Armin Willingmann: „Wir werden ein Land der Zukunftstechnologien sein“
W+M Interview mit Prof. Dr. Armin Willingmann, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung in Sachsen-Anhalt zu Zukunftsorten und seiner Vision von der Wirtschaft des Landes im Jahr 2030.
W+M: Welche Bedeutung haben die Zukunftsorte für die Regionen und das Land?
Armin Willingmann: Sachsen-Anhalt entwickelt sich verstärkt zu einem Land der Zukunftstechnologien und es gibt landesweit Orte, die dieser Entwicklung besonderen Schub verleihen. In Leuna beispielsweise gibt es einen der größten Chemieparks in Deutschland mit mehr als 100 Unternehmen aus zehn Nationen. Derartige dynamische Innovationsorte ziehen international weitere Investoren wie den finnischen Konzern UPM an, der Anfang Januar 2020 bekannt gab, dass er dort für 550 Millionen Euro eine Bioraffinerie errichten wird. Orte wie Leuna zeichnen sich dabei nicht allein als Cluster bestimmter Branchen oder Unternehmen aus. Eine hochklassige, wirtschafts- und ortsnahe Wissenschaftslandschaft aus Forschungseinrichtungen und Hochschulen gewährleistet den Zugang zu Nachwuchskräften und ermöglicht Forschungskooperationen. Langfristig tragen die Zukunftsorte wesentlich dazu bei, Wirtschaftskraft und Wohlstand in Sachsen-Anhalt weiter zu stärken, weshalb sie vom Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium insbesondere in den vergangenen drei Jahren gezielt gefördert wurden.
W+M: Welche Branchen haben in Ihrem Land besonders große Zukunftsperspektiven?
Armin Willingmann: Es gibt bereits starke Branchen wie die Ernährungswirtschaft oder die eben bereits erwähnte Chemie, die enormes Zukunftspotenzial aufweisen. Sachsen-Anhalt kann aber auch vom Wandel in der Autoindustrie hin zu alternativen Antrieben profitieren: Schon heute arbeiten rund 24.000 Beschäftigte in 300 Unternehmen, die der Autozuliefererindustrie zugerechnet werden – weshalb Sachsen-Anhalt mit Blick auf vorhandenes Knowhow auch hier für Investoren attraktiv ist: 2019 konnten wir bekanntgeben, dass der Batterie-Konzern Farasis in Bitterfeld-Wolfen ein neues Werk für mehr als 600 Millionen Euro errichten und 600 Arbeitsplätze schaffen wird. Der japanische Brennstoffzellen-Spezialist Horiba kündigte Ende 2019 zudem an, im Technologiepark Ostfalen – ebenfalls ein Zukunftsort bei Magdeburg -, für 30 Millionen Euro seinen Standort auszubauen und Porsche errichtet gemeinsam mit der Schuler AG ein neues Werk bei Halle für 100 Millionen Euro. Besonders gefreut habe ich mich aber auch darüber, dass es uns gelungen ist, dem ehemaligen Regional-Airport Cochstedt bei Magdeburg eine Zukunftsperspektive als europaweit einzigartigen Forschungsflughafen zu ermöglichen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt wird hier ein nationales Erprobungszentrum für Drohnen-Technologie aufbauen; ich bin davon überzeugt, dass sich im Umfeld dieser einzigartigen Forschungseinrichtung weitere Technologie-Unternehmen und Start-ups ansiedeln werden.
W+M: Wie sieht Ihre Vision von der Wirtschaft Ihres Landes im Jahr 2030 aus?
Armin Willingmann: Sachsen-Anhalt wird ein Land der Zukunftstechnologien sein, mit innovativen Wachstumstreibern insbesondere in den Bereichen Chemie, Energie und Automotive. Es wird weiter geprägt sein von einer gestärkten mittelständischen Wirtschaft, die sich in einem noch höherem Maße durch hohe Wertschöpfung, eigene Forschungsaktivitäten und hochwertige Arbeitsplätze auszeichnet. Sachsen-Anhalts Wirtschaft wird sich 2030 zudem im ländlichen Raum noch dynamischer entwickeln, weil moderne Infrastrukturen wie flächendeckende Gigabit-Netze und 5G-Mobilfunk bis dahin ausgebaut sein werden. Um diese Vision zu verwirklichen kommt es aber nicht nur auf wirtschaftspolitische Weichenstellungen an. Es muss uns bis dahin auch gelingen, unsere demokratische, freiheitliche Grundordnung zu stärken und antidemokratische, populistische Kräfte zurückzudrängen. Hier ist nicht nur Politik, hier sind alle gesellschaftlichen Kräfte gefragt!