Frankreich und der Osten Deutschlands: Die Deutsch-Okzitanischen Wochen entdecken den „ Osten als neues Eldorado künftiger Wirtschaftsbeziehungen“
Es mussten mehr als 30 Jahre ins Land gehen, bis Frankreich beginnt, den Osten Deutschland für sich „wiederzuentdecken“. Neben großen und kleinen Initiativen auf unterschiedlichen Ebenen sind signifikante Ansätze besonders in der Region Occitanie erkennbar. Ein Bericht von Dirk Schneemann
Die Region Occitanie (Südfrankreich – Montpellier, Nîmes, Sète, Toulouse) richtete im Rahmen ihrer diesjährigen Deutsch-Okzitanischen Wochen vom 3. bis 22. Oktober ein besonderes Augenmerk auf Ostdeutschland und die sich dort ergebenden Kooperationsmöglichkeiten mit ostdeutschen Unternehmen. Entgegen so mancher Berichterstattung in den Medien finden sich dort viele interessante Kooperationsmöglichkeiten, wobei das politische Umfeld wesentlich freundlicher und demokratischer ist, als vielfach angenommen.
Die deutsch-okzitanischen Wochen wurden 2018 erstmals in Occitanie initiiert und wollen die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Beziehungen zu Deutschland und die Potenziale der Region stärken. Besonders RAFAL als „wirtschaftliches Pendant“ des Verbands „Allemagne -Occitanie l’Europe au coeur“ sowie die Mediengruppe Depêche du Midi gehören zu den Initiatoren dieses hervorragenden Projektes, das ebenso von der Regionalpräsidentin Carol Delga unterstützt wird.
Insbesondere zwei Events widmeten sich der „Entdeckung des Osten Deutschlands“. Ein Roundtable mit Vertretern und Unternehmern der Industrie- und Handelskammer des Departements Herault sowie eine Konferenz unter dem verheißungsvollen Motto „Ex-Ostdeutschland: eine lebendige Region, geeignet für innovative Kooperationen okzitanischer Unternehmen“ im ersten Haus am Platze, des Maison de Région, Sitz der Regionalverwaltung Okzitaniens. Mit von der Partie auf deutscher Seite waren Markus Hempel, GTAI-Direktor Paris, Dirk Schneemann, DFWK-Vizepräsident, (beide vor Ort) sowie online zugeschaltet aus Deutschland Anke Siegmeier, Managerin International Affaires OptoNet Jena, Kathrin Stiller, Leiterin Regionalentwicklung IHK Chemnitz, Frank Nehring, Initiator OWF und Herausgeber W+M, Dr. Jens Katzek, Geschäftsführer ACOD Leipzig, Arnaud Schott, Geschäftsführer Aden Immo Berlin, und Ziga Valiz, Direktor Optitec France. Im Publikum vor Ort saßen u.a. die wichtigsten regionalen Entscheidungsträger in Sachen Wirtschaftsförderung und Internationalisierung.
Nach gut vier Stunden stand für alle Beteiligten fest: „Da geht was! Packen wir es gemeinsam an!“
Und so gibt es nicht nur Übereinstimmung bei wichtigen Themen wie Infrastruktur, Mobilität, Energie, Digitalisierung sondern auch in Bezug auf Transformationsprozesse der lokalen Wirtschaftsstrukturen.
In Bezug auf die ostdeutschen Regionen standen nicht nur Sachsen und Thüringen im Fokus – auch in Mecklenburg-Vorpommern sieht man Ansatzpunkte im Bereich der maritimen Wirtschaft.
Nach diesem vorerst gelungenem Prolog geht es jetzt um ganz konkrete Schritte – Austausch von Unternehmerdelegationen bestimmter Branchen – wie Optik, Automobil – Teilnahme an Jahreskonferenzen und Messen – waren spontane Angebote, die man sich gegenseitig machte. Und auch die Einladung von Frank Nehring zum nächsten OWF 2022 nach Bad Saarow wurde von französischer Seite dankend angenommen.
Nächster Höhepunkt der Deutsch-Okzitanischen Wochen ist der „Tag Sachsens“ am 22.10. in Toulouse, an dem auch die Justizministerin Sachsens, Katja Meier, teilnimmt. Regionale und neue Städtepartnerschaften dürften da u.a. auf der Agenda der Gespräche stehen.
All das zusammengefasst lässt es als lohnenswert erscheinen, im Rahmen eines neuen und breit aufgestellten Denkansatzes – frei von „ostalgischen Träumen“ aber unter gezielter Nutzung der sich bietenden Chancen – zu einer neuen „gesamtdeutsch“-französischen Zusammenarbeit zu kommen – zu beiderseitigem Nutzen und ganz im Sinne der Vertiefung der europäischen Entwicklung. Die Region Occitanie leiste hierfür einen wichtigen Beitrag und die Deutsch-Okzitanischen Wochen haben einen wichtigen positiven Impuls gegeben.
Der Autor:
Dirk Schneemann ist Vizepräsident des Deutsch-Französischen Wirtschaftskreises und war von Mai 1987 bis September 1990 Mitarbeiter der DDR-Handelsvertretung in Paris, anschließend in verschiedenen französischen Konzernen in Paris und Berlin tätig.