Wirtschaft und Markt

W+M-Parteien-Umfrage: Brandenburg hat die Wahl. Dr. Philip Zeschmann (AfD-Fraktion)

Am 22. September wählen die Bürger und Bürgerinnen den neuen Brandenburgischen Landtag. Eine richtungsweisende Entscheidung auch für die brandenburgische Wirtschaft. Deshalb hat Wirtschaft+Markt die Positionen der Parteien zu wichtigen wirtschaftspolitischen Themen in   Brandenburg abgefragt. Die Antworten der wirtschaftspolitischen Sprecher haben wir thematisch zugeordnet und werden gesondert veröffentlicht.

Hier die Antworten von Dr. Philip Zeschmann (AfD-Fraktion)

Mitglied im Ausschuss Wirtschaft, Arbeit und Energie

Dr. Philip Zeschmann (AfD-Fraktion), geb. 1967 in Berlin, Diplom-Volkswirt, ist seit 2019 Mitglied des Landtages Brandenburg und seit 2008 Mitglied im Kreistag Oder-Spree. Er sitzt im Landtag in den Ausschüssen für Wirtschaft, Arbeit und Energie sowie Infrastruktur und Landesplanung. Philip Zeschmann wechselte in der laufenden Legislaturperiode von den Freien Wählern zur AfD.

W+M-Wahlprüfstein 1

Wie kommt der Umbau der Lausitz voran und wie beurteilen Sie den bisherigen Einsatz der Fördermittel?

Aus unserer Sicht kommt der “Umbau“ in der Lausitz schlecht voran. Er braucht zu viel Zeit und ist zu wenig zielgerichtet und effizient. Es wird in alles Mögliche wie bspw. die „Kunst-, Kultur- und Kreativlandschaft und Festivalprojekte“, Kinder und Jugendliche sowie Frauen im Strukturwandel und Nachhaltigkeit im Strukturwandel investiert, statt den Fokus v.a. auf den Ausbau der Infrastruktur, den Ausbau bestehender und die Ansiedlung neuer Unternehmen zu setzen. Aufgrund der bisherigen wirtschaftlichen Struktur müssen v.a. Industrie- und gewerbliche Arbeitsplätze geschaffen werden, um den Menschen einen direkten und möglichst sofortigen Umstieg aus ihren bisherigen Tätigkeiten zu ermöglichen.

Zudem dürfen die vom Bund zu Verfügung gestellten Mittel nicht direkt zur Förderung von vorhandenen Unternehmen oder neuen Ansiedlungen genutzt werden, was seit Jahren den Wandel der wirtschaftlichen Strukturen sehr hemmt. Hierzu können lediglich die JTF-Mittel der EU verwendet werden, die jedoch erst seit etwas mehr als einem Jahr abrufbar sind.

Auch die zur Gewinnung von Fachkräften und innovativen Jungunternehmen oder Gründern grundsätzlich richtige Imagekampagne „Krasse Lausitz“ scheint bisher wenig bundes- und europaweite Wirksamkeit zu entfalten. Hier muss deutlich mehr passieren.

W+M-Wahlprüfstein 2

Wie kommt der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Brandenburg voran und welche Rolle spielen die Erneuerbaren Energien für die Wirtschaft in Brandenburg?

Aus unserer Sicht wirkt sich der Ausbau der „Erneuerbaren Energien“ gleich mehrfach negativ auf Brandenburg und unsere Standortbedingungen aus. Zuerst einmal ist er bzw. die daraus resultierende zunehmend alleinige Abhängigkeit von stark schwankenden weil wetterabhängigen Energiequellen eine wesentliche Ursache für die europaweit höchsten Strompreise und eine in den letzten Jahren massive Abnahme der Versorgungssicherheit. Statt dessen brauchen wir eine möglichst bereit diversifizierte Energieerzeugung über alle zur Verfügung stehenden Quellen und wenigstens ausreichend Reservekraftwerke zur Gewährleistung einer jederzeitigen Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen. Grundlastfähige Energiequellen gibt es nach dem Abschalten der Atomkraftwerke und dem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung gar nicht mehr. Das halten wir für einen energiepolitischen Kardinalfehler.

Neben diesen rein energiepolitischen Auswirkungen zerstören aber auch immer mehr Windkraftanlagen im Wald und jetzt sogar in Landschaftsschutzgebieten unsere Natur und belasten immer mehr Menschen wegen viel zu geringer Abstände zu Siedlungen. Flächenfotovoltaikanlagen überbauen immer mehr unserer wichtigen landwirtschaftlichen Flächen die für unsere möglichst stärker zu regionalisierende Lebensmittelversorgung benötigt werden.

W+M-Wahlprüfstein 3

Was sind Ihre Konzepte zur Behebung des Fachkräftemangels?

