Marco Wanderwitz MdB sprach im exklusiven W+M-Interview über seine Arbeit als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Länder, über die Krise und die Chancen zu ihrer Bewältigung, die internationale Wahrnehmung Ostdeutschlands und bevorstehende Bundestagswahl.
W+M: Sie sind seit dem Februar 2020 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Länder. Wie unterscheidet sich die praktische Arbeit nach einem Jahr von den Erwartungen, die Sie damit verknüpft haben?
Marco Wanderwitz: Im großen Ganzen ist es schon so gekommen, wie ich es erwartet habe. Ich bin ja kein heuriger Hase, schon länger im Bundestag und hatte auch als Parlamentarischer Staatssekretär im BMI viel mit dem Thema gleichwertige Lebensverhältnisse zu tun. Neu war das Thema Corona, das vieles andere überlagert hat. Wenn man als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium während einer Wirtschaftskrise tätig ist, stehen die eigentlichen Aufgaben im Vordergrund und dann kommen erst die Beauftragungen. Ich bin als Staatssekretär für Außenwirtschaft – Stichwort vernetzte Weltwirtschaft – und für Europa zuständig. Im vergangenen Jahr hatten wir die EU-Ratspräsidentschaft inne, die natürlich auch von Corona dominiert war.
W+M: In Zeiten der Krise werden die Aufgaben komplizierter und aufwendiger? Wie schaffen Sie es, Ihre Arbeit als Parlamentarischer Staatssekretär und als Abgeordneter des Bundestages unter einen Hut zu bringen?
Marco Wanderwitz: Politiker haben immer volle Tage. Augen auf bei der Berufswahl. Dabei unterscheidet sich meine Arbeit nicht so sehr von der eines Bürgermeisters oder eines Landtagsabgeordneten. Natürlich ist es noch etwas dynamischer in der Bundespolitik sage ich mal. Allerdings haben wir nicht mehr das Jahr 1990 oder 2000 und deshalb ist der Job des Beauftragten für die neuen Länder auch nicht mehr als Fulltimejob angelegt.
W+M: Beschreiben Sie kurz Ihre Funktion als Ostbeauftragter?
Marco Wanderwitz: Ich bin innerhalb der Bundesregierung sozusagen der Kettenhund für die ostdeutschen Themen oder freundlicher formuliert ihr Anwalt. Nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung bin ich an allem zu beteiligen, was die neuen Länder betrifft. Das wird ab und an mal vergessen, weil wir ja auch manchmal stören mit dieser Beteiligung. Wichtig ist, dass ich weiß, wie der Osten tickt, ich bin auch „Kummerkasten“, auch wenn sich beispielsweise die AfD von mir nicht vertreten fühlt. Damit kann ich leben. Ich mache das, was ich für richtig halte, wovon ich überzeugt bin – ich bin ja auch Bürger. Mein Anspruch ist nicht, das allgemeine Meinungsbild in der Breite kommentarlos wiederzugeben. Dazu kommen Themen wie SED-Unrechtsbereinigung, Rentenüberleitung und der weitere wirtschaftliche Aufholprozess. Letzteres ist der Grund für die Ansiedlung des Beauftragten im Bundeswirtschaftsministerium.
W+M: Wie lange werden wir noch von Ostdeutschland oder von den neuen Bundesländern sprechen? Wie lange wird es noch einen Ostbeauftragten brauchen?
Marco Wanderwitz: Ich nehme aktuell wahr, dass es gerade unter den Jüngeren so etwas wie ein stärkeres Ostbewusstsein gibt, das aber deutlich positiver als das alte ist. Die Thematik der alten und neuen Länder wird zunehmend verblassen. Und wenn dies, verbunden mit dem letzten Stück Weg der wirtschaftlichen Angleichung erreicht ist, dann brauchen wir auch keinen Ostbeauftragten mehr, sondern vielleicht noch einen Beauftragten für strukturschwache Regionen. Die Beauftragten gibt es nur dort, wo größere Baustellen existieren. Ich glaube, dass wir den Ostbeauftragten in der nächsten Legislaturperiode sicher noch brauchen, aber dann sollte es das langsam gewesen sein.
