Wirtschaft und Markt

Ostdeutscher Maschinen- und Anlagenbau: Hohes Auftragspolster bei Bestellrückgang

Maschinenbau. Foto: AdobeStocvk

Leipzig, 26.04.2023. Der ostdeutsche Maschinen- und Anlagenbau ist passabel in das Jahr 2023 gestartet. Im ersten Quartal bewerteten 78 Prozent der Unternehmen ihre wirtschaftliche Gesamtsituation positiv. Maßgeblich dazu beigetragen haben die konstant hohe Kapazitätsauslastung von rund 88 Prozent sowie das Auftragspolster von durchschnittlich sieben Monaten. Allerdings gibt es auch Anzeichen für eine Konjunkturabkühlung: So verzeichneten deutlich mehr Betriebe als zuletzt einen rückläufigen Auftragsbestand. Die Stimmung ist dennoch zuversichtlich. Vier von fünf Unternehmen erwarten für das Gesamtjahr 2023 eine sehr gute oder gute Entwicklung der eigenen Geschäftslage. Das ergab eine Umfrage des VDMA Ost unter den 350 Mitgliedern in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

„Wir beobachten derzeit zwei gegenläufige Trends. Die anhaltenden Lieferschwierigkeiten für Elektronikkomponenten führen zu einem Auftragsstau. Damit wächst das Auftragspolster. Zugleich halten sich die Kunden derzeit mit Neubestellungen zurück. Gründe für die sinkende Nachfrage sind die politischen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten, aber auch die starken Kostensteigerungen“, sagt Oliver Köhn, Geschäftsführer des VDMA Ost.

Hohes Auftragspolster: Schein trügt

Im ersten Quartal 2023 stufte die Mehrzahl der ostdeutschen Maschinenbauer ihre wirtschaftliche Situation als „gut“ ein (61 Prozent). Weitere 17 Prozent beurteilten diese als „sehr gut“. Dagegen bewertete etwa jede fünfte Firma die eigene Lage als „eher schlecht“ (22 Prozent).Die Kapazitätsauslastung lag auf dem Niveau des Vorquartals. Ihre vorhandenen Kapazitäten schöpften die Unternehmen zu durchschnittlich 87,5 Prozent aus. Die Aufträge reichen derzeit im Branchenschnitt für rund sieben Produktionsmonate bis Anfang November 2023. „Für solch einen langen Zeitraum konnte die ostdeutsche Maschinenbauindustrie noch nie planen. Bei der Bewertung müssen jedoch zwei Besonderheiten berücksichtigt werden. Zum einen verzögert sich die Auftragsbearbeitung aufgrund von Beschaffungs- und Personalproblemen. Zum anderen ist das Bild innerhalb der Branche sehr heterogen. Das Auftragspolster beträgt zwischen 1 Monat und 2,5 Jahren. Ungewöhnlich viele Firmen blicken dabei auf einen überdurchschnittlich hohen Auftragsbestand“, erläutert Köhn.

Starke Unterschiede zeigen sich auch in der Entwicklung des Auftragsbestandes. Jeweils rund ein Drittel der Unternehmen verzeichnete im ersten Quartal im Vergleich zum Jahresende 2022 ein Auftragsplus, gleich viele oder weniger neue Aufträge.

Kurz- und mittelfristige Geschäftserwartungen sind gut

„Wie die kommenden Monate verlaufen werden, lässt sich derzeit nur schwer vorhersagen. Vor allem unkalkulierbare bundespolitische Entscheidungen, globale Einflüsse und die Inflation bereiten der Branche Sorgen. So lassen sich die erhöhten Kosten nicht ohne Weiteres an die Kunden weiterreichen. Außerdem sind deutsche Unternehmen deutlich stärker von den Kostensteigerungen betroffen als Wettbewerber aus anderen Ländern“, mahnt Köhn.

Dennoch bestimmt Optimismus die Branche. Der Umfrage zufolge erwarten 72 Prozent der Maschinen- und Anlagenbauer gleichbleibende Geschäftschancen im zweiten Quartal 2023 – ein Großteil dieser Unternehmen blickt derzeit auf eine gute wirtschaftliche Situation. Zusätzlich rechnen 17 Prozent der Betriebe mit besseren Geschäften, 11 Prozent mit schlechteren.

Die meisten Firmen stehen auch dem Gesamtjahr 2023 positiv gegenüber. Dreiviertel der Unternehmen beurteilen ihre Geschäftsaussichten für das 2023 „gut“, weitere 4 Prozent „sehr gut“. Skepsis schwingt dagegen bei 21 Prozent der Betriebe mit: Sie befürchten, dass sich die Geschäftslage im laufenden Jahr „eher schlecht“ entwickelt.

Fachkräftelücke bleibt dominantes Thema

Schwungvoll bleiben die Personalplanungen der Maschinenbauer. In den kommenden sechs Monaten bis September 2023 wollen 51 Prozent der Unternehmen die aktuelle Mitarbeiterzahl beibehalten sowie 36 Prozent der Betriebe neue Beschäftigte einstellen. Ein Dauerthema bleibt indes, geeignete Facharbeiter und Ingenieure zu finden. Der Umfrage zufolge hatten 82 Prozent der Firmen Probleme, offene Stellen zu besetzen. Am stärksten betroffen waren in der Momentaufnahme Arbeitsplätze in der Produktion, in der Konstruktion und im Service.

 

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