IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten im September gestiegen, drittes Quartal 2024 erreicht damit Rekordwerte
Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im September in den größten 10% der insolventen Unternehmen fast 23 000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten mehr als die Hälfte über dem Vormonatswert, 75% höher als im September 2023 und 350% über dem Durchschnitt eines typischen Septembers der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019 (vgl. Abbildung 2).
Im dritten Quartal 2024 wurde mit 3 991 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften die höchste Zahl an Insolvenzen verzeichnet, die in den letzten 14 Jahren in einem Quartal insgesamt registriert wurde. Zuletzt waren es im zweiten Quartal 2010 mit 4 071 Insolvenzen etwas mehr. Damals wirkte beim Insolvenzgeschehen noch die große Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/2009 nach. Verglichen mit dem dritten Quartal 2023 stieg die Zahl der Insolvenzen um 31%. Unter den größeren Bundesländern war der Anstieg in Bayern (+56%) und Baden-Württemberg (+42%) am stärksten. Unter den großen Insolvenzbranchen lag der Zuwachs im Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen mit +31% am höchsten. Kleinere Branchen, wie etwa das Grundstücks- und Wohnungswesen (+69%), verzeichneten sogar noch stärkere Anstiege. Schaut man auf die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze, so betrug der Anstieg gegenüber dem dritten Quartal des Vorjahrs 44% und war somit stärker als der Anstieg der Anzahl der Insolvenzen. Bei den großen Insolvenzbranchen stieg die Zahl der betroffenen Jobs im Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen mit +104% und im Verarbeitenden Gewerbe mit +58% am stärksten.
„Das Insolvenzgeschehen befindet sich derzeit auf einem deutlich erhöhten Niveau“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung. Neben der aktuellen Schwächephase der deutschen Wirtschaft spielen dabei Nachholeffekte aus der Corona-Pandemie eine Rolle, so Müller. Damals wurde die Zahl der Insolvenzen durch staatliche Stützungsprogramme künstlich niedriggehalten. Viele der damals gestützten Unternehmen geraten nun in Schwierigkeiten. Ein prominentes Beispiel im September ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens von FTI Touristik. Das Unternehmen war während der Pandemie mit staatlichen Hilfen in Höhe von fast 600 Millionen Euro vorläufig vor der Insolvenz gerettet worden. Basierend auf den IWH-Frühindikatoren rechnet Steffen Müller in den kommenden Monaten mit weiter steigenden Insolvenzzahlen.
Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.
Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.