Ostdeutschland in der Krise
W+M: Gehört Ostdeutschlands Wirtschaft zu den Gewinnern oder den Verlierern der Krise? Wie kommt Ostdeutschlands Wirtschaft durch die Krise?
Marco Wanderwitz: Diejenigen der Wirtschaftswissenschaftler hatten recht, die prognostizierten, dass der Osten weniger stark von der Krise betroffen sein wird als die industriellen Kerne des Westens. Überall dort, wo eine hohe Exportabhängigkeit besteht, wirkt die Krise am stärksten. Und die ist im Osten geringer mit rund 25 Prozent, in der Industrie Ost 37 Prozent. Zum Vergleich einmal Industrie Frankreich 27 Prozent, Großbritannien 29 Prozent. Alte Bundesrepublik aber höher als der Osten. Das ist in diesem Moment ein Vorteil. Das ostdeutsche Wirtschaftswachstum ist weniger eingebrochen als im Westen, obwohl es auch zwischen den neuen Ländern Unterschiede gibt. Wir haben zum Beispiel in Brandenburg einen Einbruch um 4,9 Prozent im Jahr 2020, während wir in Thüringen minus 6,3 Prozent lagen, was schon fast dem deutschen Schnitt von minus 6,6 Prozent entspricht. Bei den Prognosen für 2021 liegen wir im Durchschnitt. D.h., die Schere West-Ost ist kleiner geworden, allerdings auf insgesamt gesunkenem Niveau. Das ist die nüchterne Seite der Betrachtung. Wie steht es aber um die Chancennutzung im Osten? Da stellt sich die Frage, ob wir unsere Transformationskompetenz wieder auf die Piste bringen und wie es gelingt, sich der Zukunftstechnologien zu bemächtigen, die im Konjunkturpaket 2020 verankert sind. Ich denke da an Künstliche Intelligenz, Digitalisierung, Quantentechnologien, Wasserstoff, neue Mobilität und Energie. Aktuell sind wir dabei gut aufgestellt und ich bin optimistisch. Allerdings müssen wir erst einmal die Corona-Krise überwinden, was wir hoffentlich im Sommer weitestgehend erreicht haben.
Angesichts dieser positiven Aussichten bedauere ich, dass wir aktuell nur über das sprechen, was nicht geht. Ich kann verstehen, dass viele Menschen müde und wund sind, gerade auch die Unternehmerinnen und Unternehmer, die von der Krise teilweise hart betroffen sind. Das Handwerk und die Industrie erkennen aber auch an, dass wir hier faktisch alles offengelassen und die öffentlichen Aufträge auf hohem Niveau haben, so als gäbe es keine Krise. Vielleicht werden wir erst im Nachgang der Krise erkennen, dass wir im internationalen Vergleich immer im oberen Drittel der Pandemiebewältigung bei allen Indikatoren lagen. Und diese Diskussion würde ich dann gern schon noch führen, gerade in den neuen Ländern, wo ja der Hang, das Glas eher halbleer als halbvoll zu sehen, ein Stück ausgeprägter ist.
W+M: Wo liegen aus Ihrer Sicht Ostdeutschlands Chancen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen? Haben wir eine Aufbruchstimmung?
Marco Wanderwitz: Wir sollten eine Aufbruchstimmung spüren, aber uns dessen bewusst sein, dass sie kein Selbstläufer ist. Die zunehmend dünner werdende Fachkräftebasis zwingt uns ernsthaft über Zuwanderung zu sprechen. Wir sind im vielfältigen Strukturwandel, ohne im Detail zu wissen, wie er ausgeht.
