„Wir wollen das Produkt Bürgschaft noch bekannter machen“
Silke Baron und Ilka Walter sind die neuen Geschäftsführerinnen der Bürgschaftsbank Brandenburg. Im Interview mit Wirtschaft+ Markt sprechen sie über die Stärken der Bürgschaftsbank, die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung und die Nachfolgeproblematik im brandenburgischen Mittelstand.
W+M: Frau Baron, Frau Walter, Sie haben beide langjährige berufliche Erfahrungen im Sparkassensektor gesammelt, bevor sie in die Geschäftsleitung der Bürgschaftsbank gewechselt sind. Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe als Geschäftsführerinnen der Bürgschaftsbank Brandenburg?
Silke Baron: Ich habe bei der Berliner Sparkasse im mittelständischen Firmenkundengeschäft gearbeitet, dort beispielsweise das Gründungsgeschäft und die Finanzierung von Unternehmensnachfolgen mit verantwortet. An der neuen Aufgabe reizt mich, gemeinsam mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sowie über Netzwerke und gemeinschaftliche Arbeit die Entwicklung der Bürgschaftsbank Brandenburg gestalten zu können und die Gesamtverantwortung für eine Bank zu übernehmen.
Ilka Walter: Ich komme aus dem Firmenkundengeschäft der Mittelbrandenburgischen Sparkasse und hatte zuvor bereits durch meine Tätigkeit im Bürgschaftsausschuss einen direkten Bezug zur Arbeit der Bürgschaftsbank. Daraus ist dann auch die Idee entstanden, zur Bürgschaftsbank zu wechseln. Mich hat ebenfalls die Herausforderung, die Gesamtverantwortung für eine Bank zu übernehmen, gereizt.
W+M: Sie treten die Geschäftsführung der Bürgschaftsbank in einer wirtschaftlich herausfordernden Zeit an. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der brandenburgischen Wirtschaft? Droht Brandenburg eine Insolvenzwelle?
Ilka Walter: Erste Zahlen aus unserem Bürgschaftsgeschäft deuten darauf hin, dass wir gut ins neue Jahr gestartet sind. Bei den Insolvenzen hatten wir zwar zuletzt einen dynamischen Anstieg, dieser war aber der Tatsache geschuldet, dass während der Corona-Pandemie sich abzeichnende Insolvenzen herausgezögert werden konnten. Jetzt normalisiert sich das Insolvenzgeschehen wieder. Es gab eine Insolvenz-Welle, aber nicht den vielfach befürchteten Tsunami.
Silke Baron: Brandenburg hat sich zuletzt wirtschaftlich besser entwickelt als der Rest der Bundesrepublik, wobei natürlich der besondere Wachstumseffekt durch das Tesla-Werk in Grünheide zu berücksichtigen ist. Betriebswirtschaftlich nehmen wir wahr, dass das Thema Unternehmensnachfolge für den Mittelstand in den kommenden Monaten von großer Bedeutung sein wird. Hier sind wir als Bürgschaftsbank als zusätzlicher Begleiter gefragt, um die Nachfolgeprozesse abzusichern.
W+M: Was müsste sich aus Ihrer Sicht an den Rahmenbedingungen ändern, um die Investitionstätigkeit der Brandenburger Unternehmen noch stärker zu fördern?
Silke Baron: Viele Unternehmen wünschen sich eine größere Verlässlichkeit bei politischen Entscheidungen insbesondere seitens der Bundesregierung. Da spürt man schon eine gewisse Zurückhaltung bei den nötigen Transformationsfinanzierungen, weil sich Unternehmer nicht sicher sind, was politisch gewollt ist und ob Förderprogramme nicht plötzlich quasi über Nacht gestoppt werden. Aus meiner Sicht wäre auch eine stärkere Förderung von Gründungsvorhaben hilfreich. Im Handwerk wird eine Meistergründungsprämie gezahlt, etwas Vergleichbares im IHK-Bereich fehlt. Und nicht zuletzt müssten einige Regionen Brandenburgs noch besser an die Infrastruktur angebunden werden, das ist ein wichtiger Faktor für weitere Ansiedlungen.
