Wirtschaft und Markt

Ratgeber: Corona-Pandemie – Insolvenzantragspflicht bleibt bei Überschuldung ausgesetzt

Foto: Vektor Kunst from Pixabay

  1. Hauptinsolvenzauslöser ist in der Praxis die Zahlungsunfähigkeit und nicht die Überschuldung.
  2. Für die Zahlungsunfähigkeit gilt ab 01.10.2020 wieder altes Recht. Wer also seine wesentlichen fälligen Verbindlichkeiten ab dem 01.10.2020 nicht bezahlen kann, ist – sofern ihn eine gesetzliche Insolvenzantragspflicht trifft – innerhalb der gesetzlichen Fristen wieder verpflichtet, einen eigenen Insolvenzantrag zu stellen. Bei Verstoß drohen strafrechtliche Konsequenzen und Haftung sowie Schadensersatz.
  3. Eigenanträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind tatsächlich selten. Insolvenzanträge werden überwiegend durch Finanzämter und Sozialversicherungsträger gestellt. Beide Gläubiger können sich ihre Forderungen selbst titulieren, brauchen also nicht zu klagen und vollstrecken dann auch durch das Stellen von Insolvenzanträgen. Solange die Insolvenzantragspflicht per Gesetz ausgesetzt ist, dürften beide Gläubigergruppen Forderungen spiegelbildlich unter teilweise sehr stark vereinfachten Bedingungen stunden und auf die Vollstreckung verzichten. Für den Fiskus gibt es dazu ein BMF-Schreiben vom 19.03.2020. Vom 01.10.2020 bis zum Jahresende dürften beide Gläubigergruppen die Gangart verschärfen und ab dem 01.01.2021 wieder auf Normalbetrieb umstellen.
  4. Durch eine Vielzahl staatlicher Maßnahmen können Unternehmen mit Liquiditätsproblemen eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit vermeiden. Da die überwiegende Mehrzahl der staatlichen Hilfen nur zu Darlehen führt, erhöht das eine Verschuldung und kann in die Überschuldung führen, die jetzt bis zum Jahresende keine Insolvenzantragspflicht zur Folge hat.
  5. Wer lediglich die Zahlungsunfähigkeit auf Kosten der Überschuldung beseitigt, verschiebt die Insolvenz in das nächste Jahr und hat damit – außer etwas Zeit – nichts gewonnen.
  6. Wer die gewonnene Zeit nicht nutzt, um zu sanieren, also im Zweifel die Kosten an den verminderten Umsatz anzupassen, verschenkt wertvolle Zeit, die der Gesetzgeber noch zur Verfügung stellt.
  7. Wer unternehmerisch denkt und handelt, macht jetzt aus der Not eine Tugend, nutzt die Zeit bis zum Jahresende zur Verkleinerung, Verschlankung, Verbesserung der Effektivität, Optimierung der Finanzierung und vieles mehr und steht nach dem Ende der Corona-Pandemie besser da als vor dem Ausbruch der Krise.
  8. In der Krise zeigt sich, wer ein guter Unternehmer ist. Wer sein Handwerk versteht, aber nicht die notwendige Analyse- und Durchsetzungskraft im betriebswirtschaftlichen Bereich hat, ist dann ein guter Unternehmer, wenn er sich professionelle Hilfe ins Boot holt und so die Krise als Chance für sich und sein Unternehmen nutzt.
Prof. Dr. Florian Sapper

Der Autor:
Prof. Dr. Florian Stapper, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Leipzig

 

 

 

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