Wir haben auch negative Unternehmensentscheidungen zu verkraften, z.B. Haribo, Majorel, MAN. Ich möchte aber dennoch die unterstützen, die von Aufbruch sprechen, weil die Stimmen, die von einer neuen Deindustrialisierung des Ostens sprechen, nicht der Realität entsprechen. Es sind Einzelfälle. Entscheidend sind neue Investitionen, wie die von Tesla und CATL, oder dass wir in Zwickau nach Jahrzehnten nun wieder Audis produzieren, dass wir das Leitwerk für Elektromobilität im VW-Konzern geworden sind, dass BMW und Porsche in Leipzig nachziehen.
W+M: Gibt es für Ostdeutschland eine Zukunftsstrategie?
Marco Wanderwitz: Ich glaube, das ist auf Länderebene besser aufgehoben. Ich verantworte den Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit und keine Bundesregierung war auch nur ansatzweise so erfolgreich, was zum Beispiel das Thema neue Behördenarbeitsplätze in der Fläche in den neuen Ländern betrifft. Eine Gesamtstrategie Ost war vielleicht um die Jahrtausendwende noch ein wichtiges Thema, aber heute sehe ich dafür die Bundesregierung nicht in der Leitzuständigkeit, weil wir über diesen Punkt bereits ein ganzes Stück hinaus sind. Und es funktioniert ja gut im Zusammenspiel.
W+M: Gibt es ein großes Zukunftsthema, das Sie gern in Ihrer Amtszeit platzieren oder gar realisieren wollen?
Marco Wanderwitz: Für mich ist das Repräsentanzthema ein wichtiges, bei dem wir noch besser werden müssen. Die Vertretung Ostdeutscher in Führungspositionen in der Breite von Verwaltung über Wissenschaft bis hin zur Wirtschaft.
W+M: Hat sich das Agieren rechter Kräfte in Zeiten der Krise noch verstärkt?
Marco Wanderwitz: Mein Eindruck ist, dass die rechten Kräfte es mit der aktuellen Krise geschafft haben, ein neues Thema für sich zu erschließen. Die Wahrscheinlichkeit im Osten auf verbiesterte Menschen zu treffen, ist höher als im Westen. Gott sei Dank ist es auch eine Minderheit, aber deshalb können Radikale hier immer wieder punkten. Eine latente Grundunzufriedenheit, die hat in der Krise ein neues Ventil gefunden. Nach der Bewältigung der Flüchtlingskrise war den Rechten gerade das Feindbild ein Stück weit abhandengekommen, nun haben sie die Pandemie als neues Thema aufgegriffen und können wieder ihre Parolen platzieren. Es ist offensichtlich, dass in Ostdeutschland die gesamte Querdenken-Bewegung von Rechtsradikalen durchzogen ist, stärker als in den alten Ländern. Das hat natürlich auch und vor allem mit der AfD zu tun.
Rolle Ostdeutschlands in Deutschland und der Welt
W+M: Welche Rolle spielt Ostdeutschland in Deutschland?
Marco Wanderwitz: Auch wenn wir das 30-jährige Jubiläum der Deutschen Einheit nicht so begehen konnten, wie wir es gern wollten, konnten wir doch darstellen, wieviel Ostdeutschland in dem neuen Deutschland steckt. Das gute Bildungssystem der DDR (das „Rotlicht“ außen vor gelassen), die Kinderbetreuung, das Frauen- und Familienbild und einiges mehr haben auch so manchem Westdeutschen klargemacht, dass die Wiedervereinigung ein Gewinn für alle Beteiligten war. Und es wird auch immer deutlicher, dass die neuen Länder das Scharnier zu Osteuropa innerhalb der EU sind.
W+M: Wo liegen aus Ihrer Sicht die wirtschaftlichen Stärken der einzelnen neuen Bundesländer. Wofür stehen sie?
Marco Wanderwitz: Wir haben unterschiedliche Schwerpunkte, den Optik-Schwerpunkt in Jena, die Mikroelektronik in Dresden, die Chemie- und Pharmaindustrie in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen, den Automobilbau in Sachsen und Thüringen und natürlich auch in Brandenburg, die Startup-Szene vor allem in Berlin, die maritime Wirtschaft in MV. Nicht zu vergessen die Tourismuswirtschaft, die das ostdeutsche Portfolio ergänzt.
