Mittwoch, April 24, 2024

IHK Potsdam: Energiekrise gefährdet regionale Wirtschaft flächendeckend

Potsdam, 25. Oktober 2022 – „Die Energiekrise mit all ihren Unwägbarkeiten macht den Unternehmen in Westbrandenburg im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Entwicklung größte Sorgen. Das zeigen die Rückmeldungen von mehr als 400 Unternehmen im Kammerbezirk Potsdam.“ Das sagt Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Potsdam, heute zur Veröffentlichung der Ergebnisse aus der Herbst-Konjunkturumfrage im IHK-Bezirk Potsdam mit den Landkreisen Havelland, Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Potsdam-Mittelmark, Prignitz, Teltow-Fläming sowie der Landeshauptstadt Potsdam und der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel. Der IHK-Geschäftsklimaindex* setzt den Abwärtstrend aus dem Frühjahr (91,8) fort und liegt nun bei 69,6 Punkten.Tobias führt weiter aus: „Es gibt aber auch Unterschiede: Einige Unternehmen verfügen noch über einen soliden Auftragsbestand und hatten langfristige Strom- und Gasverträge abgeschlossen. Andere wiederum schmerzen die gestiegenen Energiekosten bereits deutlich und haben zudem mit einem spürbaren Rückgang der Konsumbereitschaft, mit Lieferschwierigkeiten sowie Personalmangel zu kämpfen. Das sehen wir auch innerhalb der verschiedenen Branchen.“ Insgesamt, so Tobias, beurteile rund die Hälfte der Unternehmen die aktuelle Lage als befriedigend. Im Vergleich zur vorherigen Befragung aus dem Frühjahr stellt dies eine deutliche Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Situation dar. Tobias betont: „Daher ist es außerordentlich wichtig, dass die angekündigten finanziellen Entlastungen zügig und unkompliziert umgesetzt werden, sodass zeitnah wieder Planungssicherheit für die Unternehmen besteht.“

Geschäftserwartungen überwiegend pessimistisch

Bei der Frage nach den Geschäftsaussichten der Unternehmen ist die Aussage eindeutig: In allen Branchen geht eine klare Mehrheit von einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation aus. Schon im Frühjahr hatten die pessimistischen gegenüber den optimistischen Einschätzungen überwogen. Ein so klares Stimmungsbild wie jetzt gab es in der jüngeren Vergangenheit aber nur zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020. Als Hauptgrund werden von den befragten Unternehmen die steigenden Kosten angeführt. Neben den hohen Energiepreisen spielen hier auch Rohstoff- und Arbeitskosten eine wichtige Rolle. Zudem befürchten viele Unternehmen wegen der unsicheren Lage einen weiteren Rückgang der Auftragseingänge bzw. der Konsumbereitschaft. Schon jetzt sei zu beobachten, dass viele Menschen ihr Geld beisammenhalten. Des Weiteren werden Forderungsausfälle befürchtet, und auch der Arbeits- und Fachkräftemangel bereitet vielen Unternehmen nach wie vor große Zukunftssorgen.

Energie- und Rohstoffpreise bleiben größtes Geschäftsrisiko

Wie bereits im Frühjahr werden die Energie- und Rohstoffpreise von vielen Unternehmen als ein bedeutendes Risiko für die Geschäftstätigkeit eingeschätzt. In der Dienstleistungsbranche machen etwa 80 Prozent der Unternehmen diese Angabe, im Handel sind es circa 90 Prozent und in den Branchen Baugewerbe, Industrie und Gastgewerbe bis auf einzelne Ausnahmen jedes Unternehmen. Der Fachkräftemangel bleibt in allen Branchen weiterhin bedeutsam: Rund zwei von drei Unternehmen sehen hier eine Gefahr bei der wirtschaftlichen Entwicklung. Ungefähr jedes zweite Unternehmen benennt zudem die Arbeitskosten, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sowie den Inlandsabsatz als Geschäftsrisiko.

