitschaft und politischem Willen von allen Seiten können wir ein integratives und zukunftsorientiertes Miteinander gestalten.
Für eine weitere positive Entwicklung unseres Wirtschaftsstandortes Sachsen-Anhalt brauchen wir eine Zuwanderung in den Arbeitsmarkt, seien es Erntehelfer in der Landwirtschaft, oder die vielen Beschäftigten im Gesundheitswesen oder in der Altenpflege. Unternehmen wie Intel und andere internationale Player werden den Zuzug sicherlich befördern. Das birgt Chancen für eine weitere gute Entwicklung der Willkommenskultur.
W+M: Es gibt Kritik an der Verwendung von Fördergeldern für den Braunkohleausstieg. So sollen Vogelbeobachtungen anstelle von Zukunftsinvestitionen finanziert worden sein. Wie schätzen Sie die Effektivität der Fördergelder für die Wirtschaft Sachsen-Anhalts ein?
Sven Schulze: Die Kritik ist in Einzelfällen berechtigt. Unser Problem besteht darin, dass wir mit den Milliarden, die wir für den Kohleausstieg bekommen, keine Unternehmen unterstützen dürfen. Die Vergabe der Fördergelder, die durch die Kommunen erfolgen sollen, setzen kluge und einvernehmliche Entscheidungen voraus. Viele Mittel fließen in Ansiedlung und Entwicklung von Forschungseinrichtungen. Das ist gut investiertes Geld. Insgesamt bieten die Fördergelder eine große Chance für unser Land und diese nutzen wir auch. Was dem Thema nicht gerecht wird, ist die ständige Umrechnung von Fördergeld je Arbeitsplatz.
W+M: Ein großes Mittelstandsthema ist die Unternehmensnachfolge. Spielt ein solches Thema angesichts der aktuellen Krisen noch eine Rolle?
Sven Schulze: Unbedingt. Wenn ich mit Unternehmern spreche, treffe ich auf zwei unterschiedliche Altersgruppen. Es gibt die Unternehmer, die zur oder unmittelbar nach der Wende ihr Unternehmen gegründet und aufgebaut haben. Sie kennen sich alle und sind bestens vernetzt. Und dann treffe ich auf die Unternehmer in meinem Alter, also Mitte 40, die sich teilweise überhaupt nicht kennen. Deshalb habe ich mir vorgenommen, die notwendige Vernetzung voranzutreiben. Die Gewinnung von Nachfolgern ist ein großes Thema. In Ostdeutschland steht ein Generationswechsel bevor, genaugenommen ist er überfällig. Die Unternehmer arbeiten länger, weil es an Nachfolgern mangelt.
W+M: Hängt der Nachfolgermangel eventuell damit zusammen, dass es aktuell nicht so attraktiv ist, Unternehmer zu sein?
Sven Schulze: Im Gegenteil, man schaut ja schon auf erfolgreiche Unternehmer. Verantwortung zu übernehmen, die Geschicke in die eigene Hand zu nehmen und selbst entscheiden zu können, das ist sicher attraktiv. Allerdings haben Unternehmer viele Verpflichtungen und manchmal sind sie auch einem gewissen Neid ausgesetzt. Letztlich sollten sie aber stärker als Vorbilder in der Gesellschaft wahrgenommen werden.
Voraussetzung für den Erfolg im eigenen Unternehmen oder als Angestellter ist nach wie vor, die erforderliche Qualifikation mit Fleiß, Ehrgeiz und Mut zu verbinden. Ich halte eine Diskussion, in der es darum geht, dass man sich heute im Berufsleben weniger anstrengen müsse, für gefährlich. Ebenso führen Debatten über eine Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich oder Ähnliches in eine falsche Richtung.
W+M: Welche Erwartungen haben Sie an die Unternehmer im Land?
Sven Schulze: Meine Erwartung an Unternehmer ist, dass sie in ihrem Alltag nicht nur über die Bürokratie und die sonstigen Belastungen klagen, sondern auch die Vorteile herausstellen. Mit Klagen gewinnt man keinen Nachwuchs.
Ansonsten wünsche ich mir, dass sich Unternehmer mehr in den gesellschaftlichen Diskurs einmischen. Bei Unternehmensverantwortlichen, gerade in großen Unternehmen, fehlt mir häufig der Mut, mal eine eigene Meinung zu haben. Man sollte nicht alles den Lobbyisten und den Verbänden überlassen, sondern auch den Mut haben, eine Meinung zu vertreten.
W+M: Welche Erwartungen haben Sie als Landesminister an die Bundesregierung?