Auch die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien ist ein besonderes Ostthema. Auf dieser Grundlage bieten sich Chancen für das Thema Wasserstoff. Ein Grund für die Ansiedlung von Tesla war, dass der Anteil der Erneuerbaren in den Netzen Ost höher ist als anderswo, weil auch dieses Unternehmen auf seinen CO2-Footprint achtet.
Es wird immer mehr zum Vorteil für die Anwerbung und Expansion von Unternehmen werden, dass hier kein Atomstrom und immer weniger Strom aus fossilen Energieträgern zum Einsatz kommt, sondern immer mehr erneuerbare Energien verfügbar sind.
W+M: Wie wird aus Ihrer Sicht Ostdeutschland international wahrgenommen?
Marco Wanderwitz: Das hängt davon, wo man sich auf der Welt gerade befindet. In der ehemaligen sozialistischen Hemisphäre ist Ostdeutschland bekannt. Da kennt man auch Sachsen, meine Heimat. In der westlichen Hemisphäre zählt Germany, man kennt East Germany zumindest. Germany ist das Label in der Welt und zunehmend auch Berlin als europäische Metropole.
W+M: Ist für die internationale Sichtbarkeit die Schaffung einer Metropolregion von der Ostsee bis zum Thüringer Wald vorstellbar?
Marco Wanderwitz: Berlin strahlt sicher über seine Grenzen, besonders nach Brandenburg. Aber auch Ort wie Wittenberg beispielsweise fühlen sich inzwischen nah an Berlin. Es entstehen ja weltweit überall Regionen um die großen Städte.
Innerhalb des großen Europas können wir da ruhig eine Nummer größer denken.
W+M: Wie bewerten Sie die Diskussionen um das deutsche Verhältnis zu Russland, zumal gerade aus der sächsischen Wirtschaft immer wieder auf starke Benachteiligungen angesichts der Sanktionen hingewiesen wird?
Marco Wanderwitz: Wirtschaftlich betrachtet ist die westdeutsche Industrie fast wie die amerikanische aufgestellt. Es gibt kaum Wirtschaftsbeziehungen nach Russland. Das sieht im Osten etwas anders aus, da haben die Beziehungen schon ein Gewicht. Dass die rückläufigen Wirtschaftsbeziehungen von denen beklagt werden, die vorher gut im Geschäft waren, kann ich verstehen. Als Außenwirtschafts-Staatssekretär weiß ich, dass es in der russischen Landwirtschaft und der Ölindustrie beispielsweise Interesse an deutschem Knowhow gibt und natürlich wäre es schön, wenn wir diesen Markt wieder bedienen könnten. Aber das setzt voraus, dass völkerrechtliche Spielregeln berücksichtigt werden. Hier sehe ich leider wenig Bewegung auf der russischen Seite. Die deutsche Reaktion kann nicht sein, dass wir unsere Einstellung ändern, nur weil Russland sich nicht bewegt. Ich werbe für eine differenzierte, die Realitäten abbildende Wahrnehmung. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass dies auch Russland aus eigenen vitalen Interessen heraus erkennt. Wir haben übrigens auch Interessen, beispielsweise an russischen Rohstoffen. Daher auch Nord Stream II trotz, dass es im westlichen Bündnis umstritten ist.
W+M: Was halten Sie von einer Sonderwirtschaftszone Ost oder ist das Thema vom Tisch?
Marco Wanderwitz: So ganz ist das Thema nicht von der Tagesordnung, allerdings müssen wir klären, was wir damit meinen, denn wir sind in europäisches Recht eingebunden. Geht es um gewisse Freiheitsgrade, dann ist es genau das, was wir beim Strukturwandel in der Lausitz diskutieren. Das meint aber nicht die klassischen Sonderwirtschaftszonendebatten der Vergangenheit, die sich vor allem auf steuerliche Themen konzentrierten. Da ist die Zeit drüber gegangen jetzt, wo erste ostdeutsche Regionen auf der EU-Förderung fallen ob der guten Entwicklung.
