Wirtschaft und Markt

Unternehmensübergabe: Die 10 häufigsten Stolpersteine

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Unternehmensnachfolgen sind existenzielle Themen für Familienunternehmen. Kann ein Unternehmer aus Alters- oder anderen Gründen sein Unternehmen nicht mehr fortführen, braucht es einen Nachfolger, sonst folgt unweigerlich das Aus. Gerade in Ostdeutschland, wo sich viele Unternehmen nach der Wende gründeten, weil die ehemaligen Betriebe abgewickelt oder über die Treuhand zum Verkauf angeboten wurden, ist seit einigen Jahren die Gründergeneration in einem Alter angekommen, wo es höchste Eisenbahn wird, die Verantwortung zu übertragen, um dem Unternehmen auch künftig eine Perspektive zu bieten. Was bei Unternehmensnachfolgen im Allgemeinen zu beachten ist, ist hinreichend bekannt, doch in der Praxis gibt es viele Tücken. Ein Beitrag von Dr. Joachim Feske.

1. Der richtige Zeitpunkt
„Ich kümmere mich um das Thema, wenn es so weit ist und ich Zeit dafür habe“

Der richtige Zeitpunkt für die Übergabe ist gekommen, wenn der Unternehmer in den Ruhestand gehen will, gesundheitsbedingt sich außerstande sieht, das Unternehmen fortzuführen. Solange dieser Veränderungsdruck nicht besteht, kümmern sich viele nicht um das Thema, denn es spielt im allgemeinen Alltagsstress keine herausragende Rolle und lässt sich somit hervorragend ausblenden. Und das ist ein Fehler.

Die Erfahrungen besagen, dass Unternehmensnachfolgen schon zehn Jahre vorher konkret geplant werden müssen, da ansonsten wertsteigernde und Steuern sparende Gestaltungsmöglichkeiten nicht oder nicht vollumfänglich realisiert werden können.

So benötigt beispielsweise die Herstellung eines Holdingmodells acht Jahre wegen der siebenjährigen Behaltefristen im Umwandlungssteuergesetz und ein weiteres Vorlaufjahr zur konkreten vorbereitenden Umsetzung. Auch steuerbegünstigte Schenkungen an Familienangehörigen sollten gut und langfristig geplant sein, damit sie später mit (eigenem) Eigenkapital in die Nachfolge einsteigen können. Solche Fristen braucht es auch für Immobilienschenkungen.

2. Erfolgreiche Verhandlungen
„Ich bin gespannt, was bei ersten Verhandlungen herauskommt“

Unvorbereitete Verkäufer sind leichte Beute. Besser ist es in jedem Fall, sich gut vorzubereiten und Klarheit über eigene Ziele zu haben.

+ Will ich sofort, komplett oder stufenweise aussteigen?
+ Bin ich auf den Verkaufserlös für mein Unternehmen angewiesen?
+ Wie ist meine weitere Lebensplanung, wie die der relevanten Familienmitglieder?
+ Wie alt bin ich, wie alt sind meine Familienmitglieder?
+ Soll mein Unternehmen fortbestehen?
+ Wie ist es um meine Ressourcen (Mitarbeitende, Patente, Lizenzen, Modernität der Produktionsmittel, Beschaffungsquellen, Absatzmärkte, Nachhaltigkeit, Personal, Geldmittel, rechtliche Rahmen) bestellt?

3. Wie steht es um mein Unternehmen?
„Ich kann mein Unternehmen aus dem Hut präsentieren“

Auch wenn Sie schon oft und erfolgreich Ihr Unternehmen präsentieren mussten, die Erstellung eines professionellen Lagebildes für einen interessierten Käufer ist ein anderes Kaliber. Ohne genaue Lagebeurteilung des Unternehmens, also die genaue Beschreibung der Ausgangssituation wird die Unternehmensnachfolge zum Blindflug, zur Nachtwanderung im Gebirge. Das Lagebild des Unternehmens ist auch deswegen unverzichtbar, weil sich hier entscheidet, ob das derzeitige Unternehmen verkaufs- bzw. übertragungsfähig ist und was bis wann noch verändert werden kann und muss.

4. Der Weg zum Ziel
„Man kann den Verlauf sowieso nicht richtig planen, also cool bleiben und Augen auf“

Jede Zukunft ist mit einer gewissen Unsicherheit und Ungewissheit behaftet. Einfach nur cool bleiben und „rankommen lassen“ ist zu riskant. Gut beraten sind diejenigen, die Alternativpläne entwickeln, um auf verschiedene zukünftige Situationen vorbereitet reagieren zu können.  Da wollen Kinder plötzlich doch keine Nachfolger mehr werden, es gibt Streit in der Familie, Finanzierungssituation ist komplizierter als gedacht oder es gibt vorzeitigen Handlungsbedarf durch unerwartete veränderte Rahmenbedingungen (Ukraine, Corona, Energieversorgung, weltpolitische Lage, Klima).