Reaktionen auf Preissteigerungen unterscheiden sich zwischen Branchen

Über alle Branchen hinweg gibt nur etwa jedes zehnte Unternehmen an, nicht oder nur in einem geringen Umfang von steigenden Kosten bei Strom, Gas und Kraftstoffen betroffen zu sein. Rund zwei Drittel der Unternehmen geben die steigenden Preise zu großen Teilen an die Kundschaft weiter. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Branchen: Bei den Dienstleistern sind es nur die Hälfte der Unternehmen, im Gastgewerbe 80 Prozent und im Baugewerbe sogar 90 Prozent. In der Industrie investieren rund 50 Prozent der Unternehmen in Energieeffizienzmaßnahmen und etwa jedes vierte Unternehmen wechselt auf andere Energieträger. In den anderen Branchen tut dies jeweils nur ein weitaus geringerer Teil.

Eine Reduzierung der Produktion bzw. der Angebote erfolgt bei mehr als einem Drittel im Gastgewerbe. Über alle Branchen sind es circa ein Sechstel.

Über alle Qualifikationsniveaus können offene Stellen nicht besetzt werden

Im Vergleich zu den vergangenen Jahren hat sich der Anteil an Unternehmen, die offene Stellen länger als zwei Monate nicht besetzen können, nochmals erhöht. Rund 55 Prozent berichten von dieser Schwierigkeit, nur etwa zehn Prozent haben keine Probleme bei der Besetzung von offenen Stellen. Die restlichen Unternehmen geben an, derzeit keinen Personalbedarf zu haben. Gesucht werden Arbeits- und Fachkräfte aller Qualifikationsniveaus. Bei den Dienstleistern und in der Industrie überwiegt der Mangel an passenden Fachkräften mit einer dualen Berufsausbildung oder einem (Fach-)Hochschulabschluss. Im Handel, dem Gastgewerbe und dem Baugewerbe werden für die unbesetzten offenen Stellen eher Schulabgänger bzw. Auszubildende, Personen ohne Berufsabschluss und ebenfalls Arbeitnehmer mit einer dualen Berufsausbildung gesucht.

Die Besetzungsprobleme spiegeln sich auch in den Beschäftigungserwartungen wider. Trotz des hohen Besetzungsbedarfs geht mit etwa 70 Prozent eine deutliche Mehrheit davon aus, dass die Zahl der Arbeitnehmer in ihrem Unternehmen gleichbleiben wird. Rund 20 Prozent rechnen mit einem Rückgang der Beschäftigtenzahl und nur circa zehn Prozent mit einem Zuwachs. Im Frühjahr waren zu- und abnehmende Beschäftigungserwartungen noch etwa ausgeglichen, dies trifft in der jetzigen Befragung nur noch bei den Dienstleistern zu. Insbesondere im Handel und im Baugewerbe sind die Erwartungen hingegen unterdurchschnittlich.

Investitionsverhalten verändert sich

Die verschlechterte aktuelle Lage, der pessimistische Geschäftsausblick und auch die steigenden Zinsen macht sich im Investitionsverhalten der Unternehmen bemerkbar. Zwar investiert weiterhin eine klare Mehrheit der Unternehmen, ungefähr ein Viertel dieser rechnet jedoch mit fallenden Investitionsausgaben. Im Frühjahr hatte nur jedes zehnte Unternehmen diese Angabe gemacht. Wie im Frühjahr sind für zwei Drittel der investierenden Unternehmen Ersatzbedarfe das Hauptmotiv. An Bedeutung gewonnen hat der Aspekt der Rationalisierung: Rund 40 Prozent der Unternehmen investieren aus diesem Grund. Leicht rückläufig sind hingegen Investitionen in Produktinnovationen, zur Kapazitätsausweitung und in den Umweltschutz.

www.ihk-potsdam.de/herbstkonjunktur2022

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