IWH-Insolvenztrend: Weiterhin viele Firmenpleiten – Corona-Hilfen für schwache Unternehmen sind ein Grund
Halle/Saale. Nach dem Rekordwert im Dezember bleibt die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im Januar auf unverändert hohem Niveau, zeigt die aktuelle Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Erklären lässt sich die heutige Lage auch mit den Staatshilfen während der Corona-Pandemie.
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Januar bei 1 077. Das sind ungefähr so viele wie im Vormonat. Allerdings liegt der Wert fast 40 Prozent höher als im Januar 2023 und knapp 20 Prozent über dem Januar-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10 Prozent der Unternehmen, deren Insolvenz im Januar gemeldet wurde, ca. 14 000 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten in den größten 10 Prozent der Unternehmen liegt damit etwa die Hälfte über dem Niveau des Vormonats und mehr als doppelt so hoch wie in einem durchschnittlichen Januar der Vorkrisenjahre 2016-2019. Die hohen Werte im Januar gehen zurück auf Pleiten größerer Mittelständler aus Industrie und Handel.
Die dem Insolvenzgeschehen vorlaufenden IWH-Frühindikatoren erreichten im Januar den dritten Monat in Folge einen neuen Höchststand und übertreffen die hohen Dezemberwerte nochmals um 10 Prozent. Das IWH erfasst Frühindikatoren seit Januar 2020. „Das Insolvenzgeschehen bleibt dynamisch und wird sich auch in den nächsten Monaten nur in Richtung weiter steigender Zahlen entwickeln“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung. Neben den aktuell schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingen dürfte dabei auch eine Rolle spielen, dass die Corona-Hilfen häufiger an Unternehmen gezahlt wurden, die schon vor der Krise unproduktiv waren. Das hatte zu sehr niedrigen Insolvenzzahlen während der Pandemie beigetragen. Diese Hilfen müssen jedoch nun in einem anhaltend schwierigen Umfeld zurückgezahlt werden. „Es verwundert nicht, dass das viele schwächere Unternehmen überfordert“, sagt Müller. „Die hohen Insolvenzzahlen heute sind zum Teil ein Nachholeffekt der Staatshilfen während der Corona-Pandemie.“
IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik
Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.
Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90 Prozent der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab. Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet. Die Zahl der Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.
Die Pressemitteilung mit Abbildungen finden Sie in dieser PDF.
Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.
Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.