5. Das Unternehmen fit für die Nachfolge machen
„Mein Unternehmen ist wie es ist und damit interessant für Nachfolger“

Wer sich für die Nachfolge qualifizieren will, soll sich ein Bild von dem machen, was er da erwerben will. So denken viele Unternehmer. Berater empfehlen hingegen einen Kraftakt, der auch deshalb so unbeliebt ist, weil er entweder Standard in der Betriebsführung ist oder es noch nie war.
Was Berater empfehlen:
+ Erarbeitung eines detaillierten Unternehmensprofils und Abgleich mit der Realität
+ Erarbeitung einer Stärken-/Schwächenanalyse, Stärken herausarbeiten, Schwächen abbauen
+ Optimierung der Organisationsstruktur und von Prozessabläufen
+ Simulation von Vorstellungsgesprächen mit potenziellen Nachfolgern und dessen Beratern

6. Stakeholder einbeziehen
Die Familie ist eh immer einverstanden“

Stakeholder sind alle die, die ein berechtigtes Interesse am Verlauf und Ergebnis der Firmenübergabe haben. Dabei wird oft übersehen, dass die eigene Familie ein Stakeholder erster Ordnung ist, egal, ob die Übergabe familienintern oder -extern geregelt werden soll. Prüfen Sie deshalb frühzeitig, wie die einzelnen Familienmitglieder zum Thema stehen, welche Begehrlichkeiten und Erwartungen es gibt. Achtung: Hier wird es schnell emotional.

Aber der Kreis der Stakeholder geht weit über die Familien hinaus.
Interne Stakeholder: Mitarbeiter/Manager/Eigentümer
Externe Stakeholder: Lieferanten/Gläubiger/Kunden/Staat/Gesellschaft

7. Realistische Unternehmensbewertung
„Ich weiß genau, was mir mein Unternehmen wert ist“

Den Wert eines Unternehmens „an sich“ gibt es nicht. Dadurch, dass mittelständische Unternehmen auch nicht an der Börse gehandelt werden, kann man daraus auch keinen Wert ableiten. Hinzukommt, dass die Wertbetrachtungen oftmals subjektiv sind und klar ist, dass der Verkäufer den Maximal- und der Käufer den Minimalpreis wünscht. Und nicht nur das. Der Verkäufer bewertet oft sein Lebenswerk, der Käufer den Zukunftswert. Da helfen oft nicht einmal die konkreten KPIs (Key-Performance-Indicator). KPI bzw. Leistungskennzahl bezeichnet in der Betriebswirtschaftslehre Kennzahlen, die den Fortschritt wichtiger Zielsetzungen von Unternehmen hinsichtlich Erfolg und Leistung abbilden.

8. Käufer identifizieren und anwerben
„Wer nicht übernehmen will, hat schon.“

Arroganz ist bei diesem Thema absolut fehl am Platz, denn der Letzte macht das Licht aus. Unternehmer, die eigentlich nichts dem Zufall überlassen, werden hier oft leichtsinnig und trotzig. Sie brauchen ein klares Profil für Ihren Nachfolger, so detailliert wie möglich. Und Sie müssen gezielt danach Ausschau halten, aus welchem Bereich ein Nachfolger mit diesem Profil stammen könnte.
Die Ansprache von geeigneten Kandidaten lassen Sie am besten anonymisiert über Dritte laufen.

9. Käuferfinanzierung ermöglichen
„Geld sollte der Käufer schon selbst haben oder es beschaffen können“

Sicher gibt es Investoren, für die Geld keine Rolle spielt. Aber in der Regel werden Sie keinen solchen Investor finden. Also kommen Sie Ihrem Nachfolger entgegen.
Die erste Adresse sollte Ihre Hausbank sein. Sie kennt das Unternehmen und will es sicher als Kunden behalten. Allerdings gilt generell, dass die Ertragsfähigkeit des Unternehmens es auch erlauben muss, dem Nachfolger seine finanziellen Vorstellungen zu erfüllen und seinen zusätzlichen Kapitaldienst für die Refinanzierung oder Tilgung und Verzinsung eines Verkäuferdarlehens zu leisten.

10. Alternativen in der Schublade haben
„Einen Plan B gibt es nicht. Ich mache einfach weiter oder irgendwann zu.“

Viele machen lieber weiter, laufen aber damit Gefahr, ihr Lebenswerk zu beschädigen. Die Führung eines Unternehmens bis ins hohe Alter ist gefährlich für die persönliche Gesundheit, die Familie, aber auch für das Unternehmen.

Einfach das Unternehmen zu schließen, ist die unkreativste Art der Reaktion und ist auch nicht ohne, da hier nicht nur ein möglicher Kaufpreis entgeht, sondern auch noch diverse Kosten (z.B. Sozialplan, Renovierung, Rückbau, Kosten der Liquidation, Steuern für Betriebsaufgabe) anstehen. Ein Plan B kann sich also durchaus lohnen.

Der Autor: Dr. Joachim Feske

Dr. Joachim Feske begleitet Unternehmensübergaben seit vielen Jahr sowohl für Verkäufer als auch für Käufer. Er ist einer der führenden zertifizierten Fachberater für Unternehmensnachfolge in Berlin und  Brandenburg.

 

 

 

 

 

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