Mittwoch, Dezember 11, 2024

Digitale Zwillinge werden die Zukunft im Maschinenbau bestimmen

Im ostdeutschen Maschinenbau läuft es trotz Energiekrise und Ukraine-Krieg gut: Die Kapazitätsauslastung und das Auftragspolster blieben im Vergleich zur Jahresmitte 2022 konstant. Die vorhandenen Produktionskapazitäten in Ostdeutschland werden zu durchschnittlich 88,1 Prozent ausgeschöpft. Allerdings, so der Verband Maschinen- und Anlagenbau, schlagen die hohen Energiekosten erst jetzt durch und könnten das Bild verändern. Doch auch die Zahl der Beschäftigten bleibt konstant und ein Drittel der Unternehmen wollen neue Kräfte einstellen: Vor allem, um die Digitalisierung voranzutreiben.

Bei der Digitalisierung steht der „digitale Zwilling“ bei immer mehr Maschinenbauern auf der To-Do-Liste, so das Berliner Institut für Innovation und Technik: „Ein immer wichtiger werdendes Element der digitalen Transformation ist der digitale Zwilling als softwarebasiertes, virtuelles Abbild des Produkts. Ein solcher digitaler Zwilling kann die Basis bilden für eine kürzere Produkteinführungszeit, für eine virtuelle Inbetriebnahme und damit eine verkürzte reale Inbetriebnahme von Anlagen, für vorausschauende Wartung und höhere Verfügbarkeit, für minimierte Rüstprozesse und höhere Maschinenlaufzeiten, für größere Transparenz im Produktionsprozess und Vermeidung von Verschwendung (im Sinne von Lean Management) sowie für digitale Services und neue Geschäftsmodelle“. Während über viele Jahrzehnte das Bild der Maschinenbauer von Öl, Lärm und großen Schraubenschlüsseln geprägt war, werden es in Zukunft immer öfter von einem Computer aus gesteuerte lautlose Prozesse sein.

Ein digitaler Zwilling sollte schrittweise heranwachsen

Gert Bart kommt selbst aus dem Maschinenbau und führt seit einem Jahr mit seinem Unternehmen Transaction-Network solche digitalen Zwillinge bei Kunden ein. Eine Herausforderung, aber keine unlösbare: „Es ist essenziell, dass Unternehmen die Ausprägungsformen des digitalen Zwillings verstehen, um eine schrittweise Einführung und somit die Grundlage aller weiteren Aktivitäten in der Digitalisierung schaffen zu können“.

Dass die Maschinenbaubranche in Sachen Industrie 4.0 nicht zurückbleiben darf, macht die Größe dieses Industriezweiges deutlich: Mit ihren weit mehr als einer Million Beschäftigten in 6400 Unternehmen ist die Branche einer der industriellen Säulen Deutschlands. Die Maschinen- und Anlagenbauer stellen eine wichtige Grundlage für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Industrie dar. Der Umsatz im deutschen Maschinenbau betrug im Jahr 2021 rund 221 Milliarden Euro. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch vor 30 Jahren. Laut einer Prognose von Statista, Statistischem Bundesamt, Eurostat und OECD werden im Jahr 2025 rund 290 Milliarden Euro im Maschinenbau erwirtschaftet.

Maschinenbau 4.0 : Von Stahl und Eisen zu Software und Datenanalyse

Transaction-Network hat sich auf die Entwicklung seines „digitalen Maschinenzwillings“ in drei Ausbaustufen spezialisiert. In der ersten Phase geht es um die digitale Dokumentation der Maschine, in der zweiten um Informationen zu Ersatz- und Verschleißteilen, Tests und Werkzeugen. In der dritten Phase werden alle Handbücher und Wartungsinformationen integriert. Gründer Bart ist überzeugt, dass der „digitale Zwilling“ die Schlüsseltechnologie für die industrielle Digitalisierung ist und große Potenziale für digitale und datenbasierte Services bietet. Neue Umfragen der Branchenverbände zeigen, dass auch in den Werkshallen der Anlagen- und Maschinenbauer umgedacht wird: Die Aufgabe, sich der digitalen Transformation zu stellen, ordnen fast alle befragten Unternehmen  in einem Spektrum von „wichtig“ über „unumgänglich“ bis „alternativlos“ ein. In puncto Wettbewerbsfähigkeit werde es zu einer „Verschiebung von Kompetenzen bei Stahl und Eisen zu Kompetenzen bei Software und Datenanalyse“ kommen. Entsprechend müssten digitale Lösungen verstärkt am Markt gesucht und digitale Plattformen im Maschinenbau genutzt werden.

Der digitale Zwilling macht Vorgänge optisch erlebbar

Der Asset-Twin, auch als Informations-Zwilling bezeichnet, ist die grundlegende und einfachste Form eines digitalen Zwillings. Es handelt sich dabei um die digitale Abbildung einer Maschine, wie sie produziert wurde und beinhaltet die reinen Stammdaten. Durch die Zusammenführung dieser Daten können Unternehmen bereits viele Anwendungen realisieren. Eines der bekanntesten Beispiele ist das digitale Typenschild, durch welches mobile Endgeräte über einen QR-Code Zugriff auf alle im Asset-Management-System gespeicherten Informationen erlangen können. Dies ermöglicht sofortigen Zugriff auf aktuelle Daten und ermöglicht Zeit- und Prozessvorteile sowie eine Reduzierung des Papierverbrauchs. Weil die meisten Menschen optische Typen sind, wird nahezu jeder digitale Zwilling auf digitalen Endgeräten visualisiert. Dies erleichtert Usern beispielsweise die Vorstellung von simulierten Prozessen und Problemlösungen. Der digitale Zwilling kann hierbei aus beliebigen Perspektiven betrachtet und analysiert werden.

Wie beim Menschen: Der Maschinenbau-Zwilling lernt am besten schrittweise

Wird der Digital Twin zudem in das Gesamtsystem eingebettet, entsteht eine bessere Übersicht über schnittstellenübergreifende Zusammenhänge. Die Vorteile der intelligenten Fabrik liegen auf der Hand. Dennoch sind die oben skizzierten Technologien für viele Unternehmen noch Zukunftsmusik. Um erfolgreich an der vierten industriellen Revolution teilzunehmen und den Anschluss an die Mitbewerber nicht zu verlieren, ist es jedoch notwendig, einen schnellen Einstieg in die Digitalisierung der Prozesse zu finden. Laut Gert Bart von Transaction-Network empfiehlt sich eine schrittweise Einführung des Digitalen Zwillings entlang seiner Ausprägungsformen, um die Komplexität herunterzubrechen. Schließlich lernt ein menschlicher Zwilling auch schrittweise.

 

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