Mittwoch, April 24, 2024

Wie wollen wir morgen leben – nur noch in Holzhäusern mit Strom aus Sonne und Wind?

Ein Kommentar von Dr.-Ing. Steffen Wiedenfeld und Bert Vulpius vom Unternehmerverband Mineralische Baustoffe.

Für Deutschland sind moderne Produktionsanlagen, gut ausgebildete und motivierte Beschäftigte, eine intakte Infrastruktur sowie stabile politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen die Grundlage für gesellschaftliches Wachstum und damit eine entscheidende Voraussetzung für den Fortbestand des Wohlstandes. Aktuell immer wieder aufflammende Diskussionen über eine Begrenzung des wirtschaftlichen Wachstums, die nicht neu sind, wirken angesichts der gewaltigen gesellschaftspolitischen Aufgaben, die vor uns liegen, schon etwas absurd. Das mit dem Koalitionsvertrag aufgestellte Regierungsprogramm, welches unter dem Titel „Mehr Fortschritt wagen“ steht, enthält viele Wünsche und ist nach Expertenmeinungen finanziell um ein Vielfaches überzeichnet. Wie groß die Finanzierungslücke genau ist, darüber wird noch gestritten, jedoch ist bereits heute klar, dass diese Fehlbeträge erwirtschaftet werden müssen.

Der Transformationsprozess zum klimaneutralen und ökologischen Wirtschaften, den die deutsche und europäische Wirtschaft eingeschlagen hat, stellt eine Mammutaufgabe dar. Aufgabe der Politik ist es, stabile umsetzbare und praktikable Rahmenbedingungen für den Übergang zu schaffen. Gelingt es nicht, den Dreiklang zwischen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Anforderungen herzustellen, droht Deutschland eine massive Deindustrialisierung. Von dieser gehen auch Gefahren für unsere Demokratie aus. Dies wird gerade bei der Entwicklung des ländlichen Raums deutlich, wo man dem gesellschaftlichen Strukturwandel immer noch hinterherläuft.

Von den Transformationsprozessen sind insbesondere die Grundstoffindustrie und die energieintensiven Industrien, die am Beginn der wirtschaftlichen Wertschöpfungskette stehen, betroffen. Diese bilden im Osten Deutschlands häufig die letzten wirtschaftlichen Kerne wie die Braunkohlen- und Energieindustrie, die chemische Industrie, die Eisen- und Stahlindustrie, die Kalk- und Zementindustrie und die Kali- und Salzindustrie, um an dieser Stelle nur einige dieser akut gefährdeten Industriezweige zu nennen. Auch vor der Landwirtschaft liegen bedeutende Herausforderungen. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Versorgung der Wirtschaft mit Grundstoffen ist. Sichere und stabile Lieferketten sind ein wesentlicher Schlüssel für wirtschaftlichen Erfolg. Was nützen volle Auftragsbücher, wenn keine Grundstoffe für die Produktion vorhanden sind. Auch unter dem Blickpunkt des Klimaschutzes und der CO2 – Neutralität dürften kurzen Lieferketten in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

In der aktuellen Klima- und CO2 – Diskussion müssen wir uns als Industrie und Gesellschaft die Frage stellen, unter welchen Rahmenbedingungen wollen wir zukünftig wirtschaften und leben, sind es die Instrumente der sozialen Marktwirtschaft oder die einer noch stärkeren staatlichen Regulierung und Reglementierung? Der Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage kann nur Wettbewerb, Technologieoffenheit und marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen sein. Es ist unverkennbar, dass in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Neuorientierung einige Branchen versuchen, sich Wettbewerbsvorteile durch staatlich garantierte Quotenregelungen zu verschaffen. Nicht selten wohnt diesen Initiativen eine gewisse Selbstüberschätzung inne, was die Möglichkeiten der Bedarfsdeckung, Materialeigenschaften, Öko-Bilanzen und die Präferenzen der Kunden betrifft wie zum Beispiel bei der Holzbauweise und der Elektromobilität!

Mit großer Besorgnis wird in der Industrie die sichere und bezahlbare Versorgung mit Elektroenergie bewertet. In den letzten Monaten sind die Preise erheblich gestiegen. Mit dem für 2022 beschlossenen Atomausstieg gewinnt die Thematik zusätzliche Brisanz. Der nun im Koalitionsvertrag anvisierte Kohleausstieg für 2030 stellt die Braunkohle-Länder vor eine schier unlösbare Aufgabe. Bereits der Kompromiss zum Kohleausstieg im Jahr 2038 war für die betroffenen Regionen eine gewaltige Herausforderung. Das ständige Ändern von Rahmenbedingungen löst große Verunsicherung nicht nur in der Wirtschaft bei den Erzeugern und Verbrauchern, sondern auch in der Landes- und Kommunalpolitik aus und lässt viele an der Kompetenz und dem demokratischen Grundverständnis der handelnden Akteure zweifeln. Wenn sich diese Art des politischen Handels durchsetzt, wird der Transformationsprozess zum klimaneutralen und ökologischen Wirtschaften kein Erfolgsmodell.

Die Autoren: 

Dr.-Ing. Steffen Wiedenfeld, Foto: UVMB

 

Dr.-Ing. Steffen Wiedenfeld (64), Dipl.-Bauing. TU Dresden. Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe e.V. (UVMB), Beiratsmitglied der Stiftung Steine-Erden-Bergbau und Umwelt, seit 1998 im UVMB.

 

 

 

Bert Vulpius. Foto: UVMB

Dipl.-Geol. Dipl.-Kfm. (FH) Bert Vulpius (55), Greifswald, Freiberg, Wismar, Geschäftsführer des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe e.V. (UVMB), seit 2009 im UVMB.

 

 

 

 

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