Das Wahljahr 2021
W+M: Sie selbst sind seit 2002 für die CDU im Wahlkreis Chemnitzer Umland – Erzgebirgskreis II Bundestagsabgeordneter und kandidieren erneut. Wieviel Wahlperioden sind ideal, um als Abgeordneter gute Arbeit leisten zu können?
Marco Wanderwitz: Die erste Wahlperiode braucht man eigentlich, um sich einzugewöhnen. Jede weitere verbessert die Netzwerke, allerdings wächst auch die Gefahr, die Erdung in die Heimat zu verlieren, wenn man sich zu sehr in irgendwelche Spartenthemen hineinbegibt. Deshalb braucht es in den Fraktionen einen bunten Mix an jungen und älteren Abgeordneten an Lebens- und Dienstjahren. Die durchschnittliche Verweildauer der Abgeordneten beträgt sieben Jahre, also nicht einmal zwei Legislaturperioden. Ich bin insofern schon ein Fossil. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, Abgeordneter „auf Lebenszeit“ zu sein, möchte ich jetzt noch nicht aufhören. Deshalb habe ich mich erneut aufstellen lassen, über alles Weitere entscheiden dann die Wählerinnen und Wähler. Aber erst mal wird wahlgekämpft. Der Wettstreit der Ideen ist spannend.
W+M: Wie lautet ihre Prognose für die Wahlen zum Bundestag? Wollen Sie auch weiterhin der Ostbeauftragte sein?
Marco Wanderwitz: Jetzt gehen wir erst einmal in den Wahlkampf und warten das Ergebnis ab. Ich bin gern Parlamentarier, gern Vorsitzender meiner Landesgruppe und Parlamentarischer Staatsekretär. Ich brauche nicht den ständigen Wechsel, kann mich aber gut darauf einstellen. Jetzt war es ja auch erst der Bau im BMI und dann das BMWi.
W+M: Wie lautet Ihre Prognose zur Bundestagswahl?
Marco Wanderwitz: Wir sind programmatisch gut aufgestellt, müssen dies aber erst noch in einem gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU abbinden. Wir haben, wie die Grünen, ein klares Zukunftsbild. Unseres halte ich allerdings für moderner, weil weniger regulierend. Nun müssen die Menschen entscheiden. Vielleicht passen die Zukunftsbilder auch so gut zusammenarbeiten, dass man gemeinsam regieren kann. Ich wünsche mir, dass wir am Wahlabend nicht darüber sprechen müssen, dass in den neuen Ländern wieder einmal die politischen Ränder stark zum Zug kamen.
W+M: Landtagswahlen finden auch in drei ostdeutschen Ländern und Berlin statt. Befürchten Sie, dass Ostdeutschland dabei wieder negativ in die Schlagzeilen kommt?
Marco Wanderwitz: Ich bin da frei von Illusionen. Wir werden auch bei bevorstehenden Landtagswahlen und der Bundestagswahl im Osten eine spezifische Komponente beisteuern. Die Frage ist eher wie groß. Ich werbe dafür, dass die Menschen genau überlegen, wen sie wählen. Gerade in Ostdeutschland ist es schwierig, Regierungskoalitionen zu bilden, deshalb haben wir vielfach dieses „Kenia“-Modell, das es nicht leichter macht dann über die Legislaturperiode. Natürlich werden auch Landtagswahlen bundesweit stark beachtet. Und wenn in Ostdeutschland, wo die AfD radikaler ist als im Westen, ein nennenswerter Teil der Bevölkerung eine rechtsradikale Partei wählt, dann wird das natürlich im Rest der Republik entsprechend aufgenommen. Wenn man Rechtsradikale wählt, ohne selbst rechtsradikal zu sein, wird man trotzdem dem Vorwurf ausgesetzt sein, diese zu unterstützen. Rechtsradikale im Bundestag und in den Landtagen sind kein Spaß.
Interview: Frank Nehring