An erster Stelle müssen unserer Jugendlichen mit den beruflichen Perspektiven in Industrie, Gewerbe und Handwerk in unseren weiterführenden Schulen früher und systematisch vertraut gemacht werden. Dazu sollte zumindest ein regelmäßiges Angebot an unseren weiterführenden Schulen unterbreitet werden, ggf. auch in Zusammenarbeit mit IHKs und HWKs. Ergänzend förderfähige Berufseinstiegsbegleiter überall präsent sein, insbesondere auch um die Schulabbrecherzahlen zu reduzieren und einen schnellen und für beide Seiten passenden Übergang von der Schule in den Beruf sicher stellen zu können.

Da Auszubildende im Vergleich zu Studenten vielfach schlechter gestellt sind, setzen wir uns für angemessenes Azubi-Bafög sowie den Ausbau von Azubi-Wohneinheimen insbesondere in und an den Berufsschulen ein, weil die Anfahrtswege zu diesen zentralen Ausbildungsorten zum Teil sogar über Landesgrenzen hinweg gehen und damit ein Pendeln gerade für Jugendliche oftmals noch ohne Führerschein und Auto und ebenso oft mangelhaftem Ausbau des ÖPNVs sehr schwierig ist. Hier setzt auch unsere Forderung nach einem Führerscheinzuschuss für alle Auszubildenden auf dem Land an, da die heute dafür erforderlichen Mittel die eines Azubis i.d.R. weit übersteigen.

Darüber hinaus sollte mehr – auch finanzielle – Ausbildungsförderung insbesondere in Form der Unterstützung unserer 78Prozent Kleinstunternehmen in Brandenburg erfolgen, damit auch diese Unternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaftsstruktur bilden, leichter die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen können um selbst ausbilden zu können. Dazu würde auch unsere Forderung nach einer kostenfreien Ausbildereignungsprüfung beitragen.

Zusätzlich setzt hier auch die von uns geforderte deutliche Erhöhung der Meistergründungsprämie an, die frisch ausgebildeten Handwerksmeistern finanziell dabei hilft, einen eigenen Betrieb zu gründen und aufzubauen oder – mindestens genauso wichtig – im Rahmen von Nachfolgeregelungen bestehende Betriebe übernehmen und fort führen zu können.

W+M-Wahlprüfstein 4

Was sind Ihre Vorschläge für Bürokratieabbau im Land zum Nutzen der Wirtschaft?

Es bringt nichts mehr in Sonntagsreden über Bürokratieabbau zu reden, dann aber eine neue gesetzliche Regelung nach der anderen auf den Weg zu bringen und den Fördermitteldschungel immer weiter auszuweiten wie es die etablierten Parteien seit Jahren und Jahrzehnten betreiben. Wahrscheinlich ist ein wahrnehmbarer Bürokratieabbau nur noch durch einen Neuanfang möglich.

Also mindestens in Sonderwirtschaftszonen (ganz besonders anbieten würde sich hier die Lausitz im Strukturwandel) und in einem zweiten Schritt in ganz Brandenburg sollten alle bürokratischen Auflagen, die das Land macht, ausgesetzt werden, um heraus zu finden, welche minimalen Standards für ein funktionierendes Wirtschaftsleben und angemessenen Verbraucherschutz wirklich notwendig sind und was möglicherweise überflüssig ist.

Im Strukturwandel in der Lausitz wird gerne von „Reallaboren“ gesprochen. Ein solches Vorgehen würde diesem Begriff eine ganz neue Bedeutung geben und könnte zu einem wirtschaftlichen Entwicklungsimpuls für die Region werden sowie ihre überregionale Anziehungskraft für Unternehmen, Unternehmer und Gründer massiv steigern. Unsere polnischen Nachbarn haben damit gute Erfahrungen gemacht.

W+M-Wahlprüfstein 5

Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs und was sind Ihre Konzepte zur Verbesserung der Standortbedingungen?

Die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs ist entgegen den falschen Darstellungen der Landesregierung eher schlecht, da bspw. das angeblich im bundesweiten Vergleich hohe Wirtschaftswachstum nur mit dem „Teslaeffekt“ erreicht wurde. Ansonsten sind seit über zwei Jahren überall Betriebsschließungen in Form von Gewerbeabmeldungen oder Insolvenzen sowie in vielen Branchen und bei größeren Unternehmen auch Abwanderungen ins Ausland oder zumindest keine Neuinvestitionen mehr in Brandenburg festzustellen. Grund hierfür sind nach verschiedenen Befragungen unserer Unternehmen die mindestens europaweit und politisch bedingten höchsten Strompreise, der seit Jahren immer weiter zunehmende Fachkräftemangel und die überbordende immer weiter anwachsende Bürokratie. Darauf zielen ja auch ihre Fragen 2, 3 und 4 ab, so dass mit den dortigen Antworten im wesentlichen Ansätze für Problemlösungen und damit zur Verbesserung der Standortbedingungen in Brandenburg skizziert wurden.

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