Sven Schulze: Von der Bundesregierung erwarte ich, dass sie besser als bisher ihrer Rolle gerecht wird. Innerhalb des europäischen Binnenmarktes sind wir das wichtigste Land, die ganze Welt schaut auf uns. Uns stehen Wahlen in den USA bevor, von denen wir nicht wissen, wie sie ausgehen. Wir wissen um die Schwierigkeiten in Asien, um die Situation Chinas. Wir erleben in Russland eine Situation, die tagtäglich komplexer wird. Und in diesem Zusammenhang bedarf es einer Bundesregierung, die erkennt, dass sie ein wichtiger weltweiter Player sein muss. Es ist es schlecht, wenn man das Gefühl hat, dass die drei Ampelpartner überhaupt nicht zusammenpassen und nicht sehen, dass sie mit ihrer Politik die extremen Ränder stärken.
Ich wünsche mir eine Bundesregierung, die sich zusammenrauft, die sich ihrer Rolle bewusst wird und in eine gemeinsame Richtung agiert.
Interview: Frank Nehring
Sachsens Maschinenbau bleibt 2023 auf Wachstumspfad
Leipzig, 5. April 2024 . Der sächsische Maschinen- und Anlagenbau hat im Jahr 2023 seinen Wachstumstrend fortgesetzt. Sowohl der Gesamtumsatz als auch die Beschäftigtenzahlen kletterten. Das geht aus den Daten des Statistischen Landesamtes Sachsen für Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern hervor.
Die 196 sächsischen Maschinenbau-Unternehmen dieser Betriebsgröße verkauften im Jahr 2023 Maschinen, Anlagen, Komponenten und Dienstleistungen im Wert von 8,5 Milliarden Euro – das ist ein Umsatzplus von nominal 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Jahr 2022 erzielten sie 7,7 Milliarden Euro, 2021 waren es 7,4 Milliarden Euro. “Nach dem tiefen Einschnitt 2020 ging es für die Branche zunächst in kleinen Schritten wieder bergauf. Jetzt hat sie einen großen Sprung gemacht und das bisherige Umsatzhoch aus dem Jahr 2019 geknackt”, sagt Oliver Köhn, Geschäftsführer des VDMA Ost.
Die enorme Steigerung führt Köhn vor allem auf zwei Faktoren zurück: Zum einen hatten die langanhaltenden Folgen der Pandemie wie Reisebeschränkungen und Materialmangel zu einem immensen Auftragsstau geführt. Diesen haben die Unternehmen 2023 weitgehend abgearbeitet. Zum anderen verteuerte die Inflation die Maschinenbauprodukte.
Auslandsumsatz wächst stärker als Inlandsgeschäft
Der Gesamtumsatz erhöhte sich 2023 zum dritten Mal in Folge. Entscheidenden Anteil daran hatte das Auslandsgeschäft. Dieses erhöhte sich um 16 Prozent von 3,8 Milliarden Euro auf rund 4,4 Milliarden Euro. Stärkster Handelspartner war wie in den vergangenen Jahren China. Darüber hinaus waren Maschinen insbesondere in den USA, Frankreich, Großbritannien und der Tschechischen Republik gefragt.
Der Binnenumsatz legte um 5 Prozent zu – er stieg von 3,9 Milliarden Euro auf 4,1 Milliarden Euro. Trotz der merklich unterschiedlichen Steigerungsraten war der Umsatz mit Inlands- und Auslandsaufträgen im Jahr 2023 nahezu ausgeglichen. Die Exportquote lag bei 51,5 Prozent.
Beschäftigung legt leicht zu
In den sächsischen Maschinenbau-Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten arbeiteten im Jahr 2023 durchschnittlich 34.717 Menschen. Das waren etwa 1.200 mehr als 2022 (plus 3,5 Prozent).
Im Vergleich der ostdeutschen Bundesländer einschließlich Berlin steht Sachsens Maschinen- und Anlagenbau bei Umsatz und Beschäftigtenzahlen weiterhin an erster Stelle.
Ausblick auf 2024
Für 2024 erwartet Köhn ein ähnliches Ergebnis wie im vergangenen Jahr. “Der Start war solide. Sowohl die bisherigen Auftragseingänge als auch die Umsatzzahlen lassen auf ein passables Gesamtjahr hoffen”, sagt Köhn. Die Stimmung in der Branche schwankt dennoch zwischen Zuversicht und Skepsis. “Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden auch in diesem Jahr herausfordernd sein. Die geopolitischen Spannungen, der Schlingerkurs der Bundesregierung, die aufwendige Umsetzung von stetig zunehmenden Gesetzesvorgaben und die Fachkräftesituation erschweren ein dynamisches Wachstum”, ergänzt der Landesverbandsgeschäftsführer.