Ilka Walter: Ein großes Thema für den Mittelstand bleibt der Bürokratieabbau. Das bekommen wir in Gesprächen mit Unternehmern immer wieder gespiegelt. Der bürokratische Aufwand nimmt stattdessen weiter zu, die Betriebe brauchen zusätzliche Mitarbeiter für die Dokumentation, aber davon wird kein Unternehmen produktiver.
W+M: Besitzt der brandenburgische Mittelstand aus Ihrer Sicht denn genug Kraft für weiteres Wachstum oder ist er durch ungelöste Nachfolgefragen eher gefährdet?
Silke Baron: In Brandenburg gibt es durch die Gründergeneration nach 1990 einen guten und starken Unternehmergeist. Den auch für künftige Generationen zu bewahren, wird eine Herausforderung. Aus meiner Sicht ist der Unternehmerberuf aber nach wie vor attraktiv, das muss der jungen Generation nur noch besser vermittelt werden. Was wir im Augenblick beobachten, ist, dass viele Unternehmen Zukäufe tätigen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das geschieht etwa in der Gebäudereinigerbranche, bei Entsorgungsunternehmen oder in der Elektrotechnik. Wenn es sich um nachhaltige Projekte zum Unternehmenswachstum handelt, begleiten wir diese als Bürgschaftsbank natürlich.
W+M: Gemessen am Bürgschaftsvolumen belegt die Bürgschaftsbank Brandenburg den sechsten Rang im Vergleich aller Bürgschaftsbanken in Deutschland. Was macht die besondere Stärke Ihres Instituts aus?
Silke Baron: Eine besondere Stärke liegt sicherlich in unserer Effizienz. Wir sind ein kleines Institut mit einer angepassten Beschäftigtenzahl und konzentrieren uns auf unsere Kernaufgaben. Eine weitere Stärke ist unser Umgang mit Kunden, Banken und Beratern und die Art und Weise, wie wir Netzwerke pflegen.
Ilka Walter: Schaut man auf die Zahl der vergebenen Bürgschaften und auf das Volumen der verbürgten Kredite, sind wir die stärkste Bürgschaftsbank in Ostdeutschland. Anders als andere Bürgschaftsbanken hatten wir zuletzt auch einen Zuwachs beim Bürgschaftsgeschäft von fast 14 Prozent. Wir haben zum zweiten Mal in Folge ein Kreditvolumen von rund 100 Millionen Euro verbürgt.
W+M: Wer hat von den Bürgschaften profitiert?
Ilka Walter: Jede dritte Bürgschaft wurde zur Begleitung einer Unternehmensnachfolge eingesetzt. Wir haben praktisch zwei Nachfolgefinanzierungen pro Woche durchgeführt. Auf Branchen bezogen wurden unsere Bürgschaften vor allem für Finanzierungen im Handwerk mit 28 Prozent, in der Industrie (21 Prozent) und in der Dienstleistungsbranche mit rund 17 Prozent genutzt.
W+M: Abschließend die Frage: Welche Ziele haben Sie sich für Ihre neue Aufgabe gesetzt?
Silke Baron: Wir wollen die Bürgschaftsbank und die Produkte Bürgschaft und Beteiligungskapital mit seinen Möglichkeiten in der Öffentlichkeit noch bekannter machen, unter anderem durch eine stärkere Nutzung der sozialen Medien und durch einen Slogan für die Bürgschaftsbank mit hohem Wiedererkennungswert. Darüber hinaus wollen wir unser Netzwerk weiter stärken und den Austausch mit Beratern, Banken und Kammern intensivieren. Die Bürgschaftsbank Brandenburg verfügt über ein großartiges Fundament mit einem großartigen Mitarbeiterstamm, darauf werden wir in unserer Arbeit aufbauen.
Interview: Frank Nehring/Matthias Salm